| # taz.de -- Debatte um CO2-Preis für Tierprodukte: Der echte Preis des Bratens | |
| > Sechs Jahre nach der Veggieday-Diskussion tun die Grünen es wieder: Sie | |
| > wollen Fleisch und tierische Produkte nach CO2-Verbrauch bepreisen. | |
| Bild: Jetzt wollen die Grünen auch noch ans Butterbrot ran! | |
| Wollen die Grünen uns nun auch noch die Butter vom Brot nehmen?, werden nun | |
| wieder viele fragen. Sechs Jahre nach der verhängnisvollen | |
| [1][Veggieday-Diskussion] nehmen die Grünen wieder ein heißes Eisen auf. | |
| Sie wollen Fleisch und tierische Produkte nach CO2-Verbrauch bepreisen, | |
| genau wie Benzin, Kohle und Erdöl. | |
| Doch die Debatte ist überfällig, und in einer Zeit, in der keine Wahlkämpfe | |
| die Politik bestimmen, besteht die Chance, sie sachlicher zu führen, – | |
| nicht so reflexhaft wie einst, als die Grünen den Stempel der Verbotspartei | |
| aufgedrückt bekamen. Dabei ging es doch nur um einen fleischlosen Tag in | |
| Kantinen. | |
| Heute sind die Realitäten anders. Öffentliche Kantinen, Unimensen und | |
| Großküchen haben [2][längst vegetarische Tage] eingeführt. Bisher hat man | |
| keine größeren Klagen gehört. Im Gegenteil: Der Fleischkonsum sinkt. Das | |
| tägliche Fleisch auf dem Teller gilt vielen Menschen mittlerweile als | |
| Problem: besonders nach Listerienskandalen, meist aus Tierschutzgründen, | |
| immer mehr aber auch wegen klimapolitischer Argumente. Immerhin ist die | |
| Viehwirtschaft für knapp 15 Prozent der weltweiten Emissionen | |
| verantwortlich. | |
| Fleisch ist gleichzeitig das Lebensmittel, bei dem die Kosten für Umwelt | |
| und Gesellschaft sich am wenigsten im Preis widerspiegeln. Es zu verteuern, | |
| das finden inzwischen viele richtig, sogar in der Union. Bislang wurde vor | |
| allem über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nachgedacht. Dass etwa | |
| Babynahrung mit 19 Prozent besteuert wird, Bierschinken aber nur mit 7, | |
| befremdet doch einige. | |
| Allerdings: Warum den Wahnwitz der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze, | |
| deren Sinn ohnehin niemand mehr versteht, auch noch beim Fleisch | |
| fortsetzen? Das wird nach hinten losgehen. Die Einnahmen aus der Steuer | |
| sind zum Beispiel nicht zweckgebunden. Käme sie überhaupt dem Tierwohl zu | |
| Gute oder füllte nur Haushaltslöcher anderswo? | |
| Der Vorschlag der Grünen geht noch einen Schritt weiter. Die Landwirtschaft | |
| gehört neben Verkehr und Industrie zu den Top fünf der | |
| Treibhausgasverursacher. Doch Landwirtschaft ist bisher vom Emissionshandel | |
| ausgenommen, auch im Klimapaket von Schwarz-Rot spielte sie keine Rolle. | |
| Dabei ist der Sektor der einzige Bereich, der nicht nur klimaneutral, | |
| sondern sogar klimapositiv umgebaut werden könnte, durch die Schaffung von | |
| zusätzlichen CO2-Speichern – mehr Wald und Humus. Der Umbau ist dringend, | |
| und das geht nicht ohne den Verbraucher, auch wenn das viel | |
| Überzeugungsarbeit bedarf. | |
| [3][Produzenten und Konsumenten] zu schonen, hilft aber niemandem. Es wäre | |
| am Ende nur ein Ablasshandel, damit Weihnachten der Gänsebraten auf dem | |
| Tisch bleiben kann. | |
| 18 Dec 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jörn Kabisch | |
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