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# taz.de -- Veggie-Kommentar: Die große Angst vorm Fleischverbot
> Die Grünen fürchten Verbote, die SPD verschläft sie einfach. Deshalb
> werden Berlins Mensen und städtische Kantinen wohl weiter Fleisch
> anbieten.
Bild: Dem Deutschen sein Schnitzel zu verbieten, sorgt für Hysterie
Die Grünen haben mittlerweile wohl panische Angst davor, Privilegien
einzuschränken – das Label „Verbotspartei“ schwebt immer über ihnen. Am
Dienstag hat die Initiative Klimanotstand Berlin dem Abgeordnetenhaus eine
Liste mit mehr als 43.000 Unterschriften von Menschen übergeben, die eine
Ausrufung des Klimanotstands fordern. Daran knüpft die Initiative konkrete
politische Forderungen, etwa: kein Fleisch mehr in städtischen Mensen und
Kantinen.
Nicht nur bei den Grünen werden da sofort Erinnerungen an den „Veggie-Day“
wach. Der Vorschlag, dass Kantinen einmal pro Woche auf ein fleischhaltiges
Angebot verzichten könnten, versaute der Partei den Bundestagswahlkampf
2013. Dem Deutschen sein Schnitzel verbieten zu wollen, das sorgte für
Hysterie. Endgültig war mit den Grünen das Image der Verbotspartei
verknüpft.
Nach einigen Jahren der Rehabilitierung läuft es für die Partei gerade echt
gut, das zeigt der Blick auf Wahlergebnisse und Umfragewerte. Auch in
Berlin und sogar in den neuen Bundesländern sammelt sie viele Stimmen. Da
käme es gänzlich ungelegen, würde der Bevölkerung das alte Image wieder in
Erinnerung gerufen. Also hält man sich von allem fern, das auch nur
entfernt wie ein Verbot aussieht.
Aus der Forderung der Initiative machte die Partei diese Woche den
schüchternen Wunsch, es dürfe gern mehr Veggie-Angebote in Berlins Mensen
und Kantinen geben. Dabei wäre es ein durchaus mutiger Schritt, Fleisch von
städtischen Tischen zu verbannen – und müsste eigentlich eine Kernforderung
der Grünen sein. 14,5 Prozent der weltweit produzierten Treibhausgase
stammen aus der Fleischproduktion. Kühe zum Beispiel pupsen viel, das dabei
freigesetzte Methan ist 25 Mal schlimmer als CO2.
## SPD kündigt an, bald eine Meinung zu haben
Welche Partei, wenn nicht die Grünen, könnte die Forderung der Initiative
aufgreifen? Städtische Veggie-Mensen und -Kantinen bedeuten ja kein
grundsätzliches Fleischverbot. Sie bedeuten lediglich, dass die Verwaltung
dem klar klimaschädlichen Bedürfnis nach täglichem Fleischkonsum nicht mehr
nachkäme. Wer vom Klimanotstand spricht, muss begreifen, dass ein solcher
nicht ohne spürbare Veränderungen beendet werden kann.
Vom Begreifen ganz weit entfernt ist die Berliner SPD. Was das Thema
Klimanotstand angeht, scheinen die Hauptstadt-Sozis tief zu schlafen. Man
wolle das Thema demnächst in der Fraktion ansprechen, sagt der
umweltpolitische Fraktionssprecher Daniel Buchholz. Anders gesagt: Mit
einer Meinung ist bald zu rechnen.
Dabei wäre es bei dem Thema auch für die SPD so einfach, mit
realpolitischen Forderungen aktiv zu werden und dafür zu sorgen, dass
Berlin möglichst schnell emissionsfrei wird. Ein Kompromissvorschlag wäre
etwa, Kantinen-Speisepläne so umzustellen, dass nur noch ein Fleischgericht
pro Tag oder Woche angeboten wird – und das vielleicht von Schweinen oder
Geflügel. Diese Tiere pupsen nicht so viel.
24 Aug 2019
## AUTOREN
Lukas Waschbüsch
## TAGS
Grüne Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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Veggie Day
SPD Berlin
Vegetarismus
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Volksinitiative
Lesestück Recherche und Reportage
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