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# taz.de -- Verfolgte Uiguren in China: Deutsche Firmen kuschen
> Viele deutsche Firmen unterhalten Werke in der Provinz Xinjiang, wo
> Muslime zu Hunderttausenden weggesperrt werden.
Bild: Angehörige der uigurischen Minderheit sind im Nordwesten Chinas ständig…
Peking taz | Mit nur einer Gegenstimme [1][forderte das
US-Repräsentantenhaus vergangenen Dienstag Sanktionen] gegen die Komplizen
der [2][Unterdrückung der muslimischen Minderheit in der westchinesischen
Provinz Xinjiang]. Nancy Pelosy, Sprecherin des US-Abgeordnetenhauses,
sprach von „barbarischen Taten“ in den Internierungslagern, in denen
mehrere Hunderttausende Uiguren weggesperrt werden.
Der Gesetzentwurf, der formell noch über den US-Senat an den Schreibtisch
von Präsident Donald Trump gelangen wird und von ihm abgesegnet werden
muss, ist ein Weckruf auch für deutsche Unternehmen: Schließlich fordern
die amerikanischen Abgeordneten nicht nur finanzielle Repressionen gegen
Kader der kommunistischen Partei, sondern auch gegen Firmen, die mit für
die Verpflichtung zur Internierung und Zwangsarbeit verantwortlich sind.
Bereits im Sommer hat der unabhängige China-Forscher Benjamin Haas für das
Berliner Merics-Institut die Rolle europäischer Firmen in Xinjiang erhoben.
Seine Studie ergab, dass rund die Hälfte der 150 größten Firmen aus Europa
Geschäftsbeziehungen in der Provinz unterhalten. Wenig überraschend nehmen
deutsche Firmen dabei eine besonders prominente Rolle ein. Ob Volkswagen
oder BASF– sie alle unterhalten Produktionsanlagen in Xinjiang.
Besonders unter Erklärungsnot steht Siemens. Der Mischkonzern führt seit
2014 ein Kooperationsabkommen mit der „China Electronics Technology Group“
– einem Militärlieferanten, dessen Überwachungstechnologie laut Human
Rights Watch benutzt wird, um Uiguren auszuspionieren.
## Siemens-Chef auffällig wortkarg
Erst 2017 nahm Siemens CEO Joe Kaeser vom Jüdischen Museum Berlin den
„Preis für Verständigung und Toleranz“ für die Vergangenheitsaufarbeitung
des Unternehmens entgegen. „Es ist wichtig für mich, dass wir alles dafür
tun, dass sich Ungerechtigkeit nicht wiederholt – sowohl in Deutschland als
auch auf der Welt“, sagte Kaeser in seiner Rede. Gemessen an seinen Worten
ist der Siemens CEO gegenüber den Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang
jedoch auffällig wortkarg.
Nun werden jedoch auch unter Bundestagsabgeordneten Stimmen lauter, dass
Deutschland dem Sanktionsgesetz der USA folgen sollte. „Persönliche
Sanktionen gegen die lokal Verantwortlichen fordere ich auch“, sagte Katrin
Göring-Eckardt, die vergangene Woche in Peking zu Besuch war. Kontos
einfrieren, Reisemöglichkeiten beschränken – am Beispiel Russlands könne
man sehen, dass man mit persönlichen Sanktionen durchaus etwas erreichen
könne.
## VW-Chef wollte von Lagern nichts gewusst haben
Sanktionen gegen deutsche Unternehmen lehnt Göring-Eckardt zwar ab, sagt
aber auch: „ Wenn man wie im Fall von VW auf Diversität in Deutschland
pocht und hier in China so tut, als ob man eine Minderheit nicht kennt,
geht das einfach nicht.“ Sie spielt auf ein PR-Desaster an, das sich
Volkswagen-Chef Herbert Diess im April auf der Automesse in Schanghai
lieferte. Als ihn ein Journalist der BBC mit der Menschenrechtslage in
Xinjiang konfrontierte, entgegnete Diess, ihm sei die Existenz der
Inhaftierungslager „nicht bekannt“. Man bemühe sich, einen Beitrag zur
Entwicklung der Region zu leisten, heißt es. 2013 eröffnete der deutsche
Autobauer ein Werk in Xinjiang mit 650 Mitarbeitern.
Warum deutsche Firmen wie VW investieren, ist ein offenes Geheimnis: Die
chinesische Regierung forciert seit Jahren die Entwicklung der
wirtschaftlich abgeschlagenen Region, die auf der Route der neuen
Seidenstraße liegt. Die Kommunistische Partei drängt auch ausländische
Unternehmen, dort zu investieren. Ob dies unmoralisch ist, lässt sich nicht
leicht beantworten, wie die Argumentation von VW verdeutlicht: Man sichere
dort schließlich Arbeitsplätze. Rund ein Viertel der Mitarbeiter würden den
Minderheiten angehören. Im Werk gebe es einen Gebetsraum für Muslime. Und
dass die Uiguren bei VW unter Zwang arbeiten würden, weist das Unternehmen
zurück.
Zudem muss man dem Autobauer zugutehalten: Als dieser das Werk 2013
eröffnete, war die katastrophale Entwicklung der Menschenrechtslage
keinesfalls abzusehen.
8 Dec 2019
## LINKS
[1] /US-Kongress-verabschiedet-Gesetz/!5647182
[2] /Uiguren-im-Exil/!5587603
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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