# taz.de -- Menschenrechtsdialog in der Sackgasse: Peking sagt Dialog mit Berli… | |
> China setzt den Menschenrechtsdialog ein, um Kritik abzuwürgen. Die | |
> Bundesregierung hält trotz Absagen aus Peking am Dialog fest. | |
Bild: Antiaufruhreinheit der Bewaffneten Volkspolizei bei einer Übung 2006 in … | |
BERLIN taz | Chinas Regierung hat den Menschenrechtsdialog mit der | |
Bundesregierung für dieses Jahr bereits im September abgesagt, erklärte das | |
Auswärtige Amt jetzt auf Anfrage der taz. Die Begründung aus Peking sei | |
laut dem deutschen Außenamtssprecher: Da die Bundesregierung Probleme | |
deutlich anspreche, sehe die chinesische Seite „keine konstruktive | |
Gesprächsatmosphäre“. | |
Seit 1999 soll der Dialog eigentlich jährlich geführt werden, dieses Jahr | |
hätte er in Deutschland stattfinden sollen. Doch auch schon zuvor wurde er | |
von Peking abgesagt – so 2017, laut Auswärtigem Amt aufgrund von | |
„Äußerungen der Bundesrepublik in internationalen Foren wie dem | |
Menschenrechtstat“. Wie die „NZZ am Sonntag“ kürzlich berichtet hat, sag… | |
China auch einen ähnlichen Dialog mit der Schweiz für dieses Jahr ab. | |
Nur über derartige Formate – die auch auf Ebene der Europäischen Union und | |
mit anderen Ländern existieren – sei man auch in der Lage, „offen Punkte zu | |
diskutieren, in denen man sich uneins ist“, erklärte die | |
Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), | |
anlässlich des letzten Dialog vor einem Jahr in China. | |
Damals zeigte sie sich erfreut, dass „nach einjähriger Unterbrechung nun | |
wieder ein bilateraler Menschenrechtsdialog als ein zentrales Dialogformat | |
unserer engen Beziehungen mit der Volksrepublik China stattfindet“. | |
## „Kernbestandteil bilateraler Beziehungen“ | |
„Die Bundesrepublik hält weiter am Menschenrechtsdialog mit China fest und | |
wird darauf hinwirken, diesen 2020 weiterzuführen“, erklärte jetzt das | |
Auswärtige Amt. „Er ist aus unserer Sicht ein Kernbestandteil der | |
bilateralen Beziehungen.“ Ein Austausch zur Menschenrechtslage müsse | |
möglich sein – so auch zur Lage der Uiguren in [1][Xinjiang]. | |
„Wir reden über ein niedrigschwelliges, nicht besonders hochkarätig | |
besetztes Gesprächsformat, das noch nie gut funktioniert hat“, sagt | |
hingegen Katrin Kinzelbach, Professorin für Internationale Politik der | |
Menschenrechte an der Universität Erlangen-Nürnberg. | |
„Ich habe immer gesagt, man sollte den Menschenrechtsdialog aufkündigen, | |
bevor Peking es tut. Jetzt um eine Fortsetzung zu betteln, ist ein | |
Armutszeugnis – uns fällt nichts Neues ein“, sagt Kinzelbach, die zu den | |
Dialogformaten mit China geforscht hat. | |
Peking habe in den 1990ern die Dialoge aufgenommen, um eine UN-Resolution | |
zur Menschenrechtslage in China zu verhindern – allerdings hinter | |
verschlossenen Türen. „Dass wir immer noch mit denselben Mitteln versuchen, | |
der Menschenrechtslage in China gerecht zu werden, sollte uns nachdenklich | |
machen“, sagt Kinzelbach. | |
## Dialog wird primär „für die deutsche Öffentlichkeit“ geführt | |
Der Dialog werde „primär für die deutsche Öffentlichkeit geführt, und für | |
nichts sonst“. Viele der beteiligten Diplomaten seien schon lange sehr | |
frustriert über die Gespräche. | |
Chinesischen Demokratieaktivisten und Dissidenten werde außerdem | |
signalisiert, dass die Bundesregierung lieber den einfachen Weg der | |
ritualisierten Gespräche gehe, als sich ernsthaft damit | |
auseinanderzusetzen, was deutsche und europäische Diplomatie in dieser sehr | |
schwierigen Lage für den Menschenrechtsschutz in China erreichen könne. | |
„Wir tun dem chinesischen Parteistaat einen Gefallen, wenn wir uns jetzt | |
mit dem Menschenrechtsdialog befassen. Das lenkt von viel wichtigeren | |
Themen ab“, sagt Kinzelbach. „Wir sollten über die [2][massiven | |
Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang] und über die Krise in Hongkong | |
reden.“ | |
## „Der Austausch wird von China nicht ernst genommen“ | |
Ähnlich sieht dies auch die menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen, | |
die Bundestagsabgeordnete Margarete Bause. „China versucht diesen | |
Menschenrechtsdialog zunehmend als Druckmittel gegen uns einzusetzen“, sagt | |
sie – er müsse aber auf Augenhöhe geführt werden. „Es ist ein Austausch, | |
der zu nichts führt, und der [3][von chinesischer Seite überhaupt nicht | |
ernst genommen wird].“ | |
Gegenüber China sollte Gesprächsbereitschaft gezeigt werden – aber mit | |
klaren Regeln, so Bause: Die Gespräche müssten regelmäßig erfolgen und | |
hochrangig besetzt werden, so dass es auch Konsequenzen gebe. | |
„Unter den jetzigen Bedingungen halte ich den Menschenrechtsdialog nicht | |
für sinnvoll – die Bundesregierung sollte andere Wege suchen“, sagt Bause. | |
So sollte bei jeglichem Kontakt mit chinesischen Partner das Thema | |
Menschenrechte auf die Tagesordnung: „Ich denke, dass das sehr viel | |
sinnvoller ist.“ | |
NaN NaN | |
## LINKS | |
[1] /Menschenrechtsdialog-mit-China/!5026983 | |
[2] /Abgeschobener-Uigure-in-China/!5558856 | |
[3] /Deutsch-chinesische-Konsultationen/!5309247 | |
## AUTOREN | |
Hinnerk Feldwisch-Drentrup | |
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