# taz.de -- Deutsch-chinesische Konsultationen: Ein recht einseitiger Dialog | |
> Bundeskanzlerin Merkel spricht in Peking Verletzungen der Menschenrechte | |
> und die Rechtsunsicherheit an. Ihre Gastgeber hören kaum zu. | |
Bild: Merkel und Ministerpräsident Li Keqiang bei der Unterzeichnung bilateral… | |
PEKING taz | Eins muss man Angela Merkel lassen. Sie lässt nicht locker. | |
Auch bei ihrem neunten China-Besuch lässt sie sich keinen Maulkorb | |
verpassen. Sie spricht die aus Sicht der chinesischen Führung sensiblen | |
Themen Menschenrechte, Rechtssicherheit und Nichtregierungsorganisationen | |
unverblümt an. | |
„Kern aller Rechtsstaatlichkeit ist, dass die Stärke des Rechts gilt und | |
nicht das Recht des Stärkeren“, mahnt Merkel gleich nach Ankunft in Peking | |
am Sonntag an. Recht dürfe nicht als Werkzeug der Macht benutzt werden, | |
sondern müsse unabhängig von der Politik für alle gleich gelten. Auch am | |
Montag betont sie nach ihrem Gespräch mit Ministerpräsident Li Keqiang, wie | |
wichtig es für sie sei, „dass unsere Unternehmen und auch unsere Projekte | |
ein sicheres Rechtsumfeld haben“. | |
Nur: So sehr die Kanzlerin den Rechtsstaats- und Menschenrechtsdialog mit | |
China auch dieses Mal in den Vordergrund rückt – Chinas Führung lässt sich | |
kaum noch auf diese Mahnungen ein. Als hätte er Merkel nicht zugehört, | |
pries Premierminister Li die Breite der Beziehungen und sprach von einem | |
Vertrauensverhältnis, das durch Regierungstreffen gestärkt werde. | |
Die vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, zu denen das | |
halbe Bundeskabinett nach Peking gereist ist, verlaufen angespannter als | |
bei den Malen zuvor. Beobachter führen das auf eine deutliche | |
Verschlechterung der Menschenrechtslage in China zurück, seitdem Xi Jinping | |
2013 das Amt des Staatspräsidenten übernommen hat. Vergangenes Jahr gab es | |
eine Verfolgungswelle gegen Bürgerrechtsanwälte. Mehr als 200 Anwälte und | |
ihre Mitarbeiter nahmen die Behörden fest. Von ihnen sind immer noch ein | |
Dutzend in Haft. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte das Vorgehen | |
schon damals scharf verurteilt. | |
## Maas kritisiert juristische Defizite | |
Bei der Entwicklung der Justiz gebe es erhebliche Defizite, kritisierte | |
Maas auch jetzt, betonte aber, dass es gerade wegen der schwierigen | |
Menschenrechtslage wichtig sei, die Gespräche mit Chinas Regierung | |
fortzuführen. Wenig Entgegenkommen zeigte Peking auch bei den Plänen, | |
ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) künftig von der | |
Staatssicherheit überwachen zu lassen. Mit einem neuen NGO-Gesetz will | |
Peking Projekte von Stiftungen, Forschern und Handelskammern der | |
Polizeiaufsicht unterstellen. | |
Viele Veranstaltungen werden nicht mehr stattfinden, müssten die | |
Organisatoren damit rechnen, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, | |
befürchtet die mitgereiste Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, | |
Bärbel Kofler (SPD). | |
Die chinesische Seite ging auf die Kritik kaum ein, sondern sicherte nur | |
zu, dass deutsche Stiftungen und Verbände in China ihre Arbeit fortsetzen | |
dürften. Sebastian Heilmann, Direktor des Mercator-Instituts für | |
China-Studien (Merics) in Berlin, ist skeptisch: Trete das Gesetz in Kraft, | |
sei das ein herber Rückschlag für die Beziehungen mit China. | |
14 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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