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# taz.de -- Sacharow-Preis des Europaparlaments: Der verschmähte Brückenbauer
> Der chinesisch-uigurische Wirtschaftsprofessor Ilham Tohti bekommt in
> diesem Jahr Europas wichtigsten Menschenrechtspreis​. Er sitzt in Haft.
Bild: Ausgezeichnet: Ilham Tohti vor einem Hörsaal einer Universität in Pekin…
BERLIN taz | Ein schöneres Geburtstagsgeschenk hätte das Europarlament
Ilham Tothi kaum machen können. Einen Tag vor seinem 50. Geburtstag bekam
der inhaftierte chinesisch-uigurische Wirtschaftsprofessor am Donnerstag
den Sacharow-Preis für Menschenrechte des Europaparlaments zugesprochen.
„Seit mehr als zwei Jahrzehnten setzt er sich unermüdlich dafür ein, den
Dialog und die Verständigung zwischen Uiguren und den Völkern Chinas zu
fördern“, erklärte das [1][Parlament] auf seiner Webseite. „Trotz allem,
was ihm widerfahren ist, spricht er sich nach wie vor für Mäßigung und
Versöhnung aus.“
Der aus Chinas westlichster Provinz Xinjiang stammende Professor der
Nationalitäten-Universität in Peking sitzt seit September 2014 eine
lebenslange Haftstrafe ab – mutmaßlich in einem Gefängnis der
Provinzhauptstadt Urumqi. Denn wie seine im US-Exil lebende Tochter
[2][Jewher Ilham jetzt der taz sagte], kann ihn seine Familie seit 2017
nicht mehr kontaktieren.
Ilham Tohti wurde [3][verurteilt] wegen „Separatismus“ und der „Förderung
der Gewalt“, ein Vorwurf, den Beobachter absurd finden. Denn wie kein
Zweiter bemühte er sich um den Dialog zwischen Han-Chinesen, dem
muslimischen Turkvolk der Uiguren und anderen Ethnien in China.
## Gegen die Marginalisierung der Uiguren
Die 10 Millionen Uiguren, die fast alle in Xinjiang leben und einst dort
die Mehrheit stellten, sind in der rohstoffreichen Provinz zunehmend
marginalisiert. Tohti wies früh darauf hin, dass sich China Probleme
schaffe, wenn die Früchte des Wirtschaftsbooms so ungleich zwischen den
Ethnien verteilt seien. Denn er forschte zum Verhältnis zwischen Uiguren
und anderen Volksgruppen und informierte auf einer Webseite.
„Als uigurischer Intellektueller fühle ich sehr stark, wie die Kluft und
das Misstrauen zwischen den Uiguren und den Han-Chinesen jeden Tag größer
wird, vor allem in der jüngeren Generation. Arbeitslosigkeit und
Diskriminierung entlang ethnischer Linien haben zu verbreiteter
Feindseligkeit gefühlt“, schrieb er in einem Text, den die taz im Mai 2014
dokumentierte.
Mit seinem Willen zur Verständigung widerspricht er einer radikalen
Minderheit der Uiguren, die sich islamistischen Gruppen im In- und Ausland
anschlossen und mehrere [4][Attentate] auf Han-Chinesen verübten. Diese
Angriffe nahm China zum Vorwand für die massive Repression und
Zwangsassimilation der Uiguren.
## Mehr als eine Million Uiguren sind in Lagern gefangen
Laut [5][UN] sitzen mehr als eine Million Uiguren in Lagern. Dort dürfen
sie nur chinesisch sprechen, müssen der KP die Treue schwören und
Schweinefleisch essen. China hat die Existenz der Lager lange verleugnet,
inzwischen spricht Peking von „Bildungseinrichtungen“, US-Politiker
sprechen dagegen von „Konzentrationslagern“. Schon vorher war Uiguren
während des Ramadan das [6][Fasten] und Jugendlichen das Beten in Moscheen
verboten worden.
Das Europaparlament verdient Respekt für seine Entscheidung, sich mit der
Preisvergabe an Ilham Tohti nicht dem Druck aus China gebeugt zu haben.
NaN NaN
## LINKS
[1] https://www.europarl.europa.eu/sakharovprize/de/home/the-prize.html
[2] /Menschenrechtspreis-des-EU-Parlaments/!5636023
[3] /!5032616/
[4] /!5206722/
[5] /Muslimischen-Minderheiten-in-China/!5527269/
[6] /Kein-Ramadan-in-China/!5205840/
## AUTOREN
Sven Hansen
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China
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