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# taz.de -- Freilassung für Uiguren gefordert: Appell für Ilham Tohti
> Der Wirtschaftsprofessor Tohti galt als Brückenbauer. Anfang 2014 wurde
> er festgenommen. 400 Wissenschaftler fordern nun seine Freilassung.
Bild: Freiheit für Ilham Tohti: AktivistInnen demonstrieren in Hannover.
Er ist unter Bürgerrechtlern in China bekannt als „der Mann, der Brücken
bauen wollte“: Ilham Tohti, Wirtschaftsprofessor und Angehöriger der
uigurischen Minderheit. In Peking hat er an der renommierten Hochschule der
ethnischen Minderheiten unterrichtet. Auf seiner Webseite informierte er
über ökonomische und soziale Entwicklungen und Probleme in der
nordwestlichen Grenzregion Xinjiang, der Heimat von rund 10 Millionen
Uiguren in China.
Vor zwei Jahren, am 14. Januar 2014, [1][verschleppten Polizisten ihn aus
seiner Wohnung in Peking]. Ein halbes Jahr später [2][verurteilte ein
Gericht ihn wegen „Separatismus“ zu lebenslanger Haft]. Jetzt haben
vierhundert Wissenschaftler aus aller Welt an den chinesischen Staats- und
Parteichef Xi Jinping appelliert, den Professor „sofort und ohne
Vorbedingungen“ freizulassen.
Ilham Tohti sei in einem „politisch aufgeladenen Prozess mit zahlreichen
Verfahrensmängeln“ für schuldig befunden worden, heißt es in dem [3][am
heutigen Freitag von Amnesty International publizierten offenen Brief].
Ilham Tohti verbüße seine lebenslange Gefängnisstrafe „einzig dafür,
Gedanken ausgesprochen zu haben, die deutlich innerhalb der Grenzen freier
Meinungsäußerung als Akademiker und als Autor lagen“, heißt es in dem
Schreiben, das von Forschern und Dozenten renommierter Hochschulen in
Europa ebenso wie den USA, Kanada, Taiwan und Japan unterzeichnet ist.
## Gewaltloser Widerstand
„Obwohl Ilham Tohti die Politik der Regierung in Xinjiang und gegenüber
Uiguren offen kritisierte, hat er sich beständig gegen Gewaltanwendung
ausgesprochen und friedlich daran gearbeitet, Brücken zwischen den
ethnischen Gruppierungen zu bauen, im Rahmen der chinesischen Gesetze. Er
war der Gründer und Direktor der zweisprachigen Webseite Uigur Online.„
Weil der Ökonom zu jenen gehört, die sich für friedliche Reformen und ein
besseres Verständnis zwischen den Bevölkerungsgruppen aussprechen,
schockierte das harte Urteil gegen den 44-Jährigen international umso mehr.
Im Polizeigewahrsam wurde er gefoltert, unter anderem erhielt er zehn Tage
lang nichts zu essen, wie sein Anwalt später berichtete. Seine Verhaftung
kam zu einer Zeit, in der sich soziale und politische Spannungen in der
Grenzregion und anderen Orten Chinas immer wieder durch Messerattacken und
andere Angriffe entladen haben.
Die Situation in Xinjiang ist – in den Augen der chinesischen Behörden –
inzwischen so brisant, dass es für chinesische und ausländische
Journalisten so gut wie unmöglich ist, sich vor Ort über die Hintergründe
von Protesten oder gewaltsamen Vorfällen zu informieren.
## „Warnung an alle“
Han-chinesische und uigurische Bewohner der Region wagen es aus Furcht vor
Problemen mit den Behörden in der Regel nicht mehr, offen mit ausländischen
Reportern zu sprechen. Wer sich über Korruption, Ungerechtigkeiten und
andere soziale Probleme in Xinjiang beklagt, muss befürchten, des
„Separatismus“ beschuldigt zu werden.
Ilham Tohti gehörte lange Zeit zu den wenigen in China, die sich gegenüber
internationalen Medien über heikle soziale Themen sprachen, wie etwa in
einem inzwischen [4][ins Englische übersetzten Interview mit dem
US-Radiosender VoA]. Darin geht es unter anderem um die Arbeitslosigkeit
unter Uiguren, die Auswirkungen der 1-Kind-Politik in Xinjiang, oder das
Verbot für Staatsangestellte ebenso wie für Jugendliche unter 18 Jahren
oder Hochschulstudenten, Moscheen zu besuchen.
Bürgerrechtler wie der chinesische Anwalt Teng Biao glauben, dass die
lebenslängliche Strafe für Ilham Tohti „als Warnung an alle“ gedacht war,
sich nicht zu sehr mit der Politik der Regierung in Xinjiang zu
beschäftigen, wie Teng der taz sagte.
Umso schwerer ist es, gesicherte Informationen darüber zu erhalten,
inwieweit islamistische Gruppierungen in der Region Fuß gefasst haben. Die
Pekinger Regierung begründet ihre scharfe Polizeipräsenz in Xinjiang mit
dem Bestreben dschihadistischer Gruppen wie des IS, die Unzufriedenheit in
der Region für ihre Ziele auszunutzen.
Die französische Journalistin Ursula Gauthier wurde [5][Ende letzten Jahres
aus China ausgewiesen, weil sie kritische Berichte über Xinjiang und Tibet
veröffentlicht hatte]. Ilham Tohti hatte in seinen Schriften immer wieder
seine Sorge über die zunehmende Verhärtung der Situation in seiner Heimat
betont, unter anderem im einem längeren [6][Essay unter dem Titel „Meine
Ideale und der Berufsweg, den ich gewählt habe“].
15 Jan 2016
## LINKS
[1] /Muslimische-Minderheit-in-China/!5050600/
[2] /Lebenslang-fuer-Buergerrechtler-in-China/!5032616/
[3] https://www.amnesty.org/download/Documents/ASA1731712016ENGLISH.PDF
[4] http://chinachange.org/author/yaxuecao/
[5] /Chinas-Regierung-erbost-ueber-Artikel/!5264052/
[6] http://chinachange.org/2014/04/06/my-ideals-and-the-career-path-i-have-chos…
## AUTOREN
Jutta Lietsch
## TAGS
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