# taz.de -- Zeitungen in der Krise: Subventionen für Zustellung | |
> Der Haushaltsausschuss des Bundestags will in die finanzielle | |
> Unterstützung von Zeitungsverlagen einsteigen. Das Parlament muss noch | |
> zustimmen. | |
Bild: Kann die Zeitung auch in Zukunft aus dem Briefkasten holen | |
BERLIN dpa/taz | Zeitungsverlage in Deutschland werden voraussichtlich eine | |
staatliche Förderung für ihre Zustellkosten bekommen. Der | |
Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss am Donnerstag nach | |
dpa-Informationen einen Antrag der Koalitionsfraktionen Union und SPD zur | |
Unterstützung der Zustellung von Abonnementzeitungen und Anzeigenblättern | |
in Höhe von 40 Millionen Euro für das Jahr 2020. | |
Allerdings sollen die Ausgaben bis zur Vorlage eines Gesamtkonzepts durch | |
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gesperrt bleiben. Dieses soll | |
eine Förderung zeitlich begrenzt auf fünf Jahre beinhalten. Der | |
Zeitungsverlegerverband BDZV sieht nach dem Beschluss Verbesserungsbedarf. | |
Hintergrund der staatlichen Hilfen sind auch rückläufige Auflagenzahlen von | |
Tageszeitungen in Deutschland und der digitale Wandel. Die Lieferung | |
gedruckter Zeitungen muss weiterhin bis in die hintersten Winkeln | |
Deutschlands funktionieren. Verlage beklagen gestiegene Kosten. [1][Dies | |
auch wegen Veränderungen in den Verlagsstrukturen durch die Einführung des | |
gesetzlichen Mindestlohns für Zeitungszusteller, der seit 2018 gilt.] | |
Im aktuellen Branchenbericht des BDZV („Zeitungszahlen 2019“) ist von | |
jährlichen Mehrkosten für die Verlage von rund 400 Millionen Euro die Rede. | |
Rund 100 000 Zusteller – überwiegend angestellt als geringfügig | |
Beschäftigte – bringen demnach jeden Tag mehr als 10 Millionen Zeitungen zu | |
den Lesern. Insgesamt wurden in Deutschland im zweiten Quartal 2019 täglich | |
13,52 Millionen Tageszeitungsexemplare verkauft. | |
## Bundestag muss noch zustimmen | |
BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff kommentierte den Beschluss des | |
Ausschusses auf dpa-Anfrage so: Es sei gut, dass das Arbeitsministerium den | |
Handlungsbedarf erkannt und sich entschlossen habe, auf eine Situation zu | |
reagieren, die auch durch Regierungshandeln entstanden sei. „Eine so | |
geringe Förderung löst aber kein einziges Problem. Die Fördersumme mag | |
zunächst hoch erscheinen, hätte aber pro ausgeliefertem Zeitungsexemplar | |
weniger als einem Cent entsprochen.“ | |
Dem stehen Wolff zufolge durchschnittliche Vertriebskosten von 52 Cent pro | |
ausgetragener Zeitung gegenüber. „Der hohe Kostendruck bei der | |
Zeitungszustellung bleibt eine Herausforderung mit gesellschaftspolitischer | |
Tragweite, deswegen werden wir im nächsten Jahr einen erneuten Anlauf im | |
parlamentarischen Prozess nehmen“, kündigte er an. | |
Schon längere Zeit hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine | |
Unterstützung der Zeitungszustellung geprüft. Grundlage ist eine | |
entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die bisher aber nicht | |
greift. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses ist noch nicht das letzte | |
Wort. Der Bundestag muss dem Ganzen noch zustimmen, voraussichtlich kommt | |
Ende November die Abstimmung. In der Regel folgt der Bundestag einer | |
Empfehlung des Ausschusses. | |
In dem Antrag, der der dpa vorlag, heißt es, dass ein System zur Förderung | |
der Zustellung von Abo-Tageszeitungen und Anzeigenblättern eingerichtet | |
werden solle. Ziel sei, die flächendeckende Versorgung mit Abo-Zeitungen | |
und Anzeigenblättern zu unterstützen, die die Verlage selbst zustellen oder | |
deren Zustellung von Organisationen erfolgt, die die Verlage mit eigenem | |
wirtschaftlichen Risiko mindestens anteilig führen. [2][In anderen Ländern | |
gibt es bereits solche Förderinstrumente für Verlage.] | |
## Ohne Subventionen keine Zeitung | |
Anfang November hatten sich auch die Zeitschriftenverleger mit der | |
Forderung nach Hilfestellung bei der Postzustellung ihrer Magazine an den | |
Bund gewandt. Hintergrund sind Preiserhöhungen. | |
Bisher waren staatliche Subventionen für Zeitungsverlage tabu. Doch | |
Strukturwandel, Auflagenschwund und Digitalisierung machen der Branche zu | |
schaffen. Insbesondere im ländlichen Raum fällt es Zeitungsverlagen schwer, | |
noch immer kostendeckend Tageszeitungen zu liefern. | |
[3][In diesem Jahr sah es so aus, als könnte Thüringen das erste Bundesland | |
ohne gedruckte Tageszeitung werden.] Neue Druckerpressen kosten große | |
Millionenbeträge, die Funke-Mediengruppe, die in Thüringen den allergrößten | |
Teil der Medienlandschaft prägt, wird die uralten Maschinen auf absehbare | |
Zeit nicht austauschen können. Auch die Zustellung in winzige Thüringer | |
Dörfer macht dem Verlag zu schaffen. | |
Michael Tallai, der Geschäftsführer der Mediengruppe, sah die Verantwortung | |
für seine Zeitungen daher auch bei der Politik. Wenn im ländlichen Raum der | |
letzte Laden schließe, es keinen Arzt, keine Tankstelle und irgendwann auch | |
keine Tageszeitung mehr gebe, dann habe auch die Politik ein Problem. | |
Deshalb brachte er sehr früh, anders als andere Verleger, Subventionen für | |
Zeitungsverlage in Spiel. Damals zeigten sich Vertreter der Landesregierung | |
offen für solche Lösungen. Nun könnte es schrittweise der Bund werden, der | |
in die Subventionierung der Zeitungen einsteigt. | |
15 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Alexander Nabert | |
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