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# taz.de -- Einigung zur Grundrente: Feldversuch zur Umverteilung
> Die jetzt vereinbarte Grundrente ist auch ein Großversuch: ob eine reale
> Umverteilungspolitik heute überhaupt noch machbar ist.
Bild: Gilt auch auf dem Dach des Reichstagsgebäudes: Besserung am Horizont fü…
Nun kommt sie also doch. Nach langem Gezerre [1][einigte sich die
Koalition] auf die Grundrente inklusive einer „umfassenden
Einkommensprüfung“ als Voraussetzung. Das Wort „Bedürftigkeitsprüfung“…
damit gestrichen. SeniorInnen müssen nicht, wie Hartz-IV-Empfänger, in
einem Antrag auf die neue Sozialleistung den ganzen Besitz, das eigene
Auto, die Datsche offenlegen. Stattdessen wird das Haushaltseinkommen von
den Rentenkassen automatisch geprüft, mithilfe der Steuerdaten von den
Finanzämtern.
Damit bekommen zum Beispiel Ehefrauen mit kleiner eigener Rente, aber
gutverdienendem Ehemann keine Grundrente. Das ist okay, unter
Verteilungsgesichtspunkten. Denn die Gruppen, die besonders von Altersarmut
betroffen sind, werden dadurch nicht benachteiligt: Es sind
[2][alleinstehende Frauen, darunter auch die Geschiedenen], die sich nach
der Scheidung mit Kindern und Teilzeitarbeit mühsam durchwurschtelten und
jetzt im Alter wenigstens einen kleinen Aufschlag kriegen auf die
bescheidene Rente.
Sicher, die neue Sozialleistung produziert auch neue Ungerechtigkeiten. Was
ist mit denen, die eben nur 32 Jahre an Beitragszeiten in die Rentenkasse
aufweisen können, in denen sie aber Vollzeit arbeiteten, bis sie krank
wurden, zum Beispiel? In den Fernsehtalkshows wird garantiert der Paketbote
auftauchen, der jahrzehntelang zum Mindestlohn schuftete und trotzdem keine
Grundrente bekommt. Und was ist mit den ErbInnen, die mit Vermögen und
Grundrente auf Kosten der Steuerzahler im Alter noch ein bisschen besser
leben? Auch nicht ganz fair.
Hinzu kommt das Behördenchaos, wenn plötzlich die Rentenversicherung unter
Zuhilfenahme der Steuerdaten von den Finanzämtern den Anspruch auf
Grundrente für Millionen von RentnerInnen berechnen soll. Wird auch nicht
schön. Man muss nur an das Bürokratiechaos bei Hartz IV denken.
Trotzdem oder gerade deswegen ist es richtig und auch durchaus mutig, dass
sich die Große Koalition doch noch auf die Grundrente geeinigt hat. Denn so
sieht sie eben aus, die Umverteilung in einem komplexen Sozialstaat von
heute: Es wird Ungerechtigkeiten, Enttäuschungen geben, Neid, Hetze,
Ämterchaos – aber eben auch hunderttausende von Menschen, vor allem Frauen,
die jahrzehntelang gearbeitet haben und von der Grundrente im Alter
profitieren. Die vielzitierte Zahnarztgattin wird nicht dabei sein, siehe
Steuerprüfung.
Die Grundrente ist also auch ein Großversuch. An ihr entscheidet sich die
Frage, ob Umverteilungspolitik, und zwar die reale, nicht die angekündigte
oder geforderte, ob also reale Umverteilungspolitik heute überhaupt noch
machbar ist. Ob man damit als PolitikerIn am Ende nur bei den WählerInnen
verliert. Oder eben nicht.
11 Nov 2019
## LINKS
[1] /Ringen-um-die-Grundrente/!5639956
[2] /Grundrenten-Diskussion-in-der-Regierung/!5635520
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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