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# taz.de -- Kramp-Karrenbauers Grundsatzrede: Ab in den Pazifik
> Die Verteidigungsministerin will die Bundeswehr in mehr und riskantere
> Einsätze schicken. Damit übertrifft sie noch mal den bisherigen
> Regierungskurs.
Bild: Gruppenbild mit Verteidigungsministerin: August 2019 im Camp Stefan, Erbi…
Berlin taz | Annegret Kramp-Karrenbauer hat es derzeit nicht leicht: Als
CDU-Parteichefin steht sie [1][intern in der Kritik], als
Verteidigungsministerin scheiterte sie zuletzt mit ihrem Vorschlag einer
internationalen Schutzzone für Nordsyrien. Genau der richtige Zeitpunkt
also für einen Befreiungsschlag?
Am Donnerstagvormittag trat Kramp-Karrenbauer vor Studierenden der
Bundeswehr-Universität München auf. Das Verteidigungsministerium hatte
vorab eine „Grundsatzrede“ angekündigt – und lag damit zumindest nicht g…
falsch.
Die Verteidigungsministerin verlangte während ihrer knapp 40-minütigen
Rede, dass Deutschland in internationalen Konflikten stärker mitmischt und
die Bundeswehr stärker im Ausland einsetzt als bisher. Ähnliche Vorschläge
gibt es von deutschen Regierungsvertretern zwar schon seit Jahren,
Kramp-Karrenbauer ging aber über bisherige Forderungen noch mal hinaus.
Zentral waren fünf Punkte.
## Führungsrolle
Bislang nahm die Bundeswehr vor allem an Einsätzen teil, die von den USA,
der Nato oder anderen initiiert wurden. In Zukunft soll Deutschland, wenn
es nach Kramp-Karrenbauer geht, selbst vorangehen. „Nicht einfach nur
abwarten, ob andere handeln, und dann mehr oder weniger entschlossen
mittun. Wir müssen selbst Vorschläge machen, Ideen entwickeln, Optionen
vorstellen“, sagte sie in München.
Ihr Vorschlag einer internationalen Schuttzone für Nordsyrien im Oktober
war ein Versuch in diesem Sinne, scheiterte aber daran, dass weder der
Koalitionspartner noch andere Staaten mitmachen wollten. In ihrer Rede am
Donnerstag sprach die Verteidigungsministerin diesen Vorschlag nicht mehr
an.
## Kampfeinsätze
In den letzten Jahren leistete die Bundeswehr in Auslandseinsätzen vor
allem Unterstützung für andere – etwa durch Ausbildung kurdischer Kämpfer
im Nordirak oder durch Luftaufnahmen über Syrien. Im Vergleich zu
Kampfeinsätzen wie im Jugoslawien- oder Afghanistan sind solche Einsätze
weniger aufwendig, weniger risikobehaft und innenpolitisch leichter
durchzusetzen.
Kramp-Karrenbauer will die Bundeswehr in Zukunft aber wieder häufiger
kämpfen lassen. Sie forderte in München „die Bereitschaft, gemeinsam mit
unseren Verbündeten und Partnern das Spektrum militärischer Mittel wenn
nötig auszuschöpfen“.
## Kämpfe in der Sahelzone
Einer der derzeit gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr findet in Mali
statt. Bis zu 1.100 deutsche SoldatInnen beteiligen sich dort an einer
UN-Stabilisierungsmission. Formell unabhängig davon kämpft die französische
Armee in Mali und den benachbarten Staaten in einem noch [2][gefährlicheren
Anti-Terror-Einsatz] – mit über 3.000 SoldatInnen, bislang 31 Gefallenen
und zweifelhaftem Erfolg. In München kritisierte Kramp-Karrenbauer, dass in
der Sahelregion vor allem Frankreich kämpfe, obwohl „Deutschland
gleichermaßen vom Terror und seinen Folgen bedroht“ sei.
## Handelsschutz im Pazifik
Deutschland sei „führend in der internationalen Containerschifffahrt“ und
deshalb „auf freie und friedliche Seewege angewiesen“. Schon heute schützt
die Bundeswehr am Horn von Afrika Handelsrouten vor Piraterie. In Zukunft
will Kramp-Karrenbauer die deutsche Marine offenbar auch in den Pazifik
schicken.
Dort streiten China, andere Anrainerstaaten und die USA schon seit Jahren
um Territorien und Durchfahrtsrechte. Deutsche Partnerstaaten in der Region
wünschten sich „ein klares Zeichen der Solidarität“, sagte
Kramp-Karrenbauer. Es sei daher „an der Zeit, dass Deutschland auch ein
solches Zeichen setzt, indem wir mit unseren Verbündeten Präsenz in der
Region zeigen“.
## Parlamentsvorbehalt
2014 untersuchte eine Kommission im Auftrag des Bundestags, ob der deutsche
Parlamentsvorbehalt reformiert werden sollte, so dass die Regierung die
Bundeswehr schneller in Einsätze schicken kann. Das Ergebnis:
Änderungsbedarf gebe es nur im Detail. So sei es beispielsweise nicht
unbedingt nötig, dass der Bundestag auch reinen Ausbildungsmissionen
zustimmen muss, bei denen keine Kampfhandlungen zu erwarten sind.
SPD und Union planten daraufhin eigentlich eine entsprechende Reform,
konnten sich dann aber nicht auf die Details einigen. Kramp-Karrenbauer
will das Thema jetzt noch mal angehen. „Ich denke da an die Vereinfachung
und Beschleunigung des Verfahrens der parlamentarischen Meinungsbildung“,
sagte sie.
Kritik an der Rede der Verteidigungsministerin kam am Donnerstag aus der
Opposition. „International öfter die Initiative übernehmen zu wollen, ist
noch lange keine kluge und kohärente Sicherheitspolitik, sondern klingt
eher nach Selbstzweck“, sagte der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner. Statt
auf nationale Alleingänge zu setzen, solle die Bundesregierung die
Vereinten Nationen stärken. Linken-Parteichef Bernd Riexinger sagte, der
Vorstoß ziele darauf ab, „argumentativen Spielraum schaffen, um das
anvisierte Zwei-Prozent-Ziel der Nato umsetzen zu können“.
7 Nov 2019
## LINKS
[1] /Machtkampf-in-der-CDU/!5635361
[2] /50-Tote-in-Mali/!5637969
## AUTOREN
Tobias Schulze
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