# taz.de -- Streit um höhere Nato-Ausgaben: „Es ist absurd“ | |
> Die Nato-Staaten haben sich auf eine neue Aufteilung der | |
> Gemeinschaftskosten geeinigt. Deutschland zahlt künftig so viel wie die | |
> USA. Politiker der Linken sehen das kritisch. | |
Bild: Die Nato kriegt bald mehr Geld aus Deutschland | |
BRÜSSEL taz/afp/dpa | Mit scharfer Kritik hat die Linksfraktion im | |
Bundestag auf die Ankündigung reagiert, dass Deutschland künftig einen | |
höheren Anteil an den Nato-Gemeinschaftsausgaben tragen wird. „Es ist | |
absurd und unverhältnismäßig, dass Deutschland jetzt exakt so viel zur | |
NATO-Gemeinschaftskasse beitragen soll wie die USA“, sagte der | |
verteidigungspolitische Sprecher Tobias Pflüger der taz. „Aber es passt in | |
die bekannte Linie: Die Bundesregierung will den deutschen Einfluss in der | |
Nato vergrößern, egal zu welchen Kosten.“ | |
Auf Druck von US-Präsident Donald Trump zahlt Deutschland künftig deutlich | |
mehr in den Nato-Gemeinschaftshaushalt ein. „Alle Alliierten haben sich auf | |
eine neue Kostenverteilungsformel geeinigt“, sagte ein Nato-Sprecher am | |
Donnerstag. Damit gehe „der Kostenanteil der meisten europäischen | |
Alliierten und Kanadas nach oben, derjenige der USA sinkt.“ Die Einigung | |
sei „eine wichtige Demonstration der Verpflichtungen der Alliierten | |
gegenüber dem Bündnis und einer faireren Lastenteilung“. | |
Laut europäischen Diplomaten steigt Deutschlands Anteil ab dem Jahr 2021 | |
von 14,8 auf 16,35 Prozent der Gemeinschaftsausgaben und wäre dann ebenso | |
hoch wie der Beitrag der USA, die ihren bisherigen Anteil von 22,1 Prozent | |
entsprechend absenken. Das Nato-Budget beläuft sich nach Bündnis-Angaben in | |
diesem Jahr auf 2,37 Milliarden Euro. | |
Derzeit zahlen die Vereinigten Staaten davon knapp 470 Millionen Euro, | |
während Deutschland rund 313 Millionen Euro überweist. Die verabredete | |
Änderung des Verteilungsschlüssels würden der USA bei konstanten Kosten | |
eine Ersparnis von mehr als 120 Millionen Euro bringen. Für die | |
Bundesrepublik brächte sie hingegen eine jährliche Mehrbelastung in Höhe | |
von mehr als 33 Millionen Euro. | |
## Die Franzosen sind nicht zufrieden | |
Wie viel Geld ein Land zu den Gemeinschaftskosten beizutragen hat, richtet | |
sich grundsätzlich nach dem Bruttonationaleinkommen. Für die USA galt das | |
allerdings auch schon bisher nicht, sonst hätte sie einen noch wesentlich | |
höheren Anteil tragen müssen. Aus dem Nato-Budget werden der Unterhalt für | |
das Hauptquartier in Brüssel, die Militärkommandos, die eigenen | |
Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato sowie die zivilen und militärischen | |
Angestellten des Bündnisses bezahlt. Hinzu kommt ein Nato-Programm, um | |
Einrichtungen in den Mitgliedstaaten aufzubauen, die über Anforderungen der | |
nationalen Verteidigung hinausgehen. | |
Auch bei 26 anderen Alliierten werden die Beiträge nach oben gehen, wenn | |
auch im geringeren Maße. Nur Frankreich beteiligt sich nicht über seinen | |
bisherigen Anteil hinaus. Die Regierung in Paris habe den Plan als nicht | |
zielführend abgelehnt, hieß es von Diplomaten. In Frankreich werde | |
vermutet, dass es nur darum gehe, US-Präsident Donald Trump einen Gefallen | |
zu tun. | |
Aus Paris heißt es zum neuen Kostenschlüssel, das Thema sei in der | |
aktuellen Situation absolut nachrangig. Diskutiert werden müsse vielmehr | |
die Frage der transatlantischen Beziehungen oder der Umgang mit dem | |
Bündnispartner Türkei. Dies ist offensichtlich eine Anspielung darauf, dass | |
[1][Frankreichs Präsident Emmanuel Macron] die sicherheitspolitische | |
Koordinierung im Bündnis für absolut unzureichend hält. Ein | |
Negativ-Beispiel ist die im Bündnis [2][nicht abgesprochene | |
Militäroffensive des Nato-Partners Türkei in Nordsyrien], die durch einen | |
ebenfalls nicht abgesprochenen Rückzug der USA möglich geworden war. | |
Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Sicherheitspolitik sei es | |
„unverantwortlich“, wenn sich die Militärallianz weiter nur mit ihrer | |
Finanzierung und technischen Fragen befasse, sagte Macron bei einem Treffen | |
mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag in Paris. | |
## Wichtiger sind eigentlich die Verteidigungsausgaben | |
Die Neuaufteilung der Nato-Kosten wurde wenige Tage vor dem Nato-Gipfel der | |
Staats- und Regierungschefs in London kommende Woche vereinbart, zu dem | |
auch US-Präsident Trump anreisen will. In der Nato-Zentrale wird gehofft, | |
dass die Einigung auf das neue Finanzierungsmodell auch den Streit über die | |
wesentlich gewichtigeren Verteidigungsausgaben etwas entschärfen kann. | |
In diesem Konflikt geht es darum, dass Trump von der Bundesrepublik und | |
anderen Bündnispartnern verlangt, ihre nationalen Militärausgaben bis 2024 | |
auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen. Es | |
geht also um sehr viel mehr Geld als bei den vergleichsweise niedrigen | |
Nato-Gemeinschaftskosten. | |
Trump verweist dabei auf einen Bündnisbeschluss aus dem Jahr 2014. Die | |
Bundesregierung pocht jedoch bislang darauf, dass im entsprechenden Text | |
lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der 2 Prozent zu bewegen. | |
Für das Jahr 2020 hat sie Verteidigungsausgaben in Höhe von rund 50,3 | |
Milliarden Euro nach Nato-Kriterien übermittelt. Das entspricht einer | |
Nato-Quote von 1,42 Prozent. 2014 hatte sie noch 1,18 Prozent gelegen. | |
In ihrer Bundestagsrede am Mittwoch kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) eine weitere Steigerung der deutschen Militärausgaben bis 2024 auf | |
1,5 Prozent an. Das Zwei-Prozent-Ziel solle „bis zum Anfang der 30er Jahre“ | |
erreicht werden. „Darauf kann man sich verlassen“, sagte Merkel. | |
Anm.: Dieser Beitrag wurde am 28.11.2019 um 15:48 Uhr aktualisiert. | |
28 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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