# taz.de -- Berlin nach dem Attentat in Halle: Große Verantwortung | |
> Das Attentat in Halle verunsichert die Berliner jüdischen Glaubens. | |
> Jüdische Einrichtungen unter stärkerer Bewachung als zuvor. Eine | |
> Bestandsaufnahme. | |
Bild: Schwer bewaffnet beschützen Polizist*innen das Jüdische Museum Berlin i… | |
Vor der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße stehen zwei | |
Polizeibeamte im feinen Nieselregen und amüsieren sich über irgendetwas | |
auf dem Smartphone des einen Kollegen. Wie immer haben sie den abgetrennten | |
Sicherheitsbereich auf dem Gehweg vor der Synagoge für sich. Wie sonst | |
nicht, haben sie eine Hand am Lauf der offen getragenen Maschinenpistolen, | |
die nach unten auf den Gehweg zeigen. | |
Sigmount A. Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde, | |
wartet hinter der Sicherheitsschleuse am Eingang zu der öffentlichen | |
Ausstellung in der Synagoge und reicht die Hand. Der verstärkte Wachschutz | |
draußen, ja, daran möge man sich nur schwer gewöhnen. | |
Königsbergs Arbeitsplatz könnte zentraler kaum sein in dieser Stadt. | |
Zugleich ist die zentrale Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eine | |
Art gut bewachte Burg: Die Gemeinde ist mittendrin – doch das ist eine | |
Selbstverständlichkeit, die man mit Maschinenpistolen bewachen muss. | |
Es ist Mittwoch, der erste Mittwoch nach Halle (Saale) – nach dem | |
versuchten Attentat auf die jüdische Synagoge im Hallenser Paulusviertel, | |
bei dem der Neonazi Stephan B. zunächst an der Holztür des Gotteshauses | |
scheiterte und hernach in scheinbarer Seelenruhe und erschreckend lange | |
unbehelligt durch Einsatzkräfte der Polizei zwei Menschen erschoss: eine | |
Frau, die gerade vom jüdischen Friedhof kam, und einen Mann in einem | |
Döner-Imbiss. | |
## Der Innensenator war da, auch die Kanzlerin | |
Der Reflex kurz danach, auch in Berlin: Solidarität zeigen. „Wir müssen als | |
Gesellschaft zusammenstehen“, sagte die Berliner Staatssekretärin Sawsan | |
Chebli (SPD). Am Abend des 9. Oktober hatte sie eine spontane Mahnwache vor | |
der Synagoge in der Oranienburger Straße organisiert. Der Innensenator war | |
da, auch die Kanzlerin. Am Sonntag nach dem Anschlag und genau ein Jahr | |
nach der großen Demo gegen rechts versammelten sich unter dem Motto | |
#KeinFussbreit Tausende auf dem Bebelplatz in Mitte. #Unteilbar. | |
Und jetzt? Was bleibt von Halle, nach dem obligatorischen Aufmuskeln vor | |
den rund 60 jüdischen Einrichtungen in Berlin? Was bleibt, wenn nach dem | |
ersten Zusammenstehen alle wieder auseinandergehen? | |
Spricht man mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde, dann hört man vor allem | |
zwei Dinge: Verunsicherung – und, an die Adresse von Politik und | |
Sicherheitsbehörden, eine Verantwortung, die aus Halle erwächst. | |
Königsberg, der Antisemitismusbeauftragte, sagt, er habe keine Angst, nicht | |
wirklich. „Dann müsste ich ja meine Sachen packen und gehen.“ Aber er sei | |
viel unterwegs auf Facebook, und da registriere er inzwischen viele Stimmen | |
„von Leuten, die hier eigentlich sehr verwurzelt sind, die sagen: Wir | |
prüfen unsere Optionen.“ Die „entspannte Selbstsicherheit“, die es | |
vielleicht vor zehn Jahren noch gegeben habe, „die gibt es nicht mehr“. | |
## „Wir sind hier, wir werden bleiben“ | |
Ruben Gerczikow, Vorstandsmitglied bei der Jüdischen Studierendenunion JSUD | |
in Berlin, würde dem widersprechen: „Die älteren Menschen, die erste | |
Generation nach dem Krieg, die haben immer noch diese Einstellung vom | |
‚Sitzen auf gepackten Koffern‘, das Gefühl, sie müssen jeden Moment | |
fluchtbereit sein.“ Bei den jüngeren Generationen sei das weniger | |
ausgeprägt. Der Publizistikstudent will mit der Studierendenunion innerhalb | |
der eher älteren Berliner Gemeinde auch ein Angebot für die jüngere | |
Generation schaffen. Halle, sagt er, schüchtere ihn nicht ein: „Wir sind | |
hier, wir werden bleiben, und wir gehören dazu.“ | |
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber wie kann sie gelingen, ohne | |
dass man sie notfalls mit dem Maschinengewehr verteidigen müsste? | |
Eine Woche nach Halle sitzt Sergey Lagodinsky, Jurist, Publizist, | |
Grünen-Politiker im Europaparlament und eines der prominenteren Gesichter | |
der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, in einem Londoner Hotel und kämpft mit | |
dem miesen Handyempfang. Es knackt und rauscht in der Leitung nach Berlin, | |
aber Lagodinskys Botschaft ist klar: Natürlich, sagt er, verunsichere und | |
erschüttere ein Anschlag wie in Halle (Saale). | |
Ihn selbst habe die Nachricht im Plenum des Europaparlaments in Brüssel | |
erreicht: Lagodinsky war zu spät, sagt er, als der Parlamentspräsident die | |
Sitzung mit einer Schweigeminute für die Opfer von Halle einleitete. „Ich | |
war erst mal baff.“ Dann habe er auf seinem Smartphone schnell die | |
Nachrichtenlage gecheckt, die Familie in Kassel angerufen. | |
## „Bestätigung des politischen Klimas“ | |
Er sei erschüttert gewesen – aber wirklich überrascht, sagt Lagodinsky, | |
habe ihn der Anschlag nicht: „Wir haben eine Gesellschaft, in der sich die | |
Ränder radikalisieren, die sich insgesamt polarisiert.“ Ähnliches sagt Levi | |
Salomon, Gründer des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen | |
Antisemitismus: „Der Anschlag war eine Bestätigung des politischen Klimas.“ | |
Und auch Sigmount A. Königsberg sagt: „Es verwundert mich eher, wenn unser | |
Bundespräsident es ernsthaft ‚unvorstellbar‘ findet – denn dann hat er v… | |
jüdischem Leben hier offenbar keine Ahnung.“ | |
Salomon fuhr am Tag des Anschlags nach Halle, berichtete via Twitter über | |
die Ereignisse: „Die Gesichter der Menschen, die in der Synagoge waren, | |
werde ich nie vergessen.“ | |
Immerhin 16 Prozent der BerlinerInnen (bundesweit: 20) stimmen dem | |
antisemitischen Ressentiment zu, dass „der Einfluss der Juden zu groß“ sei, | |
hatte der unter anderem von der Justizverwaltung geförderte Berlin-Monitor | |
im August erhoben. Überproportional häufig vertraten AfD-AnhängerInnen | |
diese Ansicht. 78 Prozent der Juden und Jüdinnen in Deutschland fanden laut | |
einer Befragung des Expertenkreis Antisemitismus der Bundesregierung 2017, | |
Antisemitismus habe in den letzten fünf Jahren zugenommen. | |
Olaf Scholz (SPD) sagte in der Woche nach dem Attentat, der Anschlag sei | |
„in einem Milieu entstanden, das nicht nur im Netz, sondern auch in | |
Landtagen und im Bundestag Parolen von rechts ruft.“ Und die AfD, befand | |
der Vizekanzler, „sollte nicht so tun, als hätte sie mit alldem nichts zu | |
tun“. | |
## Tätliche Übergriffe werden zahlreicher | |
Und nicht nur antisemitische Ressentiments gedeihen offenkundig, die | |
tätlichen Übergriffe werden ebenfalls zahlreicher. Und ein Großteil von | |
ihnen findet im öffentlichen Raum, auf der Straße, statt. | |
Natürlich, sagt Lagodinsky, müsse man sich nun fragen, wie es sein kann, | |
dass Synagogen wie in Halle nicht automatisch unter Polizeischutz stehen, | |
zumal an hohen jüdischen Feiertagen wie dem 9. Oktober, an Jom Kippur. Doch | |
der Punkt, findet er, sei nicht allein die Polizeipräsenz vor den | |
Institutionen. „Die Frage ist doch, wie wir die Zivilbevölkerung erreichen | |
können, wie wir als Gesellschaft antisemitischen Übergriffen gerade auch im | |
öffentlichen Raum begegnen.“ Es gehe, sagt Lagodinsky, um Zivilcourage. | |
Tatsächlich sind die jüdischen Einrichtungen in Berlin – die Synagogen in | |
der Oranienburger Straße in Mitte und in der Rykestraße in Prenzlauer Berg, | |
das Gemeindehaus in der Fasanenstraße – vergleichsweise gut geschützt. In | |
vielen anderen Bundesländern, wie auch in Halle, haben die Synagogen keinen | |
ständigen Objektschutz vor der Tür oder müssen für den eigenen Schutz | |
selbst aufkommen. | |
In Berlin bezahlt das Land die ObjektschützerInnen, außerdem berät das | |
Landeskriminalamt die Einrichtungen hinsichtlich Sicherheitsvorkehrungen. | |
Auch wenn irgendwo ein Fenster vergittert oder eine Tür verstärkt wird, | |
übernimmt die Landeskasse zumindest anteilig die Kosten. Das regelt ein | |
Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und der Jüdischen Gemeinde, der | |
bereits 1993 geschlossen wurde. | |
## Polizei: knappes Personal | |
Aber eigentlich – Stichworte politisches Klima, Zivilcourage –, soll man | |
die Gitter und starken Türen ja gar nicht brauchen. Mal abgesehen davon, | |
dass die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik bereits die schützende | |
Hand über ihr knappes Personal hält. „Die Rettung wird nicht darin liegen, | |
überall Polizeikräfte aufzustellen“, hatte sie nach Halle gesagt. Und | |
gemahnt: Mittelfristig werde das „auch wirklich nur begrenzt“ gelingen. | |
Die Mittel der Wahl, mit der die Berliner Politik auf die Zivilcourage der | |
Bevölkerung, auf das politische Klima, zielt: ein Landeskonzept | |
Antisemitismus, das insbesondere bei der Prävention ansetzt – in Schulen, | |
bei der Jugendarbeit, bei der Fortbildung von RichterInnen, LehrerInnen, | |
PolizeibeamtInnen. Es gibt einen runden Tisch gegen antisemitische Gewalt, | |
der sich mit Sicherheitsfragen beschäftigt und wo auch der | |
Verfassungsschutz mit von der Partie ist. Es gibt diverse Beauftragte, die | |
sich mit dem Thema befassen. | |
Vor allem Letztere gibt es in Berlin inzwischen im Plural: Seit Mai hat das | |
Land mit dem Politikwissenschaftler Lorenz Korgel einen | |
Antisemitismusbeauftragten – eines der handfesteren Ergebnisse des im | |
Frühjahr beschlossenen Landeskonzepts. Auch die Generalstaatsanwaltschaft | |
hat seit September 2018 mit Claudia Vanoni eine Antisemitismusbeauftragte, | |
die Polizei hat im Sommer eine solche Stelle geschaffen. Die | |
Bildungsverwaltung hat mit Derviş Hızarcı einen | |
Antidiskriminierungsbeauftragten, der sich besonders mit antiisraelisch | |
motiviertem Antisemitismus von muslimischer Seite bestens auskennt. | |
Grünen-Europapolitiker Lagodinsky sieht den wohlmeinenden Aktionismus der | |
Berliner Landespolitik mit gemischten Gefühlen: „Die Zahl der Beauftragten | |
wächst, am Problem ändert sich damit aber noch nicht zwingend etwas. Diese | |
Beauftragten sind vor allem eine Rückversicherung der Politik. Wir brauchen | |
in Berlin aber Strategien.“ | |
## „Das sind kleine Schritte“ | |
Allerdings, sagt er, der runde Tisch und das Landeskonzept wiesen schon in | |
die richtige Richtung: „Das sind kleine Schritte, die man gehen muss.“ | |
Ein Beispiel für so einen kleinen aber wichtigen Schritt ist die Personalie | |
Claudia Vanoni, die Antisemitismusbeauftragte der | |
Generalstaatsanwaltschaft. RichterInnen und StaatsanwältInnen ist oft nicht | |
klar, wie hart sie bei einer antisemitischer Motivlage urteilen können – | |
oder eine Tat aus antisemitischen Beweggründen wird juristisch gar nicht | |
als solche erkannt. | |
Dabei, sagt auch Vanoni, sei Antisemitismus „als menschenverachtender | |
Beweggrund ein wesentlicher strafverschärfender Gesichtspunkt“. | |
Entscheidend sei deshalb, dass „dieses Motiv von Polizei und | |
Staatsanwaltschaft erkannt wird und sich auch die staatsanwaltlichen | |
Ermittlungen darauf erstrecken, damit es letztlich vor Gericht bewiesen | |
werden kann“. Vanoni will erreichen, dass das am runden Tisch ankommt, dass | |
die Staatsanwaltschaften entsprechend geschult werden. | |
Für Königsberg ist die Sensibilisierung der Justiz wesentlich. „Es wirkt | |
schnell unglaubwürdig, wenn sich die Politik nach Anschlägen wie in Halle | |
hinstellt und sagt, man verfolge das mit der ganzen Härte des Gesetzes – | |
und dann fallen die Urteile aber immer wieder sehr milde aus.“ Königsberg | |
meint damit zum Beispiel den Brandanschlag auf eine Synagoge in Wuppertal | |
2014. Das Oberlandesgericht urteilte vor zwei Jahren: ein Anschlag aus | |
Israelhass vor dem Hintergrund des Gaza-Konflikts zu der Zeit. Als | |
Antisemitismus sei das deshalb nicht zu werten. | |
## Überall Antisemitismusbeauftragte | |
„Das ist doch alter Wein in neuen Schläuchen – natürlich wird | |
Antisemitismus da über den Umweg der aktuellen Israelpolitik | |
transportiert“, sagt Königsberg. „Ob Judenhass jetzt von rechts oder von | |
links kommt oder islamistisch motiviert ist – das ist nicht die Debatte“, | |
findet er. „Entscheidend ist, wie Sicherheitsbehörden und Justiz auf | |
jeglichen Antisemitismus reagieren.“ | |
Der runde Tisch der Innenverwaltung soll genau dort ansetzen, er ist eine | |
Reaktion auf jüngste antisemitische Übergriffe in diesem Jahr in Berlin. | |
Die jüdische Gemeinde ist vertreten, die diversen | |
Antisemitismusbeauftragten, der Zentralrat der Juden, auch Chebli, die | |
Staatsekretärin für bürgerschaftliches Engagement, die Polizei, der | |
Verfassungsschutz. Was auffällt: Obwohl einige der jüngsten Übergriffe von | |
arabischstämmigen Menschen begangen wurden, fehlt genau dort das | |
entsprechende Know-how am runden Tisch. | |
Muslimische Verbände oder Projekte wie die Kreuzberger Initiative gegen | |
Antisemitismus, die Präventionsarbeit in Schulen betreibt, sitzen nicht mit | |
am Tisch. Auch Hızarcı, der Antidiskriminierungsexperte der | |
Bildungsverwaltung, der selbst jahrelang bei der Kiga mit muslimischen | |
SchülerInnen gearbeitet hat, fehlt in der Runde. | |
Erst mal soll nun allerdings ein bundesweites Beratungstelefon für | |
Rechtsextremismus kommen, wo man auch anonyme „Hinweise“ entgegennehmen | |
könnte – eine Antwort auf die Erkenntnis, dass der Täter von Halle sich | |
offenbar vor allem „still“ im Internet radikalisiert hat. Den Vorschlag von | |
Polizeipräsidentin Slowik hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) bei einer | |
außerplanmäßigen Sitzung des runden Tischs am Donnerstag aufgegriffen – am | |
Freitag wollte er es seinen KollegInnen auf der Innenministerkonferenz | |
vorstellen. Im Bereich Islamismus habe man damit immerhin „gute | |
Erfahrungen“ gemacht. | |
## Sicherheitsfragen sind das eine | |
Es stimmt zwar, sagt Lagondinsky, man habe „viel zu lange nicht aufmerksam | |
auf die rechte Szene geguckt“. Aber, sagt er: „Auch im migrantischen | |
Kontext haben wir viel zu besprechen.“ Lagodinsky, dessen Familie aus der | |
ehemaligen Sowjetunion stammt, meint damit nicht nur den muslimischen | |
Kontext, „sondern auch zum Beispiel Menschen, die aus Russland zu uns | |
kommen“. | |
Sicherheitsfragen sind das eine. Aber wie verändert man ein politisches | |
Klima, wie verändert man Jahrtausende alte Stereotype in den Köpfen? Wie | |
wird eine Gesellschaft zumindest etwas #unteilbarer? | |
„Die Beschäftigung mit jüdischem Leben, mit der Geschichte, mit dem | |
Nahostkonflikt, muss selbstverständlicher werden“, sagt Lagodinsky. Es | |
müsse sich als Querschnittsthema durch die Gesellschaft ziehen. | |
Meist wird etwas vor allem dann selbstverständlicher, wenn es an | |
entscheidenden Stellschrauben institutionalisiert wird. Zum Beispiel die | |
LehrerInnenausbildung in Berlin, sagt Königsberg. Das Landeskonzept | |
Antisemitismus findet es an der Stelle zwar wichtig, PädogInnen für | |
Diskriminierungen aufgrund antisemitischer Klischees zu sensibilisieren. | |
Auch der politischen Bildung für ein „demokratisches Schulklima“ wird | |
Bedeutung beigemessen. Aber diese „To-do-Liste“ müsse man ja am Ende auch | |
auf dem Schulhof umsetzen können, sagt Königsberg. „Und das lernt man nicht | |
in ein paar Weiterbildungen, so etwas muss schon in der universitären | |
Ausbildung breit stattfinden.“ Königsberg glaubt, dass die Unis sich da | |
nicht gerne reinreden lassen. „Das wird noch ein dickes Brett“, sagt er. | |
## „Jeder Angriff ist verbindend“ | |
Aber eines, das sich lohnt zu bohren: Eine stichprobenhafte Befragung des | |
American Jewish Committee vor zwei Jahren hatte ergeben, dass Berliner | |
LehrerInnen gerade bei dem Thema oft überhaupt nicht wissen, wie sie auf | |
Stereotype reagieren sollen – oder selbst (unbewusst) Vorurteile haben und | |
diskriminieren. Der Nahostkonflikt? | |
Der Berliner Rahmenlehrplan sieht das Thema nicht explizit vor, in der | |
Mittelstufe gibt es in den Fächern Geschichte und Politische Bildung | |
lediglich die sogenannten Kompetenzfelder „Konflikte und Konfliktlösungen“ | |
und „Kriege, Konflikte und Terrorismus“. Da können die LehrerInnen den | |
Israelkonflikt behandeln, sie müssen aber nicht. | |
Kann Halle am Ende auch ein verbindendes Ereignis sein, Herr Lagodinsky? | |
„Jeder Angriff ist verbindend. Ich wünsche mir aber andere | |
Anknüpfungspunkte, die verbinden.“ Jüdische Menschen, sagt er, seien | |
Angriffe gewöhnt, das sei die Realität. Insofern sei Halle eigentlich „kein | |
Einschnitt, sondern ein Tropfen im Glas, das schon ziemlich voll ist“. | |
Der Text ist Teil eines Schwerpunktes in der Printausgabe der taz am | |
wochenende vom 19./20. Oktober 2019 | |
19 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
Anina Ritscher | |
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