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# taz.de -- Bundestagsdebatte nach der Tat von Halle: Warum erst jetzt?
> Innenminister Seehofer verspricht mehr Schutz von jüdischen Einrichtungen
> und erschwert Waffenkäufe. Das ist gut, kommt aber zu spät.
Bild: Horst Seehofer macht derzeit manches richtig, aber nicht alles
CSU-Innenminister Horst Seehofer will als Reaktion auf die
rechtsterroristische Tat von Halle genauso viel Geld für den Kampf gegen
rechtsextreme wie gegen islamistische Gewalt ausgeben. Das klingt gut.
Jüdische Einrichtungen sollen künftig besser geschützt werden. Das ist ein
Fortschritt nach den [1][selbstgefälligen Erklärungen des
CDU-Innenministers] von Sachsen-Anhalt, in Halle sei es doch polizeilich
gut gelaufen. Rechtsextreme sollen nicht einfach so legal Waffen kaufen
können. Und: Hetze und Morddrohungen im Netz sollen besser erfasst und
härter bestraft werden.
All das weist in die richtige Richtung. Diesmal scheint mehr zu passieren
als der übliche Reflex, nach spektakulären Gewalttaten alte politische
Forderungen aus der Schublade zu holen. Auch wenn bei den konkreten
Gesetzen noch zu prüfen ist, ob sie zielgenau sind oder Freiheitsrechte
einschränken.
Aber: Warum erst jetzt? Und warum redet Seehofer nach Halle von einem
Einzeltäter? Das trifft auf Stephan B. zu – ist aber für rechten Terror
keineswegs typisch. Der vermutliche [2][Mörder von Walter Lübcke] war ein
bekannter Rechtsextremist. Die Serientäter des NSU waren [3][einschlägig
bekannte rechte Gewalttäter], die mit der Szene vernetzt waren. Die rechten
Täter, die seit 1990 mehr als 150 Menschen töteten, waren keine einsamen
Computernerds oder Einzeltäter. Dass Seehofer das offenbar nicht recht
bewusst ist, weckt Zweifel daran, dass die Bekenntnisse, diesmal
entschlossen gegen Rechtsterrorismus vorzugehen, mehr sind als ein
situativer Reflex.
Bemerkenswert in der Bundestagsdebatte war die Lesart von
AfD-Fraktionschef Alexander Gauland: Weil die Regierung „kulturfremde
Menschen“ ins Land gelassen habe, gebe es nun eine allgemeine
Radikalisierung. In diesem Bild sind die Flüchtlinge schuld am Rechtsterror
von Halle. Diese Umkehrung ist infam. Und sie siedelt nah an der Vision
militanter Rechtsextremisten, die von einem Rassenkrieg träumen, der in
multikulturellen Gesellschaften unvermeidbar sei. Es gibt in der Tat eine
Radikalisierung – in der AfD.
17 Oct 2019
## LINKS
[1] /Nach-Anschlag-in-Halle/!5629164
[2] /Mordfall-Walter-Luebcke/!5604826
[3] /Rechtsextreme-Gefaehrder/!5630236
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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Schwerpunkt Rechter Terror
Halle
Rechte Gewalt
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