Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Organisationen fordern Lieferkettengesetz: Drei Gründe für mehr R…
> 64 NGOs fordern gemeinsam, dass Unternehmen für
> Menschenrechtsverletzungen bei ihren Zulieferern haftbar gemacht werden.
> Was würde es helfen?
Bild: Moahe ist neun und arbeitet in der Elfenbeinküste bei der Kakaoernte mit
Berlin taz | Frankreich, Großbritannien, die Niederlande haben sie –
Gesetze, nach denen Unternehmen keine Kinderarbeit, keine moderne Sklaverei
zulassen dürfen, Menschenrechte weltweit achten müssen. Und Deutschland?
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt, „die Wirtschaft hat den Menschen
zu dienen und nicht umgekehrt“ – doch sie steuert das wenig.
Zu wenig aus Sicht von 64 Organisationen, darunter das katholische
Hilfswerk Misereor, die Entwicklungsorganisation Oxfam, der Umweltverband
BUND und der Deutsche Gewerkschaftsbund. [1][Diese forderten am Dienstag
gemeinsam ein Lieferkettengesetz.] Damit könnten Unternehmen für
Menschenrechtsverletzungen und Umweltfrevel im Ausland haftbar gemacht
werden. Wie würde das gehen?
Beispiel 1: Der deutsche Chemiekonzern BASF bezieht jedes Jahr Platin im
Wert von rund 600 Millionen Euro aus der Marikana-Mine in Südafrika, um
Abgaskatalysatoren für die deutsche Autoindustrie zu beschichten. [2][Im
August 2012, schon damals war BASF Großkunde, wurden dort 34 Beschäftigte
erschossen], die für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen gestreikt
hatten. Bis heute leben rund 30.000 Arbeiter rund um die Mine ohne Strom,
fließendes Wasser oder Sanitäranlagen. Die Brunnen führten aufgrund des
enormen Wasserverbrauchs beim Platinabbau oft tagelang kein Wasser. Die
Initiative meint: Wäre das Platin mangelhaft, hätte BASF dies „allein aus
Haftungsgründen gegenüber seinen Kunden“ kaum hingenommen. Aber die
Produktionsbedingungen? Die müssten mit einem Lieferkettengesetz „ähnliche
Bedeutung“ bekommen. Was das genau heißt?
## Kinderarbeit im Fokus
Beispiel 2: Kakao für Schokolade kommt zum Großteil aus Westafrika, vor
allem aus der Elfenbeinküste und Ghana. [3][Dort schuften rund zwei
Millionen Kinder], sie schleppen zu schwere Kakaosäcke, versprühen
Pestizide ohne Schutzkleidung, verletzen sich immer wieder, weil sie mit
Macheten arbeiten. Dabei versprachen schon vor knapp zwanzig Jahren Kakao-
und Schokoladenhersteller, bis 2005 „die schlimmsten Formen der
Kinderarbeit zu beenden“. Heute, erklärt die Initiative, strebten die
Schokoladenhersteller nur an, die Kinderarbeit bis 2020 um 70 Prozent zu
reduzieren. Mit einem Lieferkettengesetz müssten Süßwarenhersteller
zunächst klären, wie groß das Risiko ist, dass Kinder für sie arbeiten,
Gegenmaßnahmen ergreifen und darüber berichten, was diese bringen.
Denn: Alle großen Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind oder
Geschäfte tätigen, sollen die Auswirkungen auf Menschenrechte, die Belange
der Beschäftigten und die Umwelt ermitteln, dann gegensteuern und
öffentlich machen, wie gut sie dabei sind. Wenn sie sich weigern, soll es
Bußgelder geben oder den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.
## Bundesregierung fragt lieber freundlich nach
Beispiel 3: Anfang 2019 brach in einer Eisenerzmine nahe der Stadt
Brumadinho im Südosten von Brasilien der Damm eines Rückhaltebeckens für
Bergbauabfälle. Eine giftige Schlammlawine rollte über Teile der Anlage und
benachbarte Siedlungen hinweg. 246 Menschen starben, ein Fluss wurde
verseucht. Kurz vor dem Unglück hatten Mitarbeiter der brasilianischen
Tochter des TÜV Süd die Rückhaltebecken noch geprüft und für sicher
befunden. Im Mai sah es dann ein brasilianisches Gericht als erwiesen an,
dass der TÜV von den Sicherheitsmängeln gewusst, diese jedoch verschleiert
habe, um Verträge mit dem Bergbaukonzern Vale nicht zu gefährden.
Gäbe es das Lieferkettengesetz, müsste TÜV Süd dafür sorgen, dass sein
brasilianisches Tochterunternehmen Sorgfaltspflichten einhält. Und falls
nicht, könnten Betroffene eine Zivilklage gegen TÜV Süd in Deutschland
einreichen.
Die Bundesregierung scheut sich allerdings vor verbindlichen Vorgaben.
[4][Sie lässt derzeit 1.800 Unternehmen befragen, wie gut sie bereits auf
menschenwürdige Arbeitsbedingungen achten.] Erst wenn die Umfrage ergibt,
dass mehr als die Hälfte der Firmen dabei Mängel haben, sollen weitere
Schritte geprüft werden.
11 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/lieferkettengesetz
[2] https://www.brot-fuer-die-welt.de/themen/dossier-wirtschaft-und-menschenrec…
[3] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0217230
[4] https://www.bmz.de/de/themen/lieferketten/index.html
## AUTOREN
Hanna Gersmann
## TAGS
Menschenrechte
Lieferketten
Regulierung
Konzernverantwortung
Lieferketten
Lieferketten
Staudamm
Uno
Tee
nachhaltige Kleidung
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Kaffee
Brasilien
Menschenrechte
## ARTIKEL ZUM THEMA
Globale Lieferketten: Gesetz für mehr Fairness
Die Minister Gerd Müller und Hubertus Heil wollen Firmen verpflichten,
Menschenrechte in ausländischen Zuliefererfabriken zu schützen.
Arbeitsbedingungen bei Zulieferern: Firmen für Lieferketten-Gesetz
42 Unternehmen plädieren für höhere Arbeits- und Umweltstandards in
Zulieferfabriken. Und es sind nicht nur kleine Fairtrade-Händler dabei.
Nach Dammbruch in Brasilien: Anzeige gegen TÜV-Manager
Nach der Katastrophe in einer brasilianischen Mine gehen Betroffene jetzt
gegen den TÜV vor. Dieser hatte die Sicherheit des Staudamms bescheinigt.
Bessere Normen für Unternehmen: Deutschland bremst Menschenrechte
Die UNO will, dass Unternehmen Menschenrechte einhalten. Weil sich die
Bundesregierung nicht beteiligen will, werfen ihr NGOs Blockade vor.
Ausbeutung auf Tee-Plantagen: Mehr Leid als Lohn
Deutsche Tee-Unternehmen beuten Arbeiter*innen in Indien aus. Die
Bundesregierung sträubt sich gegen gesetzliche Kontrollen.
Entwicklungsminister über faire Kleidung: „Raus aus der Nische“
Mit einem Textilsiegel will Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) die
Produktionsbedingungen verbessern. Das würde nicht zu höheren Preisen
führen.
Bergbaukrise im Kongo: Weltgrößte Kobaltmine schließt
Ein Fünftel des Kobalts der Welt kommt aus Mutanda in der Demokratischen
Republik Kongo. Jetzt will Glencore die Mine dichtmachen.
Steigender Umsatz von fairen Produkten: Wie fair ist fair?
Der Umsatz von fair gehandelten Produkten in Deutschland steigt jedes Jahr.
Das sorgt aber noch lange nicht für bessere Bedingungen der Kleinbauern.
Verheerender Dammbruch in Brasilien: Geld für Opferfamilien
Der Bergbaukonzern Vale einigt sich mit der Justiz auf eine Entschädigung
für Hinterbliebene. Außerdem zahlt er für Umweltschäden und Wiederaufbau.
Arbeitsbedingungen bei Zulieferern: Gute Firmen, schlechte Firmen
Künftig müssen deutsche Unternehmen nachweisen, dass Lieferanten aus dem
Ausland Menschenrechte einhalten. Wie das kontrolliert wird, ist aber
unklar.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.