| # taz.de -- Ausbeutung auf Tee-Plantagen: Mehr Leid als Lohn | |
| > Deutsche Tee-Unternehmen beuten Arbeiter*innen in Indien aus. Die | |
| > Bundesregierung sträubt sich gegen gesetzliche Kontrollen. | |
| Bild: 45 Prozent der Teeplücker*innen leiden unter Krankheiten und haben keine… | |
| Deutsche Tee-Unternehmen wie beispielsweise die Ostfriesische | |
| Teegesellschaft (OTG) und Teekanne oder deutsche Supermärkte wie Aldi, | |
| Edeka, Lidl oder Rewe nehmen Menschenrechtsverletzungen wie Hungerslöhne | |
| und schlechte Arbeitsbedingungen in ihren Lieferketten in Kauf. Das zeigt | |
| die am Donnerstag veröffentlichte Studie der internationalen Nothilfe- und | |
| Entwicklungsorganisation Oxfam zu Ausbeutung auf Teeplantagen im indischen | |
| Bundesstaat Assam, der größten teeproduzierenden Region Indiens. | |
| 56 Prozent der insgesamt 510 befragten Arbeiter*innen haben nicht | |
| ausreichend zu essen, mehr als ein Viertel nimmt pro Tag weniger als 1.800 | |
| Kilokalorien zu sich und leidet damit unter Hunger. „Bei einer Packung | |
| Markenschwarztee für 3 Euro gehen nur circa 4 Cent an die Menschen, die den | |
| Tee gepflückt haben. Dass so eine Produktion zu menschenwürdigen | |
| Arbeits-und Lebensbedingungen nicht möglich ist, liegt auf der Hand“, so | |
| Barbara Sennholz-Weinhardt, Oxfam-Expertin für Wirtschaft und | |
| Globalisierung und Autorin der Studie. | |
| Weiter leiden laut Umfrage etwa 45 Prozent der befragten Arbeiter*innen | |
| unter Krankheiten wie Gelbsucht, Cholera und Typhus, da sie keinen Zugang | |
| zu sauberem Trinkwasser haben. Durch den Mangel an Schutzkleidung beim | |
| Tee-Pflücken sind die Arbeiter*innen giftigen Pestiziden ausgesetzt. „51 | |
| Prozent der Befragten klagen über Augenreizungen, Atemwegserkrankungen und | |
| allergischen Reaktionen, die durch Pestizide verursacht werden können“, so | |
| die Studie. | |
| ## Lieferkettengesetz: Unternehmen zur Rechenschaft ziehen | |
| Oxfam gehört zu insgesamt 64 NGOs, die ein sogenanntes | |
| [1][„Lieferkettengesetz“] fordern. In Frankreich, Großbritannien und den | |
| Niederlanden gibt es eine solche Regelung bereits. Mit dieser könnten | |
| Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen bei Zulieferern zur Rechenschaft | |
| gezogen werden. | |
| Mit einem Lieferkettengesetz müssen Unternehmen, die | |
| Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in ihrer Lieferkette in Kauf | |
| nehmen, haften. Außerdem können Menschen, die zu Schaden kommen, | |
| Unternehmen zur Rechenschaft ziehen. „Nur so können sich Unternehmen ihrer | |
| menschenrechtlichen Verantwortung nicht mehr entziehen und Schäden an | |
| Mensch und Umwelt nicht länger in Kauf nehmen“, so Johanna Kusch, | |
| Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz. | |
| Kauft man eine Packung Tee in einem deutschen Supermarkt, lassen sich | |
| derzeit die Produktionsbedingungen schwer nachvollziehen. Bislang werden | |
| Konsument*innen nur durch Zertifizierungen wie die der Organisation UTZ | |
| Rainforest Alliance auf vermeintliche moralische Vertretbarkeit einzelner | |
| Produkte hingewiesen. Laut Recherchen von Oxfam kommt es jedoch sogar auf | |
| zertifizierten Plantagen zu Rechtsverletzungen. „Unternehmen und | |
| Zertifizierungsfirmen kennen die Probleme schon lange und lösen sie nicht. | |
| Abwarten und Tee trinken ist aber keine Option, wenn man weiß, dass | |
| Menschen für unseren Tee hungern müssen“, sagt Sennholz-Weinhardt. | |
| ## Befragungen anstatt konkrete Gesetze | |
| Die Bundesregierung scheut sich bislang davor, deutsche Unternehmen zu | |
| verbindlichen Vorgaben zu verpflichten. In Deutschland gibt es mit dem 2017 | |
| beschlossenen „nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien“ | |
| bislang nur eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen. Aktuell | |
| werden etwa 7.000 deutsche Unternehmen zu ihren ethischen Standards | |
| befragt. Auf der Seite des Bundesministeriums für wirtschaftliche | |
| Zusammenarbeit und Entwicklung heißt es: „Die Firmen sind aufgerufen, | |
| detailliert darzulegen, wie sie Menschenrechte und Sozialstandards in ihren | |
| Lieferketten einhalten.“ | |
| Laut Koalitionsvertrag soll bis 2020 geprüft werden, ob ein | |
| Lieferkettengesetz, wie es von Menschenrechtler*innen gefordert wird, nötig | |
| ist. Die Entscheidung, ob die Verantwortung von Unternehmen zukünftig | |
| gesetzlich geregelt werden soll, will die Regierung von den Antworten der | |
| Umfrage abhängig machen. Erst wenn diese ergibt, dass mehr als die Hälfte | |
| der befragten Unternehmen Mängel aufweisen, sollen weitere Schritte, wie | |
| die Einführung eines Lieferkettengesetzes geprüft werden. | |
| 10 Oct 2019 | |
| ## LINKS | |
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| ## AUTOREN | |
| Leonie Asendorpf | |
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