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# taz.de -- Berliner Mietendeckel: Linke linkt SPD
> Der erste Entwurf des Berliner Mietendeckels geht weit über die
> ursprünglichen Vorschläge der SPD hinaus. Die Opposition tobt.
Bild: Uff, damit hatte Lompscher nicht gerechnet: Am Samstag wurde ihr Mietende…
Berlin taz | Im vergangenen Winter schien es, als habe die Berliner SPD
eine geniale Idee gefunden, um ihren Koalitionspartner von der Linken in
der Wohnungspolitik auszukontern. Drei prominente Sozialdemokraten,
darunter die Bundestagsabgeordnete Eva Högl, schlugen einen landeseigenen
Mietendeckel vor. Die in der Hauptstadt seit Jahren steigenden Mieten
sollten fünf Jahre lang eingefroren werden. Nebeneffekt: Der Initiative
Deutsche Wohnen & Co. enteignen, die von der Linken unterstützt wird und
alle großen Immobilienunternehmen in Berlin enteignen will, wäre der Wind
aus den Segeln genommen worden.
Seit dem vergangenen Wochenende ist klar, dass die Mietendeckel-Idee nicht
ohne Weiteres wie erhofft aufs Konto der SPD einzahlen wird. Im Juni hatte
der Senat erste Eckpunkte verabschiedet, mit dem Entwurf des Gesetzes war
die linke Stadtentwticklungssenatorin Katrin Lompscher betraut. Am Samstag
veröffentlichte der [1][Tagesspiegel ] einen ersten Entwurf, der weit über
das hinausgeht, was die SPD geplant hatte. So sollen Höchstmieten für alle
Gebäude je nach Errichtungsjahr gelten. Die höchste zulässige Kaltmiete für
zwischen 1991 und 2013 erbaute Wohnungen liegt bei 7,97 Euro pro
Quadratmeter. Hinzu kommen geringe Modernisierungszuschläge für
Wärmedämmung oder Aufzüge. [2][Neubauten sind ausgenommen.]
Damit würde erstmals ein Gesetz beschlossen, mit dem hohe Mieten wieder
gesenkt werden können. Bei allen bisherigen Überlegungen, auch zur
Mietpreisbremse auf Bundesebene, war es stets nur darum gegangen, Mieten
nicht weiter steigen zu lassen. Die Immobilienlobby konnte daher etwa in
den Verhandlungen um die bundesweite Mietpreisbremse stets auf eine
Verzögerungstaktik setzen: War der jeweiligen Novelle der entscheidende
Zahn gezogen, konnten die bis zur nächsten Gesetzeskorrektur erfolgten
Mietsteigerungen nie wieder rückgängig gemacht werden. Lompscher betritt
mit ihrer Idee einer Mietensenkung ebenso juristisches Neuland wie mit dem
Mietendeckel als solchem.
In der Berliner Politik hat Lompschers Entwurf Frontstellungen
wiederbelebt, die in langen Jahren pragmatischen Regierens vergraben
geblieben waren. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja kündigte an, „jegliche
Mittel auszuschöpfen, um die Sozialismusfantasien des Senats zu beenden“.
Dazu gehöre „selbstverständlich auch eine Normenkontrollklage vor dem
Verfassungsgericht“. [3][Am Sonntag twitterte er:] „Die Linke brennt die
Stadt nieder.“ Der Mietrechtsexperte der Unionsfraktion im Bundestag,
Jan-Marco Luczak, sagte: „Ich hoffe, dass die SPD mit ihrem Regierenden
Bürgermeister Michael Müller noch einen Rest an Verstand und Führungsstärke
aufbringt, um die Pläne der Senatorin zu stoppen.“
## Zurückhaltende Reaktionen
Die Sozialdemokraten, die mit dem Mietendeckel reüssieren wollten, könnten
nun allzu große Erwartungen an ihn stoppen. In diese Richtung äußerte sich
Lompschers Amtsvorgänger Andreas Geisel, heute Innensenator und
stellvertretender SPD-Landesvorsitzender: „Nicht der radikalste Vorschlag
ist der beste, sondern der wirksamste. Wir brauchen einen Mietendeckel, der
den Mieterinnen und Mietern schnell und rechtssicher hilft.“ Julian Zado,
ebenfalls SPD-Landesvize und einer der drei Erfinder des Mietendeckels,
twitterte vorsichtig: „Finde die Ideen von Katrin Lompscher spannend, habe
aber noch Fragen dazu.“
Auch die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Katrin Schmidberger,
äußerte sich zurückhaltend: „Die Herausforderung ist: Der Mietendeckel muss
rechtssicher, fair, sozial und praktikabel sein. Und wie das geht, beraten
wir gerade.“
Am Montag gaben die Aktienkurse von Vonovia um 2,3 Prozent nach, die der
Deutschen Wohnen zeitweilig sogar um 5 Prozent. Laut dpa würden die Pläne
Vonovia mit 20 bis 25 Millionen Euro im Jahr belasten. Eine Sprecherin der
Deutschen Wohnen sprach von einem „Frontalangriff auf den Rechtsstaat“.
Katrin Lompscher wollte den geleakten Entwurf am Montag nicht kommentieren.
Es handele sich um einen „Vorbereitungsstand für einen Referentenentwurf“,
der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Am 15. Oktober will
der Berliner Senat das Gesetz beschließen, im Januar 2020 soll es in Kraft
treten.
26 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/radikale-einschnitte-in-den-wohnungsmark…
[2] /Mietendeckel-in-Berlin/!5606028
[3] https://twitter.com/SebCzaja/status/1165626214280826880
## AUTOREN
Martin Reeh
## TAGS
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