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# taz.de -- Aktivist über Kreuzfahrt-Protestaktionen: „Den Wahnsinn klarmach…
> Drei Kreuzfahrtschiffe liegen am Wochenende in Kiel. Dagegen regt sich
> Protest: Ein kreuzfahrtkritisches Bündnis möchte mit Passagieren
> sprechen.
Bild: Ausgebeutetes Personal, versaute Umwelt: In Kiel formiert sich Protest ge…
taz: Herr Zimmermann, die Kieler Initiative „Kreuzfahrt nirgendwo“ plant am
Samstag eine Demonstration – offiziell und angemeldet. Mitte Juni kam es
dort schon mal zu einer nicht angemeldeten Blockade-Aktion: Mehrere Stunden
lang wurde das Auslaufen eines Kreuzfahrtschiffes verhindert, die
Aufmerksamkeit war hoch, und das sogar bundesweit. Warum der
Strategiewechsel?
Florian Zimmermann: Hinter der Blockade stand die Gruppe „Smash
cruiseshit“. Unsere Initiative hält so eine Form des Protestes für wichtig,
um Aufmerksamkeit zu erzielen, aber wir waren nicht an der Aktion
beteiligt. Daher ist die angemeldete Demo kein Strategiewechsel, eher eine
Weiterentwicklung.
Inwiefern?
Bisher haben wir örtlich begrenzte Kundgebungen gemacht und die Touristen
direkt angesprochen. Jetzt planen wir einen Umzug vom Hauptbahnhof über
zwei Reisebüros bis zum Kai. Zudem haben wir ein größeres Bündnis
geschlossen und demonstrieren gemeinsam mit dem Nabu Kiel, BUND
Schleswig-Holstein, Greenpeace Kiel und TKKG, der Turboklimakampfgruppe.
Wir sind viele, und das freut uns natürlich.
Am Samstag liegen drei Schiffe im Hafen, rund 25.000 Personen werden aus-
und einsteigen. Selbst wenn es gut läuft, dürfte der Protest dagegen
zahlenmäßig mickrig aussehen.
Ja, das ist eine wirklich hohe Zahl. Aber eben das finden wir passend. Auf
diese Weise können wir viele Menschen erreichen und den Wahnsinn
klarmachen, für den dieser Massentourismus steht.
Wen wollen Sie mit der Demo ansprechen?
Das Ziel ist wie bei den früheren Kundgebungen, mit den Passagieren ins
Gespräch zu kommen und darüber hinaus möglichst breit zu informieren,
welche Probleme Kreuzfahrten verursachen. Es geht um den Umweltaspekt, aber
auch um die sozialen Aspekte für die Beschäftigten. Außerdem kritisieren
wir die Steuervermeidung, die die Kreuzfahrtkonzerne betreiben.
Woran machen Sie die fest?
Die Kreuzfahrtunternehmen zahlen fast keine Steuern, beuten ihre
Beschäftigten aus und schädigen die Umwelt. Der neueste Hammer ist, dass
Betriebe demnächst von der Energie-Umlage befreit werden, wenn sie
Landstrom nutzen. Damit werden sie mit der Bahn gleichgestellt, die wir für
die Verkehrswende dringend brauchen. Aber bei Kreuzfahrten geht es nicht um
notwendige Mobilität, sondern um Freizeitvergnügen auf Kosten der Umwelt.
Apropos Landstrom. Kiel hat sich selbst zum Klimanotstandsgebiet erklärt,
die Politik verweist unter anderem auf die Versorgung von
Kreuzfahrtschiffen mit Landstrom, um Emissionen zu senken. Ein richtiger
Schritt?
Nur auf den ersten Blick. Die Stadt – und Oberbürgermeister Ulf Kämpfer
vorneweg – versuchen, Landstrom zum Allheilmittel zu erklären. Aber selbst
wenn die Schiffe im Hafen weniger Feinstaub ausstoßen, bleibt die Belastung
auf See. Zudem ist fraglich, ob die Schiffe diesen Strom abnehmen. Bisher
gibt es dazu nur vage Absichtserklärungen auf freiwilliger Basis. Ebenso
kritisch sehen wir das Thema Flüssiggas (LNG). Zwar verbrennt es sauberer,
aber seine Gesamtbilanz ist schlechter als andere Energieformen. Vor allem
besteht es überwiegend aus Methan, das als Treibhausgas noch
klimaschädlicher ist als CO2.
Laut einer [1][Studie des Kieler Tourismusmarketings] sehen nur wenige
KielerInnen das Thema Kreuzfahrt kritisch. Wie erleben Sie das?
Ich kenne die Studie. Dort bejaht eine Mehrheit zwar Tourismus, sieht aber
Kreuzfahrten durchaus skeptisch. So eindeutig ist es also nicht. Zudem
haben die Reedereien in Zusammenarbeit mit der Stadt immer die
vermeintlichen Vorteile betont, Fotos schöner weißer Schiffe gezeigt und
die negativen Aspekte weggelassen. Durch die Proteste, die ein Augenmerk
auf die Probleme lenken, wird sich die Meinung ändern.
Gäbe es eine Alternative zu den heutigen Kreuzfahrten, die für Sie okay
wäre? Etwa mit Segelschiffen?
Solche Reisen gibt es schon, aber viele sind extrem teuer. Eine Reiseform
für Reiche kann nicht das Ziel sein. Wir sind gegen einen Tourismus, der
auf Steuervermeidung und Ausbeutung von Mensch und Natur basiert.
12 Jul 2019
## LINKS
[1] https://www.kiel-marketing.de/downloads/studien-gutachten.html
## AUTOREN
Esther Geißlinger
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