| # taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Bremen: Wie rot wird Rot-Grün-Rot? | |
| > In Bremen könnte sich erstmals im Westen die Linkspartei an einer | |
| > Koalition beteiligen. Die VerhandlerInnen haben nun Zwischenbilanz | |
| > gezogen. | |
| Bild: Carsten Sieling (SPD), Maike Schaefer (M., Bündnis90/Die Grünen) und Kr… | |
| Bremen taz | Rot-Grün-Rot – wie geht das im Westen? Das ist die Brille, | |
| durch die bundesweite Aufmerksamkeit entstanden ist für [1][die ersten | |
| Koalitionsverhandlungen in dieser Konstellation], die derzeit in Bremen | |
| geführt werden. Am Dienstagabend haben die VerhandlerInnen von SPD, Grünen | |
| und Linkspartei erstmals über den Stand ihrer Koalitionsverhandlungen | |
| berichtet – und nach einer halbe Stunde lang Nachfragen abgewehrt mit dem | |
| Hinweis, sie hätten noch wichtige Themen auf ihrer Tagesordnung. | |
| Zwar ging es bei den Verhandlungen nicht um die Finanzierbarkeit, aber so | |
| viel ist schon deutlich geworden: Dass die Linke wird sich von ihrer | |
| jahrelangen Polemik gegen die „Schuldenbremse“ verabschieden, um | |
| mitzuregieren. Zwischen Rot-Grün und Rot-Grün-Rot wird es ein großes Maß an | |
| Kontinuität geben. Für das hoch verschuldete Bundesland läuft gerade eine | |
| Phase von 12 Jahren Sanierung der Staatsfinanzen unter dem Druck des Bundes | |
| und der anderen Länder aus. | |
| Die größte Summe, die jetzt für die nächsten vier Jahre zur Diskussion | |
| stand, war eine 180 Millionen Euro schwere Rücklage für den Bau eines | |
| Offshore-Windenergieterminals in [2][Bremerhaven] (OTB). Die Gerichte | |
| hatten auf die Klage des Naturschutz-Bundes hin das Projekt auf Eis gelegt, | |
| weil nach Ansicht der Richter der geringe nachgewiesene Bedarf die | |
| Eingriffe in die Natur nicht rechtfertigen könne. Mit Siemens hat die | |
| Offshore-Wirtschaft sich inzwischen ohnehin nach Cuxhaven orientiert. | |
| Für die Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) waren diese 180 | |
| Millionen immer eine heimliche Spardose. Nun soll sie geöffnet werden für | |
| andere Investitionsvorhaben in Bremerhaven: Für verbliebenen | |
| Offshore-Firmen soll ein anderes Terminal hergerichtet werden. Und | |
| ökologisch profilierte Wirtschaftsförderung soll finanziert werden. Ganz | |
| aufgeben will die Bremer SPD die Idee nicht – so viel Wahrheit wollte sie | |
| den Bremerhavener Genossen nicht zumuten und es könnte ja auch sein, dass | |
| die Bundesregierung irgendwann ihre Ausbauziele für die Offshore-Energie | |
| wieder nach oben setzt und dadurch größerer Hafen-Bedarf entsteht. | |
| ## Radverkehr soll gefördert werden | |
| Bei der [3][Verkehrspolitik] setzen die Koalitionäre ebenfalls auf | |
| Kontinuität – „Autofreie Innenstadt 2030“ ist die Parole, unter sich alle | |
| einigen konnten. Bis dahin ist noch viel Zeit, man will aber einige | |
| Maßnahmen in diese Perspektive stellen. Die seit Jahren nicht ausgelastete | |
| teilweise vierspurige Martinistraße, die die Innenstadt von der Weser | |
| abschneidet, soll „zurückgebaut“ werden, das ist keine neue Idee. | |
| Auch die Ankündigung der Schließung des Autobahnringes ist nicht neu. | |
| Weiter gefördert werden soll der Radverkehrs: War die Überquerung der | |
| Weser, die Bremen in zwei Teile trennt, bisher nur auf Autostraßen möglich, | |
| sollen drei Weser-Radbrücken entstehen. Zudem sollen ampelfreie | |
| „Premium-Routen“ für die schnellen Radfahrer eingerichtet werden. | |
| Das größere Gewicht der Grünen in der Koalition wird bei diesem Programm | |
| vielleicht mehr Umsetzungsdruck machen. Eine Förderung der E-Roller, die in | |
| Zukunft die Innenstädte vom Autoverkehr zu entlasten versprechen, waren | |
| nicht Thema bei den Verhandlungen – der ausgeschiedene grüne Senator | |
| Joachim Lohse (Grüne) hatte in der bundesweiten Diskussion zu den | |
| Bedenkenträgern gegenüber diesem neuen Mobilitäts-Angebot gehört. | |
| ## Keine neuen Polizeigesetze | |
| Das Thema Bildung haben die neuen Koalitionäre erst Ende der Woche auf der | |
| Tagesordnung, bei der Polizei haben sie sich schon festgelegt: Aufstockung | |
| der Zahl der Polizeibeamten, aber keine neuen Befugnisse in | |
| Polizeigesetzen. In einem Versammlungsfreiheitgesetz sollen die neuen | |
| kommunalen Kompetenzen gestaltet werden. Mehr Kontaktbereichsbeamte sollen | |
| das Sicherheitsgefühl in den Stadtteilen stärken. | |
| Ein Anliegen der Linken, mit dem die Linkspartei sich profilieren kann, das | |
| die SPD aber gern erfüllt, waren arbeitsmarktpolitischen Initiativen, bei | |
| denen sich die Koalitionäre auf „Prüfaufträge“ geeinigt haben: Die | |
| Integration von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt soll gefördert, die | |
| Gleichheit des Lohnes für Frauen tarifpolitisch gestärkt werden. Mit einer | |
| „Ausbildungsumlage“ könnten Betriebe motiviert werden, Azubis einzustellen, | |
| die aufgrund mangelnder Qualifikation oder Deutsch-Kenntnisse schlechte | |
| Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben. | |
| Ein kleines Bonbon gibt es für alle: Der Öffentliche Nahverkehr soll die | |
| Preise familien- und jugendfreundlicher gestalten, Schüler sollen nur noch | |
| 25 Euro für das Monats-Ticket bezahlen. Aus der Forderung der Linken, den | |
| ÖPNV kostenlos zu machen, wurde nur ein „Prüfauftrag“. | |
| 26 Jun 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Koalitionsverhandlungen-in-Bremen/!5601939 | |
| [2] /Bremer-Buergerschaftswahl/!5595262 | |
| [3] /Bremer-Idee-zum-oeffentlichen-Nahverkehr/!5595372 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
| ## TAGS | |
| Bremen | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| Öffentlicher Nahverkehr | |
| Bildung in Bremen | |
| Polizei Bremen | |
| Rot-Grün-Rot | |
| Ausbildungsplätze | |
| Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023 | |
| E-Roller | |
| SPD Bremen | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| Schwerpunkt Fridays For Future | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Probleme auf Bremer Ausbildungsmarkt: Neuer Pakt für mehr Azubis | |
| Mit einer Kommission aus Kammern und Senat will Bremens | |
| Wirtschaftssenatorin vor allem schlechten Schulabsolvent*innen zu einer | |
| Ausbildung verhelfen. | |
| Kommentar Rot-Grün-Rot in Bremen: Mehr Plan als Mut | |
| In disziplinierten Verhandlungen haben SPD, Grüne und Linke in Bremen einen | |
| Koalitionsvertrag verfasst. Viel verspricht der aber nicht. | |
| E-Roller in deutschen Großstädten: Ab durch den Feinstaubhorror | |
| Elegant, lautlos, staubfrei – so hat unser Autor die E-Roller in Tel Aviv | |
| lieben gelernt. An Berliner Tücken scheitert der Fahrspaß jedoch schnell. | |
| SPD in Bremen: Sozis drehen am Personalkarussell | |
| Andreas Bovenschulte wird mit 91 Prozent der Stimmen neuer | |
| SPD-Fraktionschef. Um die Besetzung der Vize-Posten wird weiter gerungen. | |
| Koalitionsverhandlungen in Bremen: Sieben Forderungen fürs Klima | |
| Einen Forderungskatalog zum Klima- und Umweltschutz haben Bremer Verbände | |
| und Initiativen für die nächsten Koalitionsverhandlungen aufgestellt. | |
| Klimaschutz in Bremen: Nachhilfe für die neue Koalition | |
| Am Abend vor Beginn der Koalitionsverhandlungen in Bremen hat „Fridays for | |
| Future“ die Politiker*innen zu einer Nachhilfestunde in Klimakunde gebeten. |