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# taz.de -- Klimaschutz in Bremen: Nachhilfe für die neue Koalition
> Am Abend vor Beginn der Koalitionsverhandlungen in Bremen hat „Fridays
> for Future“ die Politiker*innen zu einer Nachhilfestunde in Klimakunde
> gebeten.
Bild: „Fridays for Future“ mit Klimanachhilfe am Dienstag
Bremen taz | Fröhlich zieht die elegant gekleidete Kolonne der
Politiker*innen am Ufer der kleinen Weser entlang und versperrt den Radweg.
Ihr Ziel: das Rote-Kreuz-Krankenhaus. Am Mittwochmorgen haben in dessen
Kultursaal die Koalitionsverhandlungen begonnen.
Mehr als die Hälfte ihrer Teilnehmer*innen hatte bereits zwölf Stunden
zuvor im Überseemuseum in der „verpflichtenden Nachhilfestunde“
zusammengesessen. Angeordnet von den „Fridays for Future“ Bremen, der Saal
– rappelvoll. Die ersten drei Reihen sind für die geladenen Politiker*innen
von SPD, Grünen und Linken reserviert, an jedem Stuhl klebt ein Zettel,
fast alle sind besetzt.
Das Programm: Neben eindringlichen Poetry-Slam-Beiträgen bekommt die
Wissenschaft das Wort, Alfred Schumm vom WWF, davor Bernhard Stoevesandt
vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme. „Das wird keine
Gute-Laune-Veranstaltung“, warnt der gleich zu Beginn. Über dem Ganzen
hängt das Skelett eines Zwergwals.
„Je mehr ich mich informiert und gelesen habe, desto frustrierender ist
es“, sagt Stoevesandt. Anhand von Graphen und Datentabellen stellt er
verschiedene Szenarien des Klimawandels vor. Dabei beruft er sich vor allem
auf den „Sonderbericht 1,5 Grad globale Erwärmung“ des Weltklimarats (IPCC)
von 2018. Darin wird ein 1,5-Grad-Ziel weiterhin für realistisch
betrachtet, vorausgesetzt, es werden sehr schnell Maßnahmen zur Reduktion
von Treibhausgasemissionen und dem Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre
getroffen.
Es gehe nicht mehr um die Frage, ob man wegen der Hitze im Sommer bald
nicht mehr so gut schlafen könne, sondern darum, dass es für Menschen mit
schlechtem Kreislauf schwierig werde, die Hitzeperioden zu überleben, so
Stoevesandt. Ganz zu schweigen von den Regionen auf dem Planeten, die wegen
Temperaturen von über 50 Grad Celsius schlicht unbewohnbar werden.
Die Aussichten auf eine 1,5 Grad wärmere Welt sind noch ein Stück bitterer
als Bremens Finanzen. „Es kann nicht sein, dass der Klimaschutz an der
Haushaltslage eines Bundeslands scheitert“, sagt Kristina Vogt,
Spitzenkandidatin der Linken denn auch am selben Abend.
Der Druck, sich über solche Grundfragen zu einigen, scheint zu wirken:
„Wenn das so weiter geht, haben wir kurze Sitzungen“, resümierte am
Nachmittag Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) Tag eins der
Koalitionsverhandlungen, an dem es ums Finanztableau ging, „weil wir ein
gemeinsames Grundverständnis haben“.
Das tut zumal beim Klima-Thema not. Während Stoevesandt im Überseemuseum
die Hintergründe der Krise aufzeigte, setzte WWF-Mann Schumm als
Nachhilfelehrer auf ganz konkrete Handlungsanweisungen: Den Politiker*innen
trug er auf, Wochenmärkte zu fördern und Fahrradstellplätze zu schaffen und
bei der Hafenwirtschaft lokale Sichtweisen endlich den nationalen
unterzuordnen. „Setzen Sie den Rahmen und warten Sie nicht, was Ihnen die
Wirtschaft sagt!“, fordert er. Mit 37 Prozent liege die Industrie bei
Treibhausemissionen auf dem ersten Platz.
Am Abend war Schaefer jedenfalls noch optimistisch aus der Nachhilfestunde
gegangen: Die Forderungen der Wissenschaft passen zur Parteilinie. Ihre
wichtigste Erkenntnis: „Je länger wir warten, desto drastischer müssen die
Maßnahmen sein, das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.“ Am
Samstag gibt’s deshalb eine Expertenanhörung zum Thema Klimaschutz. Nur für
die Verhandler*innen.
13 Jun 2019
## AUTOREN
Teresa Wolny
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