# taz.de -- Koalitionsvertrag in Bremen: Senator für Pflege gesucht | |
> Gewerkschaften, Arbeitnehmerkammer und Verbände in Bremen sind enttäuscht | |
> darüber, dass beim Thema „Pflege“ an den Ressorts nicht gerüttelt wird. | |
Bild: Für die Altenpflege ist das Sozial-, für die Krankenpflege das Gesundhe… | |
BREMEN taz | Die Bündelung der Bereiche Gesundheit und Pflege in einem | |
Ressort fordern die Arbeitnehmerkammer, die Gewerkschaft Ver.di und der DGB | |
von der künftigen Bremer Regierung, ebenso wie die Angehörigen-Initiative | |
„Heim-Mitwirkung“ sowie der Pflegeschutzbund „Biva“. Die | |
Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände (LAG) verlangt | |
sogar ein gemeinsames Ressort Gesundheit und Soziales. | |
Die Gründe: Das immer drängender werdende Thema Pflege und die künftige | |
gemeinsame Ausbildung von Alten- und KrankenpflegerInnen. Bisher sind zwei | |
Ressorts für die Bereiche Alten- und Krankenpflege zuständig, für den einen | |
das Sozial-, für den anderen das Gesundheitsressort – und so wird es trotz | |
der Forderungen wahrscheinlich auch bleiben. Zumindest sendet die künftige | |
Koalition keine gegenteiligen Signale aus. | |
Die DGB-Regionsvorsitzende Annette Düring hat die Hoffnung dennoch nicht | |
aufgegeben: „Noch sind die SenatorInnen ja nicht bestellt“, sagt sie. | |
Eigentlich, sagt sie, bräuchte es einen Beauftragten in Bremen | |
ausschließlich für das Thema Pflege: „Dafür gibt es genug zu tun.“ Das | |
scheint Rot-Grün-Rot allerdings auch erkannt zu haben, denn die Pläne im | |
Koalitionsvertrag findet Düring „von der Richtung her okay“. | |
## DGB fordert einen Pflege-Beauftragten | |
So heißt es dort unter anderem, dass in der stationären Altenpflege die | |
Arbeitsbedingungen durch bessere Bezahlung und höhere Personalausstattung | |
verbessert, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen für | |
eine flächendeckende Tarifbindung unterstützt, die Wohn- und | |
Betreuungsaufsicht personell verstärkt und die Heimbeiräte gestärkt werden | |
sollen. Durch den Ausbau von Tages- und Nachtpflegeplätzen sollen außerdem | |
Angehörige entlastet und durch die Verdopplung von Ausbildungskapazitäten | |
soll dem Pflege-Fachkräftemangel begegnet werden. | |
Auch LAG-Vorstandssprecher Arnold Knigge findet durchaus lobende Wort zu | |
den Vorsätzen der künftigen Landesregierung: „Die inhaltlichen Aussagen zur | |
Pflege können wir gut nachvollziehen, dort stehen wichtige und richtige | |
Dinge“, sagt er. Allerdings: „Den guten Vorsätzen müssen nun auch schnelle | |
Taten folgen.“ | |
Damit spielt er vor allem auf den Vorsatz zur gemeinsamen Pflege-Ausbildung | |
an. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir wollen die Attraktivität des | |
Gesundheitsstandorts Bremen durch gute Bildung in den Gesundheits- und | |
Therapieberufen steigern. Deswegen setzen wir die generalistische | |
Pflegeausbildung ab 2020 zur Ausbildung für Kranken-, Kinderkranken- und | |
Altenpflege um.“ | |
## Start der neuen Ausbildung ist gefährdet | |
Knigge bezweifelt, dass das funktionieren wird, denn die Finanzierung der | |
generalistischen Ausbildung sei in Bremen nicht gesichert. Die neue | |
Ausbildung ist komplex, weil die Pflegeschulen und Ausbildungsbetriebe der | |
bisher getrennten pflegerischen Bereiche künftig zusammengeführt und | |
koordiniert werden müssen. PflegeschülerInnen sollen künftig in jedem | |
Gebiet einen umfangreichen Teil ihrer praktischen Ausbildung absolvieren | |
und Pflegeschulen Lehrstoff aus allen Pflegebereichen unterrichten. Das | |
alles kostet Geld und wird von den Kranken- und Pflegekassen sowie dem Land | |
finanziert. | |
Aber: „Die Pauschalen, die die Kassen für die praktische Pflege-Ausbildung | |
in Bremen zahlen wollen, liegen weit unter denen der anderen Bundesländer“, | |
sagt Knigge. Die Ressorts würden viel zu wenig Druck machen: „Hier fehlt | |
der nötige Wind.“ | |
## Mögliches Schiedsverfahren | |
Er fürchtet, dass die Finanzierungsverhandlungen in einem Schiedsverfahren | |
münden werden: „Sollte es so weit kommen, ist der Start der neuen | |
Ausbildung im Jahr 2020 gefährdet“ – und Bremen wahrscheinlich das einzige | |
Bundesland, das dann noch nicht generalistisch ausbildet. „Das wäre eine | |
Katastrophe“ sagt Kerstin Bringmann von der Gewerkschaft Ver.di. | |
Reinhard Leopold, Gründer der Angehörigen-Initiative „Heim-Mitwirkung“ und | |
Regionalsprecher des Vereins Biva, freut sich zwar, dass der | |
Koalitionsvertrag eine Personalaufstockung bei der für die Kontrolle für | |
Pflegeeinrichtungen zuständigen Heimaufsicht ins Auge fasst, aber: „Leider | |
steht das dort nur als nebulöse Absichtserklärung – ich vermisse hier | |
Konkretes.“ Das Thema Transparenz, so Leopold, falle gänzlich unter den | |
Tisch: „Es ist sehr bedauerlich, dass sich die Koalition mit keinem | |
einzigen Wort zum Thema Veröffentlichung der Prüfergebnisse von | |
Einrichtungen durch die Heimaufsicht äußert.“ Ebenfalls fehle ihm ein | |
Passus, der konkrete Lösungen bei nachgewiesenen Pflegemängeln aufweise. | |
Und überhaupt: „Der stationären Pflege werden gerade einmal drei Sätze | |
gewidmet, in denen mehrfach ‚wir wollen‘ und kein einziges Mal ‚wir werde… | |
steht.“ | |
## Synergieeffekte für pflegende Angehörige | |
Für Leopold wäre die Zusammenführung der Bereiche Gesundheit, Pflege und | |
Verbraucherschutz in einem Ressort am sinnvollsten. Dadurch könnten, sagt | |
er, Synergieeffekte und die Vermeidung von Zuständigkeitsproblemen erreicht | |
und Verbraucherrechte gestärkt werden: „Besonders pflegende Angehörige | |
stehen unter hohen physischen und psychischen Belastungen. Sie brauchen | |
einfache, übersichtliche und logische Strukturen, wenn es um | |
Zuständigkeiten und Unterstützung geht.“ Er ist enttäuscht, dass sich an | |
den Ressort-Aufteilungen wohl nichts ändern wird: „Unsere Forderung ist | |
offenbar ungehört verhallt.“ | |
## CDU wollte Pflege-Ressort | |
Das allerdings wäre erstaunlich, denn: In einem kurz vor der | |
Bürgerschaftswahl präsentierten „[1][100-Tage-Programm]“ für den Fall der | |
Regierungsübernahme heißt es: „Wir werden die Zuständigkeit für Kranken- | |
und Altenpflege in einem Ressort für ‚Gesundheit und Pflege‘ zusammenführ… | |
und einen Pflegebeauftragten einsetzen.“ Allerdings stammt dieses Programm | |
von keiner der künftigen Regierungsparteien – sondern von der CDU. | |
7 Jul 2019 | |
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[1] https://partei.cdu-bremen.de/image/inhalte/file/100%20Tageprogramm%20Master… | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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