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# taz.de -- Arbeitsbedingungen in der Pflege: Denkbar üble Aussichten
> In Bremen steht in den Gesundheits- und Pflegeberufen hoher
> Identifikation der Beschäftigten eine immens geringe Wertschätzung
> gegenüber.
Bild: Wer pflegt, leistet wichtige Arbeit – meist ohne die entsprechende Aner…
Bremen taz | Erneut hat die Arbeitnehmerkammer eine Sonderauswertung ihrer
Befragung „Koordinaten der Arbeit“ vorgestellt: Diesmal geht’s um
Arbeitsbedingungen in den Gesundheits- und Pflegeberufen – und die
Ergebnisse sind wenig überraschend. Aber alarmierend.
2017 hatte das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (Infas) im
Auftrag der Arbeitnehmerkammer eine repräsentative Befragung von über 2.000
Beschäftigten in Bremen und Bremerhaven durchgeführt, auf deren Basis die
Arbeitnehmerkammer bereits Sonderauswertungen zu den Themen befristete
Beschäftigungen und Beschäftigte mit Migrationshintergrund erstellt hat.
Die am Freitag vorgestellte dritte Auswertung zeigt: Zwischen dem
Durchschnitt aller Befragten und jenen, die im Gesundheits- und
Pflegebereich arbeiten, klaffen große Lücken.
So finden in der Infas-Befragung 76 Prozent der ArbeitnehmerInnen, dass sie
mit ihrem Beruf einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisteten –
und 73 Prozent sind mit der gesellschaftlichen Anerkennung ihres Tuns
zufrieden. Von den Beschäftigten in Praxen, Krankenhäusern und
Altenpflegeeinrichtungen sind 94 Prozent der Befragten sind der Meinung,
einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten – so viel wie in
keiner anderen Berufsgruppe. Aber nur 61 Prozent von ihnen fühlen sich
genügend anerkannt.
Dabei, so scheint es, genießen im Gesundheitsbereich Beschäftigte doch
großen Respekt in Gesellschaft und Politik: „Das Ergebnis der Befragung
zeigt deutlich, dass sich gesellschaftlicher Respekt auch in angemessener
Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen ausdrückt – und genau hier ist
Handlungsbedarf“, sagte bei der Präsentation der Auswertung Ingo
Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer.
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in den Gesundheits- und Pflegeberufen
verdienen weniger als 1.500 Euro netto, in Arztpraxen liegt bei einem
Drittel der Beschäftigten der Verdienst sogar bei unter 1.000 Euro. Während
in den Bremer Krankenhäusern oft noch nach Tarif gezahlt wird, sieht die
Lage in den Altenpflegeeinrichtungen schlecht aus: AltenpflegerInnen
verdienen durchschnittlich rund 600 Euro monatlich weniger als
KrankenpflegerInnen.
Rund ein Viertel der Beschäftigten in der Altenpflege würde aus
finanziellen Gründen gern mehr arbeiten, aber eine Vollzeitstelle ist für
sie nicht in Sicht, denn der Anteil von Teilzeitstellen im Pflegebereich
ist überdurchschnittlich hoch: „Das ist oft Ergebnis
betriebswirtschaftlicher Interessen: Teilzeitkräfte können flexibler
eingeteilt und leichter aus ihrer arbeitsfreien Zeit geholt werden“, sagte
Schierenbeck.
Ein Drittel der in den Kliniken Beschäftigten würde gern ihre Stelle
reduzieren: „Hier kann man klar von Flucht in Teilzeit reden“, sagte Elke
Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer. Die Gründe hierfür: 69
Prozent der Krankenhaus- und 63 Prozent der Pflegeheimbeschäftigten gaben
an, dass ihre Tätigkeit mit körperlicher Belastung verbunden sei – nach den
im Baugewerbe Tätigen die höchste Zahl.
## Überdurchschnittlich viel Stress
Ebenfalls weit über dem Durchschnitt: Stress, Arbeitsdruck, emotionale
Belastung, Zeitmangel und zunehmende Anforderungen. Reagiert wird darauf
aus Sicht der Beschäftigten jedoch so gut wie nicht: Zwei Drittel gaben an,
ihr Arbeitgeber treffe keine Anpassungsmaßnahmen am Arbeitsplatz, um die
Gesundheit der MitarbeiterInnen zu erhalten. Und ein Drittel der im
Schichtdienst Beschäftigten gaben an, dass auch auf ihre familiären oder
privaten Interessen nie oder nur selten Rücksicht genommen werde.
All das sind denkbar schlechte Voraussetzungen dafür, einen
verantwortungsvollen Beruf gut ausüben zu können und dabei selbst gesund zu
bleiben. Das sehen auch die Beschäftigten, von denen rund ein Viertel über
55 Jahre alt ist, so: Fast die Hälfte gab an, nicht bis zum Rentenalter
arbeiten zu können.
Ihnen gegenüber stehen bereits jetzt viele freie Stellen: Auf einen
Arbeitssuchenden in der Altenpflege kommen laut Schierenbeck vier offene
Stellen, in der Krankenpflege sind es zwei. Da helfe auch die geplante
Schaffung von 13.000 neuen Pflegestellen in Deutschland nichts, so Heyduck:
„Es müssen ja Menschen da sein, die sie besetzen.“
14 Jan 2019
## AUTOREN
Simone Schnase
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