| # taz.de -- Studie zu bezahlbarem Wohnraum: Die Maßnahmen reichen nicht | |
| > Der Stadtsoziologe Andrej Holm hat herausgefunden: Neubau und | |
| > Mietpreisbremse allein werden die Wohnungsnot nicht lindern. | |
| Bild: Das Wohnungsproblem bleibt in der Schieflage | |
| Berlin taz | Als die „neue soziale Frage unserer Zeit“ bezeichnete | |
| Justizministerin Katarina Barley, SPD, kürzlich in der Bild am Sonntag das | |
| Thema Wohnen. Und tatsächlich: Kaum ein anderes Thema wird derzeit so heiß | |
| diskutiert. Zuletzt hatte sich sogar Bundespräsident Frank-Walter | |
| Steinmeier in die Debatte eingeschaltet. Auf dem Deutschen Städtetag warnte | |
| er, dass die Städte nicht zum „sozialen Kampfplatz um das Wohnen werden“ | |
| dürften. | |
| Die Parteien ringen derzeit mit Preisbindungskonzepten bis hin zu | |
| Enteignungsforderungen um das beste Konzept. Für Alexander Gedaschko, | |
| Präsident der Wohnungswirtschaft, steht indes fest: Wohnen werde erst | |
| „bezahlbar, wenn mehr und günstiger gebaut wird“, so Gedaschko auf dem | |
| Wohnungsbautag Anfang Mai. | |
| Eine am Donnerstag in Berlin präsentierte Studie sagt nun, dass Neubauten | |
| allein nicht reichen werden, um die Mieter zu entlasten. Im Auftrag der | |
| Fraktion Die Linke im Bundestag schaute sich der Stadtsoziologe und | |
| ehemalige Berliner Staatssekretär Andrej Holm die Mieten in über 300 | |
| deutschen Städten genauer an. Das Ergebnis dieser „Bestandsmietenanalyse | |
| 2013 bis 2018“: Neubauwohnungen würden aktuell „kaum einen Beitrag zur | |
| sozialen Wohnraumversorgung“ leisten. | |
| Holm analysierte, wie viel Mieterinnen und Mieter in deutschen Städten mit | |
| über 20.000 Einwohnern für ihre Zweizimmerwohnungen ausgeben müssen. | |
| Durchgehend waren dabei die Mieten für Neubauten mit Abstand am höchsten. | |
| Im vergangenen Jahr sei eine Neubauwohnung mit zwei Zimmern im Schnitt | |
| satte 43 Prozent teurer gewesen als eine vergleichbare Altbauwohnung aus | |
| dem Jahr 1925, so Holm. | |
| ## Für Ärmere ist Mietbelastung höher | |
| In der Studie wurden auch die Einkommensverhältnisse der Mieter genauer | |
| untersucht. Das Fazit: „Je geringer das Einkommen, desto prekärer die | |
| Versorgungslage“ auf dem Wohnungsmarkt. Zwar stieg der Durchschnittslohn in | |
| den vergangenen fünf Jahren mit rund 13 Prozent etwas stärker als die | |
| durchschnittliche Miete. Für Menschen aus unteren Einkommensschichten sei | |
| die Mietbelastung allerdings deutlich höher: In fast allen untersuchten | |
| Städten waren für sie die Mieten nicht mehr leistbar. | |
| Eine Warmmiete gilt dabei als leistbar, wenn sie nicht mehr als 30 Prozent | |
| vom Nettolohn beansprucht. Eine wirklich soziale Wohnungslage setze also | |
| Mietpreise voraus, die deutlich unter den aktuellen Marktpreisen lägen, so | |
| heißt es in der Studie. Die Wohnungspolitik müsse dafür „günstige Mieten … | |
| Bestand konsequent schützen und preisgebundene Bestände deutlich | |
| ausbauen“, fordert Holm. | |
| ## Bundesweiter Mietenstopp gefordert | |
| Die Linke sieht sich durch die Studie bestätigt. Die stellvertretende | |
| Fraktionsvorsitzende Caren Lay forderte neue Maßnahmen bei der | |
| Mietpreisbindung: „Wir brauchen einen bundesweiten Mietenstopp für die | |
| nächsten fünf Jahre, wie Berlin ihn gerade einführen will.“ Ein | |
| öffentliches Wohnbauprogramm solle Wohnungen mit „dauerhaft bezahlbaren | |
| Mieten“ schaffen. | |
| Für die 2013 unter der Großen Koalition eingeführte Mietpreisbremse traf | |
| die Studie übrigens ein vernichtendes Urteil. Sie habe „keinen messbaren | |
| Effekt auf die Mietpreisentwicklung in den untersuchten Städten“ gehabt, | |
| führt Holm aus. Die Mietpreisbremse hatte sicherstellen sollen, dass die | |
| Wohnkosten bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen in bestimmten | |
| Regionen höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. | |
| 13 Jun 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Julian Schmidt-Farrent | |
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