| # taz.de -- Prüfung von Volksbegehren: Senat lässt auf sich warten | |
| > Seit einem Jahr prüft die Innenverwaltung Anträge auf Volksbegehren – | |
| > bislang ohne Ergebnis. Das verärgert nicht nur Vertreter der Initiativen. | |
| Bild: Lange ist es her: Mitte Juli hat „Berlin werbefrei“ die Unterschrifte… | |
| Der Senat feiert einen traurigen Jahrestag: Seit dem 19. Juni 2018 liegt | |
| der Antrag der Initiative für einen Volksentscheid „Gesunde Krankenhäuser“ | |
| bei der Innenverwaltung von Andreas Geisel (SPD). Noch immer haben die | |
| AktivistInnen keine Rückmeldung, ob ihr Volksbegehren rechtlich zulässig | |
| ist oder nicht. Ähnlich ergeht es den InitiatorInnen von „Berlin | |
| werbefrei“: Sie haben ihren Antrag Mitte Juli 2018 eingereicht – und warten | |
| ebenfalls auf Antwort. | |
| Die Berliner Verfassung sieht vor, dass die Volkssouveränität ihren | |
| Ausdruck nicht allein in Abgeordnetenhauswahlen findet, sondern auch durch | |
| direktdemokratische Elemente. Der [1][Ablauf solcher Verfahren] ist im | |
| Abstimmungsgesetz klar geregelt: Will man ein Volksbegehren einleiten, muss | |
| man zunächst eine amtliche Kostenschätzung für das Vorhaben einholen und in | |
| einer ersten Stufe 20.000 Unterschriften sammeln. Anschließend prüft die | |
| Innenverwaltung die Unterschriften auf ihre Gültigkeit und ob das | |
| Volksbegehren rechtlich zulässig ist. | |
| Gibt sie grünes Licht, befasst sich das Abgeordnetenhaus mit dem Thema. In | |
| einer zweiten Stufe müssen die InitiatorInnen dann erneut Unterschriften | |
| sammeln, diesmal in vier Monaten etwas mehr als 170.000. Erst dann kommt es | |
| zum Volksentscheid. | |
| Die VertreterInnen vom [2][Volksentscheid „Gesunde Krankenhäuser“] wollen | |
| die BerlinerInnen so bald wie möglich darüber abstimmen lassen, ob es mehr | |
| Investitionen in Kliniken gibt und feste Personal-Patienten-Schlüssel, wie | |
| sie sie fordern. „Wir wollen, dass sich in den Krankenhäusern möglichst | |
| schnell etwas ändert“, sagt Mitorganisator Michael Koschitzki der taz. | |
| Nun warten sie bereits seit einem Jahr auf die rechtliche Prüfung – und | |
| sind sauer. „Wir haben das Gefühl, dass wir auf die lange Bank geschoben | |
| werden“, sagt Koschitzki. Im Oktober und Dezember habe es bereits Gespräche | |
| gegeben mit Gesundheitssenatorin Dilek Kolat, jetzt Kalayci (SPD), seitdem | |
| hätten sie nichts mehr gehört. Der Senat drücke zwar vordergründig | |
| Wohlwollen für die Ziele des Volksbegehrens aus, weiche aber dem Konflikt | |
| mit der Bundesebene aus, so Koschitzkis Vermutung. | |
| „Das geht so nicht“, sagt Oliver Wiedmann, Vorstandssprecher von [3][„Mehr | |
| Demokratie“ Berlin-Brandenburg]. Angesichts des langen Zeitraums müsse man | |
| dem Senat Absicht unterstellen, an den sachlichen Rahmenbedingungen könne | |
| es jedenfalls nicht liegen, glaubt Wiedmann. „Mein Eindruck ist, dass der | |
| Senat das gerne erst mal liegen lässt. Wenn er es ernst nehmen würde, | |
| müsste es schneller gehen.“ | |
| Deutlich verständnisvoller reagiert Fadi El-Ghazi von [4][„Berlin | |
| werbefrei“] auf die Verzögerung. „Wir haben es nicht eilig“, sagt er. Se… | |
| Initiative will, dass der Volksentscheid parallel zu einer anderen Berliner | |
| Wahl stattfindet. Damit er erfolgreich ist, muss nicht nur eine Mehrheit | |
| für das Vorhaben ihr Kreuz machen, es muss auch mindestens ein Viertel der | |
| Stimmberechtigten zustimmen. Die Initiative braucht also rund 613.000 | |
| Jastimmen. Eigentlich hatten El-Ghazi und seine MitstreiterInnen einen | |
| Volksentscheid zur Europawahl angepeilt. Die ist längst um, die nächste | |
| planmäßige Wahl findet in Berlin erst 2021 statt – bis dahin ist noch viel | |
| Zeit. | |
| El-Ghazi glaubt auch nicht, dass der Senat die Prüfung absichtlich | |
| verschleppt. Seine Initiative will die Werbung im öffentlichen Raum stark | |
| reduzieren und in öffentlichen Einrichtungen verbieten. El-Ghazi, selbst | |
| Jurist, sagt: „Ich habe Verständnis dafür, dass das so lange dauert. Das | |
| ist ein komplexes Thema.“ | |
| Die Innenverwaltung argumentiert genauso: „Die rechtliche Prüfung von | |
| Volksbegehren ist sehr komplex. Die Prüfung muss mit höchster Genauigkeit | |
| und rechtlicher Verlässlichkeit erfolgen, da damit stets unmittelbare | |
| Folgen für die Berlinerinnen und Berliner verbunden sind“, teilt ein | |
| Sprecher mit. Den Vorwurf der Verschleppung weist die Verwaltung von sich. | |
| „Die rechtlichen Prüfungen werden mit der notwendigen Sorgfalt und so zügig | |
| wie möglich durchgeführt.“ Sowohl bei den „Gesunden Krankenhäusern“ als | |
| auch bei „Berlin werbefrei“ rechne die Verwaltung mit einem Ergebnis der | |
| Prüfung im Laufe des Sommers. | |
| Für Oliver Wiedmann von „Mehr Demokratie“ zeigt die Tatsache, dass der | |
| Senat länger als ein Jahr für die Prüfung eines Antrags braucht, vor allem | |
| eines: „Ohne gesetzliche Regelung kommen wir da nicht weiter.“ SPD, Linke | |
| und Grüne hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Reform des | |
| Abstimmungsgesetzes verständigt: Volksentscheide sollen demnach zeitgleich | |
| mit Wahlen stattfinden, für die Zulässigkeitsprüfung soll es Fristen geben. | |
| Tatsächlich ist eine Reform in Arbeit. Da sie aber an Neuregelungen im | |
| umstrittenen Polizeigesetz gekoppelt ist, liegt sie derzeit auf Eis. | |
| 19 Jun 2019 | |
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| [2] https://volksentscheid-gesunde-krankenhaeuser.de/ | |
| [3] https://bb.mehr-demokratie.de/ | |
| [4] https://berlin-werbefrei.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Antje Lang-Lendorff | |
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