# taz.de -- Volksbegehren vor rechtlicher Prüfung: Hey, Senat, da geht noch vi… | |
> Der Berliner Verfassungsgerichtshof muss sich nun mit dem Volksbegehren | |
> „Gesunde Krankenhäuser“ befassen. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Bei einer Protestaktion vor dem Gesundheitsministerium im April 2018 | |
Für einen juristischen Laien ist schwer zu beurteilen, ob die am Dienstag | |
vorgebrachten Gründe des Senats, das [1][Volksbegehren Gesunde | |
Krankenhäuser] als rechtlich unzulässig abzulehnen, stichhaltig sind. Auf | |
den ersten Blick leuchtet es zwar ein, dass die Festsetzung einer | |
Untergrenze für Pflegepersonal in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes | |
liegt. | |
Aber auch die Argumente der Initiative klingen plausibel: Sie verweist auf | |
Paragraf 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, wo es heißt: „Durch | |
Landesrecht (…) können weitere Qualitätsanforderungen zum Gegenstand der | |
Krankenhausplanung gemacht werden.“ Muss man das nicht so verstehen, dass | |
ein Land selbstständig festlegen kann, wie viele Pfleger mindestens im | |
Dienst sein müssen, um zum Beispiel 40 Patienten auf einer normalen Station | |
zu betreuen? | |
Welche Interpretation sticht, muss nun der Berliner Verfassungsgerichtshof | |
entscheiden. Leider, muss man sagen, haben Richter in Hamburg ein sehr | |
ähnliches Volksbegehren bereits abgelehnt . Das muss nichts heißen, lässt | |
aber auch nicht unbedingt große Hoffnungen. | |
Aber auch jenseits juristischer Finessen bleibt festzuhalten: Der Senat | |
könnte schon jetzt mehr tun, um die Qualität in Berliner Krankenhäusern zu | |
steigern. Immerhin gehören dem Land mit Charité und Vivantes rund die | |
Hälfte der Berliner Krankenhäuser. Wenn die rot-rot-grüne Regierung | |
wirklich für die Ziele des Volksbegehrens einsteht, wie sie immer sagt: | |
Warum weist sie nicht die GeschäftsführerInnen ihrer Kliniken an, zunächst | |
einmal verbindlich festzustellen, wie hoch überhaupt der Personalbedarf | |
ist, wenn man anerkannte Bemessungsgrenzen zugrunde legt? | |
## Gesundheit ist keine Ware | |
Allein das schon ist nämlich kurios: dass die Krankenhäuser bis heute gar | |
nicht genau wissen, wie viel Pflegepersonal sie brauchen, um den allseits | |
anerkannten Notstand zu beheben. Man darf vermuten: So genau wollen sie es | |
auch gar nicht wissen. | |
Wüssten sie es, könnte der Senat sie darauf verpflichten, entsprechend | |
einzustellen. Das würde sie nicht einmal etwas kosten, argumentieren die | |
Leute vom Volksbegehren: Laut dem Sofortprogramm Kranken- und Altenpflege | |
von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) übernehme der Bund jede | |
zusätzlich eingestellte Pflegekraft. Das alte Argument, mehr Personal sei | |
für die Häuser schlicht zu teuer, ziehe also nicht mehr. | |
Apropos teuer: Auf jeden Fall hat das Volksbegehren ganz grundsätzlich | |
recht, wenn es sagt, der Senat müsse, ebenso wie der Bund, die | |
kapitalistische Verwertungslogik im Gesundheitssystem überwinden. | |
Gesundheit ist keine Ware, die man gegen Kosten aufwiegen darf. Sie ist | |
unser Leben. | |
6 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://volksentscheid-gesunde-krankenhaeuser.de/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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