# taz.de -- EU-Gipfel in Rumänien: Die Bremserin von Sibiu | |
> Beim EU-Gipfel lehnt Kanzlerin Merkel eine Klima-Initiative ab. Danach | |
> spielt sie wieder die verständnisvolle „Klimakanzlerin“. | |
Bild: Grün? Die „Klimakanzlerin“ verkommt zu einer PR-Pose, in der Sache t… | |
Brüssel taz | Gelegentlich scheint sich Angela Merkel doch noch daran zu | |
erinnern, dass sie einmal als „Klimakanzlerin“ begonnen hat. Und dass es in | |
Deutschland immer mehr Menschen gibt, die ein energischeres Handeln gegen | |
die drohende Klimakatastrophe fordern. Beim Sondergipfel der EU am | |
Donnerstag in Sibiu (Rumänien) war es wieder einmal so weit. | |
Erst ging Merkel den Schülerinnen und Schülern der „Fridays for Future“ a… | |
dem Weg. Dann, hinter verschlossenen Türen, sträubte sie sich gegen Macrons | |
Initiative, den Kampf gegen den Klimawandel zum „Eckstein“ der EU-Politik | |
zu machen. | |
Doch kaum war der Gipfel vorbei, präsentierte Merkel sich wieder als die | |
Kanzlerin mit großem Herz. Vor laufenden Kameras begrüßte sie Macrons | |
Vorstoß, der darauf hinausläuft, die europäische Wirtschaft bis 2050 | |
„klimaneutral“ zu machen. „Weite Teile dieser Initiative teile ich“, sa… | |
die CDU-Politikerin. | |
Sie habe sich Macrons Plan aber nicht anschließen können, weil die | |
deutschen Klimaziele bis 2050 von der Zielsetzung der anderen Länder | |
abwichen. Das sei aber nicht weiter schlimm, denn man könne ja auch eine | |
„Koalition der Willigen“ bilden, so die Kanzlerin weiter. Die könne sich | |
dann für eine möglichst einheitliche „Bepreisung“ des Ausstoßes von | |
Klimagasen einsetzen. | |
## In die Kamera lächeln und Macron loben | |
Im Klartext: Merkel lehnt Macrons Plan weiter ab – wie schon beim letzen | |
EU-Gipfel im März, wo sie auf der Bremse stand. Und sie will auch keine | |
CO2-Steuer, wie sie die Grünen in Deutschland oder der sozialdemokratische | |
Spitzenkandidat für die Europawahl, Frans Timmermans, fordern. Aber sie | |
möchte es nicht so deutlich sagen. Deshalb lächelt sie in die Kameras und | |
lobt Macron. | |
Die „Klimakanzlerin“ verkommt dabei zur PR-Pose, in der Sache bewegt sich | |
gar nichts. Das bleibt den Aktivisten von „Fridays for Future“ und anderen | |
Umweltschützern natürlich nicht verborgen. Sie haben [1][enttäuscht und | |
wütend] auf Merkels Blockade reagiert. | |
„Das ist doch ein Skandal, was hier passiert“, sagte die 23-jährige | |
deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer nach dem Gipfeltreffen. Merkel | |
müsse „ihrer eigenen Partei ein bisschen in den Hintern treten“ und sich | |
endlich für eine CO2-Steuer, ein Klimaschutzgesetz und einen schnellen | |
Kohleausstieg stark machen. | |
Das Umweltbündnis „Climate Action Network“ warf den Bremsern von Sibiu vor, | |
die Sorgen der Bürger vor dem Klimawandel zu ignorieren. „Vor allem | |
Deutschland, das einmal ein Klimavorreiter war, verschließt die Augen vor | |
dem Klimanotstand“, erklärte Verbandsexperte Wendel Trio. Der Appell der | |
jungen Generation sei auf taube Ohren gestoßen, erklärte | |
Grünen-Spitzenkandidatin Ska Keller. | |
## Deutschland auf der Seite der Klimasünder | |
Dabei haben sich immerhin acht Staaten der Klima-Initiative von Macron | |
angeschlossen. Der bisher als neoliberal verschrieene Franzose hat die | |
Klimapolitik in seinem neuen Programm für die Europawahl sogar zur obersten | |
Priorität erklärt. Doch während sich Frankreich und die Benelux-Ländern an | |
die Spitze setzen, hat sich Deutschland auf die Seite des Klimasünders | |
Polen geschlagen. | |
Das hinderte Merkel in Sibiu jedoch nicht daran, mehr „Action“ und | |
schnellere Entscheidungen zu fordern. Statt wie bisher bisher vier Mal im | |
Jahr sollten sich die Staats- und Regierungschefs künftig alle zwei Monate, | |
also sechs Mal im Jahr, treffen. Sie begründete das mit dem | |
Entscheidungsstau in der EU. „Manche Dossiers liegen bei uns ein, zwei, | |
drei, vier Jahre“, sagte sie. „Hier hat der Europäische Rat durchaus eine | |
Verantwortung.“ | |
Vor dem Hintergrund der deutschen Klima-Blockade klingt dies wie Hohn. | |
Immerhin kann Merkel bald beweisen, wie ernst sie es wirklich meint: Am 28. | |
Juni, nur zwei Tage nach der Europawahl, soll es schon den nächsten | |
EU-Gipfel geben – dann beginnt das große Personalgeschacher um den neuen | |
Kommissionschef und andere Topjobs in der EU. | |
Ende Juni gibt es dann den nächsten regulären EU-Gipfel. Und da will Macron | |
erneut Druck machen – für mehr Klimaschutz. Ob Merkel dann wieder auf der | |
Bremse steht? | |
10 May 2019 | |
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[1] /Fridays-for-Future-beim-EU-Gipfel/!5592076 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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