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# taz.de -- Kolumne Sternenflimmern: Ein europäisches Trauma
> Zu Europas Zukunft gehört auch seine Vergangenheit. Erinnerungen ans Jahr
> 2015, in dem der ganze Kontinent auf Griechenland blickte.
Bild: 2015 stimmten über 60 Prozent der griechischen Bevölkerung gegen das Sp…
Wer über die Zukunft Europas sprechen will, der muss sich an seine
Vergangenheit erinnern. Diejenigen, die sich an Kriege auf dem Kontinent
erinnern, sprechen vom „Friedensprojekt EU“. Ich habe zum Glück keinen
Krieg erlebt. Ich erinnere mich an den Sommer 2015.
Ganz Europa blickte auf Griechenland. Die Nerven der Mächtigen Europas
lagen blank. Seit 2010 stützten sie das krisengeschüttelte südeuropäische
Land – und ihre eigenen Banken. Dafür verlangten sie von Griechenland einen
hohen Preis. Gefordert wurden unter anderem Kürzungen bei Renten, im
öffentlichen Sektor, höhere Mehrwertsteuern, Privatisierungen, Abbau von
Arbeitnehmerrechten.
Die „Troika“, eine Kontrollinstanz aus EU-Kommission, Internationalem
Währungsfonds und Europäischer Zentralbank, wachte darüber. Dann, Anfang
2015, kam das Linksbündnis Syriza an die Regierung, weil es versprochen
hatte, dem sozial verheerenden Spardiktat ein Ende zu setzen. [1][Die Neuen
legten sich mit den Mächtigen an]. Die Syriza-Regierung rief ein Referendum
aus. Die Bevölkerung sollte entscheiden, ob Auflagen angenommen werden, das
„Hilfs“-Programm fortgesetzt wird.
Ich erinnere mich an einen heißen Wiener Sonntag, an den 5. Juli 2015.
Gerade hatte ich eine Konferenz besucht, bei der auch über Griechenland
nachgedacht wurde. Konferenztitel: „Kämpfe – Alternativen – Zukunft:
Brückenjahr 2015?“. Als sie zu Ende diskutiert hatten, machten sich
Studierende, Professoren und Dozenten auf den Weg zum Uni-Campus.
## Ein europäischer Neubeginn?
Eine Studierendengruppe hatte eine Leinwand aufgestellt, Public Viewing zum
Referendum. Zwischen Athen und Wien liegen 1.283,24 Kilometer Luftlinie.
Aber an diesem Tag haben wir um Europa gebangt, für Europa gefühlt. Die
Griechen haben gegen das Spardiktat gestimmt, mit über 60 Prozent. Ein
europäischer Neubeginn?
Die Mächtigen Europas ignorierten das Votum der griechischen Bevölkerung.
Acht Tage später [2][musste Premier Tsipras vor den unnachgiebigen
Gläubigern kapitulieren]. Am 13. Juli 2015 kam es zur „Einigung“ – das
Spardiktat ging weiter. Der griechische Finanzminister Varoufakis zog sich
zurück.
Was übrig blieb, ist ein europäisches Trauma. Ich erinnere mich an einen
erbarmungslosen, mit dem Grexit drohenden deutschen Finanzminister Wolfgang
Schäuble, mediale Kampagnen gegen die vermeintlich faulen „Pleite-Griechen“
(Bild), auch an die Verachtung des damaligen sozialdemokratischen
Europaparlamentspräsidenten Martin Schulz gegenüber den Griechen.
Was bleibt, ist eine Skepsis gegenüber Europa beim gleichzeitigen Wissen
darüber, dass es ohne Europa nicht geht. Und es bleiben Fragen: Definieren
wir Frieden allein durch die Abwesenheit von Krieg? Oder ist da noch mehr?
15 May 2019
## LINKS
[1] /Linke-Parteien-in-Europa/!5484445
[2] /Debatte-Griechenland-unter-Spardiktat/!5525538
## AUTOREN
Volkan Ağar
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