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# taz.de -- Ungleiche Verteilung von Krisenkosten: Frieren für die Freiheit
> Im gegenwärtigen Konflikt ist oft von einem „Wir“ die Rede. Doch die
> sozialen Folgen des Ukraine-Krieges werden nicht alle gleich treffen.
Bild: „Auch einmal frieren für die Freiheit“, sagte Ex-Bundespräsident Jo…
Skepsis ist immer dann geboten, wenn mächtige Menschen so tun, als hätten
sie keine Macht. Wenn sich zum Beispiel Ministerpräsidenten wie der
saarländische Tobias Hans (CDU) für [1][Twittervideos vor Tankstellen]
stellen und die Spritpreise beklagen, die Anfang der Woche die
Zwei-Euro-Marke übertroffen haben.
Und Dinge sagen wie: „Ich finde, da ist jetzt wirklich ein Punkt erreicht,
wo man sagen muss, da muss man handeln“ oder „Das Problem ist doch einfach,
dass sich im Moment der Staat bereichert“.
Wie wenig Ahnung der Staatsmann Hans von Menschen hat, die unter
Preiserhöhungen leiden, bewies er dabei, indem er sauber zwischen
[2][„Geringverdienern“ und „vielen fleißigen Leuten“] unterschied – …
die Preiserhöhungen „wirklich“ auch letztere träfen. Als ob erstere wegen
Faulheit Geringverdiener:innen geworden wären.
Aber gut. Wenn Wahlen anstehen, wie im Saarland in zwei Wochen, dann werden
Politiker:innen sehr peinlich. Was nichts daran ändert, dass die
Preiserhöhungen echt sind. Und dass sie vor allem solchen Menschen weh tun,
die sowieso schon wenig Geld haben.
## Wer bezahlt welchen Preis?
Dass die Sanktionen gegen Russland richtig sind, ändert nichts daran, dass
diesen Menschen schwere Zeiten bevorstehen. Die [3][Kritik der albernen
Twitterselfies] vor Tankstellenanzeigen kann die Kritik der ungleichen
sozialen Folgen von steigenden Preisen nicht ersetzen.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat schon [4][vor
Beginn der russischen Invasion gesagt], Deutschland sei im Falle von
Sanktionen gegen Russland „bereit, dafür einen hohen wirtschaftlichen Preis
zu zahlen“.
Und der ehemalige [5][Bundespräsident Joachim Gauck] findet in der
aktuellen Diskussion über einen möglichen [6][Stopp von russischen
Energieimporten]: „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir
können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück
und Lebensfreude haben.“ Aber wer ist „wir“? Wer bezahlt am Ende welchen
Preis?
Nur wer ehrlich auf diese Fragen antwortet, kann sich auch aufrichtig mit
einer dritten auseinandersetzen: Wie können die Kosten der gegenwärtigen
Situation solidarisch verteilt werden?
## Kriege sind teuer
Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine macht es leicht, auf der richtigen
Seite zu stehen. Die Lage ist eindeutig. Trotzdem ist es verlogen, so zu
tun, als gäbe es ein „Wir“ in Deutschland. Was es gibt, sind Menschen mit
ausreichend oder noch viel mehr finanziellen Mitteln. Und Menschen mit
wenig finanziellen Mitteln.
Entgegen aller „Wir“-Schreierei, die mit Kriegen einhergeht, sind Kriege
nicht dafür bekannt, dass sie Ungleichheiten aufheben. Im Gegenteil. Viele
freuen sich gerade über die große Einheit, mit der „der Westen“ Putins
Aggression begegnet.
Aber Kriege sind teure Angelegenheiten. [7][Und dieser „Westen“] ist nicht
gerade dafür bekannt, dass er die [8][Kosten von Krisen fair verteilt].
10 Mar 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/tobiashans/status/1501135349958983680
[2] https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/tobias_hans_twitte…
[3] https://twitter.com/paul_starzmann/status/1501633806461280261
[4] https://www.tagesspiegel.de/politik/baerbock-zur-ukraine-krise-deutschland-…
[5] https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ukraine-krieg-robert-habeck-vert…
[6] /Moeglicher-Stopp-fuer-russische-Energie/!5836670
[7] /Pluenderung-von-Amazon-Gueterzuegen/!5827431
[8] /Kolumne-Sternenflimmern/!5592161
## AUTOREN
Volkan Ağar
## TAGS
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