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# taz.de -- Solidarität mit Kiew: Stricken für die Ukraine
> Was tun, um die Ukraine gegen den russischen Angriff zu unterstützen?
> Manche fordern: Frieren. Doch das ist der falsche Weg.
Bild: Niemand will gern die eigene Hilflosigkeit demonstrieren: Anti-Kriegsdemo…
Was tun? An Tag 4 des [1][Überfalls auf die Ukraine] gingen in Berlin über
100.000 Menschen auf die Straße. Und es war schön, für einen Moment aus der
Ohnmacht heraustreten zu können: Solidarität zeigen, etwas tun.
Jetzt sind wir bei Tag 17, 18, 19. Und es ist unwahrscheinlich, dass noch
mal so viele Menschen auf die Straße gehen. Das ist verständlich, weil
niemand gern die eigene Hilflosigkeit demonstriert. Vor allem aber, weil
viele Fragen in der Linken (klein- und großgeschrieben) ungeklärt sind.
Welche Verantwortung trägt man, und was folgt daraus?
Noch immer wiederholen sonst so kluge Linke ihr Mantra, dass die
Osterweiterung der Nato ein Fehler war, dass man die Nato in den 1990ern
hätte auflösen müssen. Dass es aktuell die Nato ist, die das Baltikum und
Polen vor Russland schützt, dass diese Staaten eine selbstbestimmte
Entscheidung getroffen haben, kommt bei ihnen kaum vor.
Immerhin, das andere Mantra der Linken, dass der Hauptfeind im eigenen Land
stehe, es bröckelt. War es falsch, sich an der Nato abzuarbeiten? Aber was
ist mit den Verbrechen der Nato-Mitglieder, mit Erdoğans Krieg gegen die
KurdInnen und dem Irakkrieg, mit Abu Ghraib? Gleichzeitig wird vielen
bewusst, dass die Bilder der Demonstration neben dem Bundestag nun auch als
Legitimation für die Aufrüstung der Bundeswehr herhalten müssen. Wie kann
man gegen diesen Krieg demonstrieren, ohne den Aktienkurs von Rheinmetall
in die Höhe zu treiben?
Bei so vielen offenen Fragen fällt das Demonstrieren schwer. Was also tun?
Einfacher und hilfreicher scheint es derzeit, [2][zum nächsten Bahnhof] zu
gehen, jemanden aufzunehmen, zu spenden. Das ist gut. Aber reicht das?
## Kann Gerhard Schröder stricken?
Frieren für die Ukraine, fordern nun manche Politiker. Nur, Joachim Gauck
werden steigende Heizkosten nicht wehtun. Nichts gegen [3][Energiesparen],
aber der [4][Appell an den Einzelnen] ist auch ein Davonstehlen der
Politik. Was ins Private verschoben wird, muss nicht reguliert werden.
Der Mechanismus ist bekannt: Die Klimakrise sollte gelöst werden, indem
jeder nur noch CO2-freien Senf kauft, die Bewältigung der Pandemie hat man
den Familien überlassen, statt Kliniken und Schulen besser auszustatten.
Und die Energieversorgung? Regelt der Markt. Das muss sich ändern, mit
Gesetzen, die die knappe Energie gerecht verteilen. Es muss nicht so
bleiben, dass die erste Kilowattstunde, mit der ein Kühlschrank in der
Zweizimmerwohnung versorgt wird, genauso viel kostet wie eine, mit der ein
Whirlpool aufgeheizt wird.
Ja, Deutschland muss russische Energieimporte sofort stoppen. Aber die
Folgen dürfen nicht auf den Einzelnen abgewälzt werden. Die Bundesregierung
und ihre Vorgängerinnen haben die Lage zu verantworten. Sie haben den
Ausbau der Erneuerbaren ausgebremst und die Abhängigkeit von Putin erhöht.
Ich will nicht frieren für die Ukraine. Ich will, dass Gerhard Schröder,
Angela Merkel und Manuela Schwesig ihre Fehler eingestehen.
Klar, der nächste Winter wird trotzdem hart. Deshalb sollten sie jedem
Deutschen einen Wollpulli stricken. Zu dritt ist das ein bisschen viel, das
gebe ich zu. Aber es können ihnen die vielen helfen, die bei Geschäften mit
Russland reich wurden: denen Mordanschläge, Kriege auf der Krim und in der
Ostukraine nicht so wichtig waren. Stricken für die Ukraine!
14 Mar 2022
## LINKS
[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5841029
[2] /Hilfe-fuer-Gefluechtete-aus-der-Ukraine/!5840944
[3] /Energiesparen-in-Deutschland/!5840784
[4] /Russlands-Einnahmen-verringern/!5840547
## AUTOREN
Kersten Augustin
## TAGS
Kolumne Materie
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
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Nato
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