# taz.de -- Datenschutz bei Facebook: Zuckerberg macht auf Privatsphäre | |
> Facebook will seinen schlechten Ruf beim Datenschutz aufpäppeln und | |
> Nachrichten zukünftig verschlüsseln. An der Datensammelei ändert das | |
> nichts. | |
Bild: Dann doch intime Infos: Bei dieser App markiert man auf Facebook den heim… | |
SAN JOSE dpa | Wer hätte nach den Datenskandalen der vergangenen Jahre | |
gedacht, dass man diesen Satz ausgerechnet von Facebook-Chef Mark | |
Zuckerberg hören wird: „Privatsphäre gibt uns die Freiheit, wir selbst zu | |
sein.“ Vom Prügelknaben der Datenschützer und Politiker will Facebook jetzt | |
also zum Vorreiter in Sachen Datenschutz und Privatsphäre werden. | |
Wie ernst kann das gemeint sein, von einem Unternehmen, dessen | |
milliardenschweres Geschäftsmodell darauf basiert, so viel wie möglich über | |
seine Nutzer zu wissen, und Werbekunden den Zugang zu den passenden | |
Zielgruppen zu verkaufen? Berechtigte Zweifel, räumt selbst Zuckerberg ein. | |
„Wir haben derzeit nicht den besten Ruf, was den Schutz der Privatsphäre | |
angeht, um es freundlich zu formulieren“, sagte er bei der Vorstellung der | |
neuen Strategie auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz F8. Der Satz | |
klingt, als hätte er ein paar Lacher ernten sollen – doch niemand in dem | |
vollen Saal lacht. | |
Der Umbau der Apps ist indessen schon in Gang. Der Chatdienst Messenger | |
wurde von Grund auf erneuert und wird auf Komplett-Verschlüsselung | |
umgestellt. Zudem bekommt er einen prominent platzierten Knopf, hinter dem | |
die Kommunikation mit Familie und engen Freunden gebündelt wird. In der | |
Haupt-App von Facebok werden stärker Gruppen hervorgehoben, in denen sich | |
Nutzer nach Interessen organisieren können. Sowas geht nur, wenn eine Armee | |
aus tausenden Software-Entwicklern in Gang gesetzt wurde – die die | |
Interessen und Kontakte ihrer User kennen. Doch ein Facebook-Manager nach | |
dem anderen wiederholt Zuckerbergs neues Mantra: „Die Zukunft ist privat.“ | |
Der neue Kurs wirft viele Fragen auf. Zum Beispiel: Wenn Inhalte mit der | |
sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt sind, sodass nur | |
Absender und Empfänger sie sehen können, wie soll Facebook dann | |
Terrorpropaganda oder Hassreden finden und löschen? Stiehlt sich Facebook | |
damit aus der Verantwortung – und wird die Politik das zulassen? Das | |
Online-Netzwerk wolle ausgiebig unter anderem mit Sicherheitsbehörden über | |
die richtige Vorgehensweise bei diesem Problem beraten, sagt Zuckerberg. | |
## Es gibt noch viele Daten, die Facebook sammeln kann | |
In einem Interview der New York Times ergänzt er, dass Facebooks Software | |
unerlaubte Aktivitäten zum Teil auch an Datenfluss-Mustern ohne Zugang zu | |
den Inhalten erkennen könne. Das heißt auch: Es gibt noch viele andere | |
Daten, [1][die Facebook sammeln kann], auch wenn Inhalte verschlossen | |
bleiben. | |
Noch eine andere Frage stellen sich viele Besucher der Entwicklerkonferenz | |
F8: Werden die öffentlich geteilten Informationen noch ausreichen, um | |
weiterhin zielgenaue Werbeanzeigen zu schalten? Wird sich Facebook neue | |
Geschäftsideen suchen? Ein mögliches Zeichen dafür: Facebooks | |
Online-Flohmarkt Marketplace wird um eine eigene Bezahlfunktion ergänzt. | |
Und auch bei Instagram und WhatsApp soll es mehr Möglichkeiten für | |
kommerzielle Anwendungen geben. | |
Zuckerberg hat als Facebook-Chef immer wieder Anpassungsfähigkeit unter | |
Beweis gestellt. Wenn neue Dienste wie Instagram oder WhatsApp als | |
potenzielle Rivalen in Erscheinung traten, kaufte Facebook sie einfach. | |
Snapchat schlug das Übernahmeangebot aus. Auch kein Problem: Facebook | |
kopierte von Snapchat kurzerhand die populäre „Stories“-Funktion, bei der | |
Nutzer Fotos und Videos ihren Freunden für einen Tag zeigen, und nahm dem | |
Rivalen so den Wind aus den Segeln. | |
Jetzt zeigen Facebook-Daten, dass die Nutzer verstärkt Chatdienste und | |
„Stories“ statt den klassischen Facebook-News benutzen – und Zuckerberg | |
steuert den Facebook-Tanker entsprechend um. Der neue Kurs dürfte auch die | |
Spannungen mit Apple verstärken. Denn schließlich beansprucht der | |
iPhone-Konzern die Rolle des Datenschutz-Champions in der Tech-Industrie | |
schon lange für sich. Mit dem Chatdienst iMessage und dem Telefonie-Angebot | |
FaceTime ist Apple zudem der stärkste Konkurrent für Facebooks | |
Kommunikationsangebote. | |
## Nutzer sollen weiterhin intime Daten preisgeben | |
Facebook bekommt Rückenwind dadurch, dass die Mitglieder dem | |
Online-Netzwerk allen [2][Skandalen] und Pannen zum Trotz die Treue halten. | |
Auch in Europa steigen die Nutzerzahlen nach einer zwischenzeitlichen | |
Flaute wieder. Über alle Facebook-Angebote hinweg – zum Konzern gehören | |
auch die Chatdienste WhatsApp und Messenger sowie die Foto-Plattform | |
Instagram – waren 2,7 Milliarden Nutzer aktiv, davon 2,1 Milliarden | |
täglich. | |
Wie sicher sich Facebook fühlt, demonstriert auch eine bei der F8 | |
vorgestellte Zusatz-Funktion zum neuen Dating-Dienst des Online-Netzwerks. | |
Bei „Secret Crush“ (auf deutsch etwa: heimlicher Schwarm) kann man | |
Facebook-Freunde markieren, die man besonders attraktiv findet, ohne es | |
ihnen direkt sagen zu müssen. Erst wenn sie einen auch auf die Liste | |
setzen, wird das beiden offenbart. Facebook geht also weiterhin davon aus, | |
dass die Nutzer auch sehr intime Informationen über sich auf der Plattform | |
preisgeben werden. | |
1 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Facebook-will-Datenschutz-verbessern/!5573171 | |
[2] /Facebook-dealt-mit-Daten/!5560277 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Facebook | |
Datenschutz | |
Verschlüsselung | |
Messenger | |
Mark Zuckerberg | |
Apple | |
Datenschutz | |
Mathematik | |
Schwerpunkt Facebook | |
Datenschutz | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Datenschutzgrundverordnung | |
Schwerpunkt Facebook | |
Schwerpunkt Facebook | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Datenhandel mit Dating-Apps: Wir Konsumroboter | |
Eine norwegische Studie zu Dating-Apps zeigt: Um detaillierte | |
Nutzer*innen-Profile zu bekommen, werden Datenschutzgesetze dreist | |
ignoriert. | |
Lavalampen für Datensicherheit: Der blubbernde bunte Zufall | |
Das Dekoelement der Hippie-Ära erlebt in der Hochtechnologie ein stilles | |
Comeback. Es kann nämlich Verschlüsselungen sicherer machen. | |
Facebook verzichtet auf Faktenchecks: Zuckerberg mischt sich nicht ein | |
Facebook steht in der Kritik, weil es bei Wahlwerbung auf Faktenchecks | |
verzichtet. Mark Zuckerberg hat diese Haltung nun verteidigt. | |
Datenpanne bei Campacts Petitionen: Durchsichtige Plattform | |
Durch einen Fehler bei Campacts Petitionsplattform WeAct waren Daten nicht | |
genug gesichert. Der Fehler betrifft rund zwei Millionen Nutzer*innen. | |
Zauber und Gefahr von Deepfakes: Fakevideos mit Missbrauchpotenzial | |
Deepfakes mit Kim Kardashian und Mark Zuckerberg sorgen für Aufsehen. | |
Können wir bald unseren eigenen Augen und Ohren nicht mehr trauen? | |
Digitalisierung in China: Ein Code für alle Fälle | |
Ein Taxi bestellen, den Aufzug rufen, Strafzettel bezahlen: Wer in China | |
lebt, kommt an der App WeChat nicht vorbei. Da wird selbst Facebook | |
neidisch. | |
Kommentar Facebooks Skandale: Nicht einmal ein leises Rütteln | |
Facebook drohen in den USA wegen Datenschutzverstößen Milliardenstrafen. | |
Doch der Konzern bleibt davon unbeeindruckt. | |
Konzern hat Geld zurückgelegt: Facebook erwartet Strafe | |
Der US-Konzern rechnet damit, bis zu 5 Milliarden US-Dollar zahlen zu | |
müssen. Die Anleger reagieren entspannt – denn das Netzwerk wächst. | |
Datenschutz: Facebook-Skandal – die nächste | |
Es vergeht kaum eine Woche, an dem das Online-Netzwerk nicht in die | |
Schlagzeilen gerät. Offenbar fehlt die Kontrolle über jeglichen Datenfluss |