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# taz.de -- Kolumne Bauernfrühstück: Flucht ins Hochbeet
> Mauschelei in der Landespolitik? Ach, wen interessiert's. Immerhin ist
> Bärlauchsaison und so ein Garten gräbt sich nicht von alleine um.
Bild: Trump, May, Kim, Simon Vaut – wer braucht die, wenn er oder sie so sch�…
Die Ereignisse ereignen sich. Und wir in der Provinz schauen irritiert zu.
Organspende, UN-Sicherheitsrat, Mietenwahnsinn. Wer will was beim Brexit?
Und wieso stimmen die Abgeordneten in London über drölfzig Vorschläge ab,
die dann aber niemanden zu irgendetwas verpflichten? Man weiß es nicht.
Irgendwann schalte auch ich mein Küchenradio aus und gehe lieber in den
Garten, um nach meinem neuen Hochbeet zu schauen.
Ah, das ist doch was Reelles. Der Schnittknoblauch reckt sich kregel der
Frühlingssonne entgegen. Und hier: die ersten Radieschensprossen, schön
ordentlich in der Saatrille. Was für eine gute Entscheidung war das doch,
mir vom Nachbarn, der auch der Saxofonist der Dorfkapelle ist, ein Hochbeet
bauen zu lassen. Auf ein mal zwei Meter steht es nun wuchtig in der
Frühlingssonne, gleich neben dem Fliederstrauch und hält alle
Wachstumsversprechen. Trump, May, Kim – wer braucht solche Leute, wenn er
oder sie so schön privatisieren kann.
Mit solch einer Gemütslage der Märker mag auch der feine Herr Vaut
gerechnet haben. Sie erinnern sich? Ein Hamburger Sozialdemokrat hat
kürzlich die Brandenburger SPD gekapert. Er war schon Ü40, hatte für Sigmar
Gabriel Reden geschrieben, saß mittlerweile trocken und warm im
Bundeswirtschaftsministerium und wollte jetzt auch mal so ein Mandat.
Ostdeutschland schien ihm dafür das geeignete Versuchsfeld. Kreißsaal,
Hörsaal, Plenarsaal – es kann so gut laufen für Leute, die im
entpolitisierten Bereich Karriere machen möchten.
Letzte Woche ist Simon Vaut aufgeflogen. Er hatte eine Wohnadresse und eine
Freundin in der schönen Stadt Brandenburg an der Havel erfunden und war –
mit den Insignien der Zugehörigkeit ausgestattet – binnen Kurzem erst zum
SPD-Unterbezirkssekretär und wenig später zum Spitzenkandidaten für die
Europawahl aufgestiegen. Tun musste er dafür eigentlich nix.
## Bald gehen wir ja wählen – oder auch nicht
Die Brandenburger SPD hatte ihn in Abwesenheit zum Mitglied im Vorstand des
Unterbezirks (herrlich, diese Titel) gewählt. Zur Wahl des
Spitzenkandidaten musste er leider bis nach Werder südlich von Berlin
anreisen, wurde zur Belohnung aber zu Brandenburgs Mann für Brüssel gekürt.
So funktionieren wir Brandenburger – wir wollen keinen Sitzungssozialismus,
sondern raus zu unseren Hochbeeten und Grills. Irgendwer wird sich schon in
Brüssel kümmern, worum auch immer.
Simon Vaut wurde vom Stadtkanal Brandenburg als Betrüger geoutet. Der
Sender gehört nebenbei gesagt dem Ehemann der langjährigen
Oberbürgermeisterin und heutigen CDU-Bundestagsabgeordneten der Stadt. Herr
und Frau Tiemann sollen unter der Hand „die Berlusconis von der Havel“
genannt werden. Aber wen interessiert das alles. Ist bloß Politik. Da
draußen sprießt der Bärlauch. Und irgendwann, in ein paar Wochen, gehen wir
ein Europaparlament wählen. Oder auch nicht. Kommt aufs Wetter an.
Vielleicht grillen wir lieber.
3 Apr 2019
## AUTOREN
Anja Maier
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