# taz.de -- Kolumne Bauernfrühstück: Wo die Sonnenblume stramm steht | |
> Wenn Sie in der Provinz unterwegs sind, nehmen Sie das Bauernfrühstück: | |
> Das ist immer frisch zubereitet. Oder Sie fahren eben nach Mallorca. | |
Bild: So haben es die Leute in der Provinz gern: Sonnenblumen, die strammstehen | |
Hallöchen und Hola! Ich melde mich anlässlich meiner ersten Kolumne aus | |
Mallorca, dem verlängerten Wohnzimmer des deutschen Spießers. Und ja, | |
tatsächlich mache ich hier exakt das, was das Kopfkino linksgrüner | |
Metropolenbewohner für Leute wie mich im Repertoire hat: Pauschalurlaub. | |
Sechs Tage im Viersternehotel, Meerblick, Halbpension, drei Pools und | |
abends Animation mit allem Zipp und Zapp. Kannste nicht meckern, sagen wir | |
Brandenburger dazu. | |
Diesen Kolumnenplatz hier darf ich ab jetzt regelmäßig vollschreiben, weil | |
ich etwas verkörpere, was unter taz-KollegInnen eine Art Exotenstatus | |
darstellt. Nennen wir es Provinzialität. Provinz ist ja bekanntlich da, | |
wovor man immer abgehauen ist: die eigene Herkunft, das Gestrige, | |
Überwundene. | |
Provinz ist also mittlerweile dort, wo die anderen, die komischen Menschen | |
wohnen, mit denen Berliner, Hamburger oder Münchner dieses zwiespältige | |
Gefühl verbinden: Einerseits haben die Provinzler diese toll gelegenen | |
Grundstücke rund um die Großstädte; andererseits häufig nicht die nötige | |
Finesse bei Präsentation und Lifestyle. Warum räumen die Provinzler nicht | |
einfach ihre Zwanzigerjahre-Häuschen im Speckgürtel, ziehen nach Marzahn | |
und überlassen den Geschmacks-Aficionados ihre Bestandsimmobilie? | |
## Abwechselnde Grüntöne | |
Denn Provinz, das ist da, wo die Dächer mit blau lackierten Ziegeln gedeckt | |
sind, wo die Sonnenblumen stramm stehen und die Thujahecke in sich | |
abwechselnden Grüntönen gepflanzt ist. Da, wo man auf dem Heimweg von der | |
Landpartie kurz aus dem Volvo springt, um im Dorfgasthaus zu essen – um | |
dann von Frauen mit pinken Haarsträhnen und indezenten Nagelapplikationen | |
enttäuschende industriepanierte Schnitzel serviert zu bekommen. (Protipp | |
von der Provinzlerin: Nehmen Sie immer das Bauernfrühstück; es ist das | |
einzige Gericht, was frisch zubereitet werden muss.) | |
Zwei Drittel der Deutschen wissen das mit dem Bauernfrühstück übrigens – so | |
viele Menschen leben nämlich in Kommunen unter 100.000 Einwohnern. Das | |
gerät leicht mal aus dem Blick, wenn man in Berlin die nahe gelegene | |
Craftbeer-Pinte ansteuert oder im Dachgarten der innerstädtisch situierten | |
Baugruppe ein Hochbeet bepflanzt und seinen Bürohintern hernach auf einem | |
selbst gefilzten Sitzkissen platziert. Provinz, das sind stets die anderen. | |
Dabei ist man es zuverlässig selbst. | |
Einer Provinzlerin wie mir muss nix peinlich sein, deshalb fährt sie ja | |
auch nach Mallorca. Doch bedauerlicherweise ist es hier so, wie ich es | |
ausdrücklich nicht mag: provinziell. Mäßig geschmackvoll gekleidete | |
Miturlauber häufen sich abends zu viel vom mallorquinischen Büffet auf ihre | |
Teller und schaufeln es wortlos neben ihrer sonnenverbrannten Ehefrau in | |
sich hinein. Das hat die Provinzlerin nicht gewollt. Wozu reist sie in die | |
Welt hinaus? Sicher nicht, um auf ihresgleichen zu treffen. Im nächsten | |
Urlaub wird sie deshalb lieber gleich zu Hause bleiben. In der Provinz. | |
6 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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