# taz.de -- Essen in Brandenburg: Hilfe! Ihnen schmeckt’s nicht! | |
> Zu den Wahlen im Osten machen taz-ReporterInnen Survival-Trips ins | |
> „kulinarische Notstandsgebiet“. Na und? Wir essen eben, was UNS schmeckt. | |
Bild: Anja Maier schmeckt es in Brandenburg | |
Guten Tag und danke, dass Sie auch heute wieder einschalten. Einige wissen | |
es bereits, aber ich sage es gern noch mal: Der Kolumnentitel lautet | |
„Bauernfrühstück“. Und zwar weil er einerseits das Berichtsgebiet der | |
Autorin andeutet: [1][die Provinz, das Ländliche, Abgelegene.] Zum anderen | |
weil Bauernfrühstück eines der wenigen Gerichte ist, die man im Osten des | |
Landes – den sogenannten neuen Ländern – ohne Bedenken bestellen und | |
verzehren kann. Bauernfrühstück – das ist frisch gebratene Bodenständigkeit | |
aus Kartoffeln, Eiern, manchmal Speck und meist einer Essiggurke samt | |
Petersiliensträußchen. | |
Dass wir im Osten, zumal in Brandenburg, nicht als FeinschmeckerInnen im | |
urbanen Foodie-Sinne verschrien sind, ist bekannt. Wir mögen es gern | |
wurstig und salzig und hefig; Salat gilt uns als Tand am Tellerrand. | |
Weil in Brandenburg in dreieinhalb Wochen ein neuer Landtag gewählt wird, | |
unternehmen in letzter Zeit [2][zunehmend BerichterstatterInnen | |
Survival-Trips in unser „kulinarisches Notstandsgebiet“], um am eigenen | |
Leib erfahren zu können, wie er so ist und isst, der Ackerbürger. An | |
Brandenburger Imbissbuden und in furniermöblierten Ratskellern gehen die | |
KollegInnen zum Äußersten und behelligen ihre Großstadtkörper mit Deftigem. | |
Bratwurst hier, Stampfkartoffel da, Cappuccino mit Sprühsahne dort – mutig | |
und gesundheitsgefährdend! Eindeutiges Rechercheergebnis: gruselig. Kein | |
Wunder, dass rechts wählt, wer so isst. Mit den InhaberInnen, den | |
BrandenburgerInnen gar, sprechen sie nicht. Worüber soll man schon reden | |
mit einem Bundesbürger, der die Hafermilch nicht kennt, den Rohmilchkäse | |
nicht schätzt und sich das Wagyu-Steak nicht leisten kann? | |
## Feinschmeckerbesuch aus der Großstadt | |
Unbenommen, das Essen in Brandenburg ist allermeist schlecht. Was uns aber | |
mehr stört als der Wunsch nach wertiger Ökogrillkohle, ist diese nicht | |
direkt vorgetragene, aber doch stets deutlich zu spürende Frage der | |
Berichterstattenden, warum wir nicht einfach so sind wie sie. Wäre es nicht | |
leichter für alle, wenn die Provinz so wäre wie die Metropole, dabei stets | |
bestens vorbereitet auf spontanen Feinschmeckerbesuch aus der Großstadt? | |
Hier ist meine Antwort. Und sie lautet: Nein. | |
Denn wisset, liebe ExpeditionistInnen in den eurer Meinung nach kulinarisch | |
unterentwickelten Teil Deutschlands: Wir essen hier, was wir gern essen. | |
Wir kochen, was uns schmeckt. Und uns schmecken Kohlrouladen und | |
Salzkartoffeln, Rote Grütze und Hering, Streuselkuchen und Schmorgurke. Und | |
– natürlich – Bauernfrühstück. Und ja, wir sind im Besitz internationaler | |
Kochbücher und durchaus in der Lage, [3][Eggs benedict,] ein tiptop Butter | |
chicken, Steinpilzrisotto oder Crème brûlée zuzubereiten. Wäret ihr weniger | |
selbstgewiss, würden wir euch an unsere Tische einladen. So aber bleibt es | |
für euch bis auf Weiteres bei dick panierten Metro-Schnitzeln mit | |
TK-Mischgemüse. | |
7 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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