| # taz.de -- Naturschutz im Freistaat: Bayern ist gut zu Bienen | |
| > Ein Volksbegehren für mehr Artenvielfalt ist ein Erfolg. | |
| > CSU-Ministerpräsident Markus Söder beruft einen Runden Tisch ein. | |
| Bild: Immer bereit im Kampf für die Bienen | |
| München taz | Trotz der Gefahr, dass es am Ende dann doch noch die eine | |
| oder andere Unterschrift kosten würde: Den Triumph konnten sie nicht mehr | |
| für sich behalten. „Bis Montagabend haben sich bereits über eine Million | |
| Wählerinnen und Wähler für ein besseres Naturschutzgesetz eingetragen“, | |
| teilte Agnes Becker, die Beauftragte des [1][Volksbegehrens „Rettet die | |
| Bienen“], am Dienstagnachmittag mit. Und damit waren schon zwei Tage vor | |
| Ende des Eintragungszeitraums die nötigen zehn Prozent erreicht. | |
| Auch am Montag hätten sich in Bayern wieder lange Schlangen vor den | |
| Rathäusern gebildet. Szenen, wie sie etwa auf dem Münchner Marienplatz | |
| schon seit Beginn der zweiwöchigen Eintragungsfrist regelmäßig zu sehen | |
| waren. Besonders in den großen Städten war der Andrang erwartungsgemäß | |
| besonders hoch. So hatten sich allein in München bis Montagabend schon rund | |
| 148.000 Menschen in die Listen eingetragen, was einer Quote von 16,18 | |
| Prozent entspricht. | |
| Auch am Mittwoch können sich die Wahlberechtigten in Bayern jedoch noch in | |
| die Listen eintragen, um dem Volksbegehren für die Artenvielfalt noch mehr | |
| Gewicht zu verleihen. „Je größer der Zuspruch, desto höher der Druck auf | |
| Ministerpräsident Söder, die Forderungen des Volksbegehrens für wirksamen | |
| Artenschutz in Bayern auch umzusetzen,“ so die ÖDP-Politikerin Becker. Und | |
| Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im bayerischen Landtag, sagte: | |
| „Wenn bis Mittwochabend noch alle unterschreiben, die bisher keine Zeit | |
| dafür gefunden haben, können wir dieses Volksbegehren zum erfolgreichsten | |
| seit über 50 Jahren machen und ein deutliches Zeichen an die bayerische | |
| Staatsregierung senden.“ Die offiziellen Zahlen will der Landeswahlleiter | |
| am Donnerstag vorlegen. | |
| Mit dem Erfolg ist die zweite Hürde – die schwierigste, wie viele sagen – | |
| genommen. Denn jeden zehnten Wahlberechtigten bei Wind und Wetter zum Gang | |
| ins Rathaus zu bewegen, ist keine Kleinigkeit. Einige Volksbegehren sind in | |
| diesem Stadium schon gescheitert. So verfehlte 2004 das Volksbegehren „Aus | |
| Liebe zum Wald“ gegen eine Forstreform der Regierung Stoiber ganz knapp die | |
| Zehn-Prozent-Marke: 9,3 Prozent der Wahlberechtigten hatten unterschrieben. | |
| ## Hecken, Bäume, Gewässer – alles soll geschützt werden | |
| Ziel des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ ist eine umfassende Änderung | |
| des bayerischen Naturschutzgesetzes. Vor allem soll es künftig einige | |
| verpflichtende Maßnahmen gegen das Artensterben beinhalten. Man habe schon | |
| zu lange auf Freiwilligkeit gesetzt, so die Initiatoren – allerdings ohne | |
| Erfolg. So soll künftig ein Biotop-Verbund im Freistaat geschaffen werden, | |
| [2][Hecken, Bäume und kleine Gewässer sollen in der Landwirtschaft erhalten | |
| werden,] ebenso blühende Uferstreifen an allen Bächen, zehn Prozent aller | |
| Wiesen sollen in Blühwiesen umgewandelt und der Naturschutz in die | |
| Ausbildung von Land- und Forstwirten aufgenommen werden. | |
| Außerdem soll der Anteil des ökologischen Landbaus bis 2030 auf 30 Prozent | |
| der landwirtschaftlichen Fläche ausgebaut werden. Noch sind es weniger als | |
| zehn Prozent. Angestoßen hatte die ÖDP das Volksbegehren. Nachdem es im | |
| Oktober vom Innenministerium zugelassen worden war, schloss sich allerdings | |
| ein Bündnis von über 170 Partnern an, darunter auch Grüne, SPD und | |
| verschiedene Naturschutzorganisationen. | |
| Jetzt ist der Gesetzgeber am Zug. Der bayerische Landtag hat im Prinzip | |
| drei Möglichkeiten: Er kann die vom Volksbegehren geforderten | |
| Gesetzesänderungen übernehmen, und die Sache ist erledigt. Er kann aber | |
| auch die Forderungen der Artenschützer in Bausch und Bogen ablehnen, dann | |
| muss der Wähler in einem Volksentscheid befinden, ob der Gesetzentwurf | |
| umgesetzt wird oder alles beim Alten bleibt. Derzeit läuft allerdings alles | |
| auf Möglichkeit Nummer drei hinaus: Es kommt zu einem Volksentscheid, bei | |
| diesem stellt der Landtag mit seiner schwarz-orangefarbenen Mehrheit aber | |
| noch einen eigenen Gesetzentwurf zur Auswahl. | |
| Nach langem Zögern hatte sich Ministerpräsident Markus Söder noch während | |
| des laufenden Volksbegehrens zu Wort gemeldet und einen Runden Tisch | |
| angekündigt. Im Gespräch mit den Initiatoren des Volksbegehrens, aber auch | |
| mit dem Bauernverband will er bis zum Frühsommer ein Naturschutzgesetz | |
| erarbeiten, das einen besseren Artenschutz gewährleistet. Nachdem bekannt | |
| war, dass die zehn Prozent sicher waren, twitterte Söder: „Unser Ziel ist | |
| ein gesellschaftlicher Konsens. Wir wollen Natur nicht gegen die Bauern | |
| schützen, sondern mit ihnen.“ Am Ende schob der Ministerpräsident aber noch | |
| nach: „Wir wollen versöhnen, statt zu spalten.“ Kann man als | |
| selbstkritische Begründung für die neue Offenheit gegenüber den | |
| Naturschützern verstehen. Wahrscheinlicher ist, dass es als Spitze gegen | |
| die Initiatoren des Volksbegehrens gemeint ist, denen besonders vom | |
| Bauernverband immer wieder unterstellt worden war, sie richteten sich mit | |
| dem Volksbegehren gegen die Landwirte. | |
| ## Der Volksentscheid kommt | |
| Der Bauernverband, der in der Regel auf die Unterstützung der CSU zählen | |
| kann, ist der vehementeste Gegner des Volksbegehrens und lehnt | |
| verpflichtende Maßnahmen kategorisch ab. Allerdings scheiden sich | |
| inzwischen auch innerhalb der Bauernschaft die Geister. So wirft etwa der | |
| bayerische Landesverband von Bioland dem Bauernverband in einem Offenen | |
| Brief bewusste Falschbehauptungen und Stimmungsmache vor. Einige | |
| Bioland-Mitglieder sind nun aus Protest aus dem Bauernverband ausgetreten. | |
| Der Runde Tisch ist schon für den 20. Februar terminiert. Eine Einladung | |
| von Söder habe man noch nicht bekommen, berichteten er bayerische | |
| Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann und Norbert Schäffer, Vorsitzender des | |
| Landesbundes für Vogelschutz, noch am Montag auf einer Pressekonferenz, | |
| aber man werde sich ernstgemeinten Gesprächen nicht verschließen. Bloß: Der | |
| Entwurf des Volksbegehrens sei die Messlatte. „Drunter werden wir nicht | |
| gehen“, sagte Schäffer. „Wenn es dann noch etwas Besseres gibt, dann werden | |
| wir das Bessere unterstützen.“ | |
| Zu einem Volksentscheid wird es nun aber in jedem Fall kommen – aller | |
| Voraussicht nach zeitgleich zur Europawahl am 26. Mai. | |
| 13 Feb 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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