# taz.de -- Deutsche IS-Kämpfer in Syrien: Das Dilemma inhaftierter Deutscher | |
> Etliche deutsche IS-Anhänger sitzen in Syrien in Haft. Sollen sie zurück? | |
> Die Bundesregierung tut sich schwer damit. | |
Bild: Kurdisch angeführte SDF patrouillieren Hadschin, in kurdischer Haft sind… | |
BERLIN taz | Es ist erst zwei Wochen her, da schnappten die Kurden Martin | |
Lemke. 2014 war der frühere Schweißer aus Sachsen verschwunden, tauchte | |
dann beim „Islamischen Staat“ in Syrien auf. Der Deutsche erlangte | |
Prominenz: Er soll für IS-Sicherheitsdienste gearbeitet, sich auch an | |
Gewalttaten beteiligt haben. Nun sitzt der 28-Jährige in kurdischer Haft. | |
Und Lemke ist dort nicht allein. Laut Bundesregierung befindet sich derzeit | |
eine „größere zweistellige Zahl“ deutscher Männer, Frauen und Kinder in | |
kurdischer Haft in Syrien, die sich zuvor dem IS angeschlossen hatten. Was | |
aber mit ihnen tun? | |
Ein Tweet von US-Präsident Donald Trump fachte die Debatte nun wieder an. | |
Trump forderte explizit Deutschland, Großbritannien und Frankreich auf, | |
[1][inhaftierte IS-Angehörige aus ihren Ländern wieder zurückzuholen] – | |
sonst müssten diese freigelassen werden. Neu ist das nicht: Auch die mit | |
den USA verbündeten Kurden fordern seit Längerem, ihnen die Gefangenen | |
abzunehmen. Man habe keine Kapazitäten, ihnen Prozesse zu machen und sie | |
auf Dauer zu inhaftieren. | |
Die Bundesregierung aber übt sich, ebenso lange schon, in Zurückhaltung. | |
Man sei in Gesprächen mit den USA, erklärte ein Regierungssprecher am | |
Montag nur. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte die US-Forderung | |
zuvor bereits „schwer realisierbar“. Die IS-AnhängerInnen könnten nur nach | |
Deutschland kommen, wenn sie hier direkt in Gewahrsam kämen. Das aber sei | |
nicht gewährleistet. | |
## Grundsätzliches Recht auf Rückkehr | |
Tatsächlich werden die inhaftierten IS-Leute in Syrien bisher allenfalls | |
vom BND befragt. Rückholaktionen fanden bisher nicht statt – obwohl auch | |
etliche der Islamisten dies gerne wollen. Deutsche Staatsbürger hätten | |
grundsätzlich ein Recht auf Rückkehr, erklärt das Auswärtige Amt. Wegen des | |
Bürgerkrieges seien in Syrien aber keine deutschen Rechtsmaßnahmen möglich. | |
Auch sei es schwierig, Informationen über die Gefangenen zu „verifizieren“. | |
Und die kurdischen Gruppen seien keine staatlichen Organisationen, mit | |
denen Deutschland Auslieferungen vereinbaren könnte. | |
Das Innenministerium spricht von derzeit nur „sehr wenigen“ Haftbefehlen | |
der Bundesanwaltschaft gegen in Syrien inhaftierte deutsche IS-Angehörige. | |
Dazu komme eine „ähnlich kleine Gruppe“, gegen die Ermittlungen liefen. | |
Auch bei ihnen aber besteht das Auslieferungsproblem. Zuletzt gab es | |
Überlegungen, die Betroffenen in den Irak zu überstellen, wo es eine | |
deutsche Botschaft gibt. Dort aber will die Regierung gefasste IS-Kämpfer | |
selbst verurteilen – wie zuletzt etwa die 18-jährige Sächsin Linda W. Die | |
Bundesregierung interveniert hier nur, wenn Todesstrafen ausgesprochen | |
werden. | |
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) plädierte für einen Entzug der | |
Staatsbürgerschaft, wenn Deutschen Kämpfe für den IS nachgewiesen werden | |
könnten. Andere Unions-Innenpolitiker sprachen sich für eine Rückholung | |
aus. Das Problem: Reichten die Beweise nicht, die Männer und Frauen hier in | |
Haft zu nehmen, müssten diese aufwendig observiert werden. Ein Szenario, | |
das die hiesigen Sicherheitsbehörden fürchten. | |
18 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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