| # taz.de -- Deutsche Dschihadisten in Syrien: Ausbürgerung nicht so einfach | |
| > Die Große Koalition wollte deutschen IS-Kämpfern die Staatsbürgerschaft | |
| > entziehen. Jetzt kommt ihr aber eine Kleinigkeit dazwischen: das | |
| > Grundgesetz. | |
| Bild: Mossul, Irak: Spezialeinheiten führen im Februar 2017 einen IS-Kämpfer … | |
| Berlin afp | Die große Koalition stößt offenbar auf Probleme mit ihrem | |
| Vorhaben, IS-Kämpfern mit doppelter Staatsangehörigkeit den deutschen Pass | |
| zu entziehen. Ein geplanter Gesetzentwurf werde zunächst nicht beschlossen, | |
| berichteten das Handelsblatt und die Welt. Union und SPD hatten dies | |
| eigentlich in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. | |
| Die Regierungspartner wollen demnach einen neuen Verlusttatbestand in das | |
| Staatsangehörigkeitsgesetz einfügen, wonach „Deutsche, die eine weitere | |
| Staatsangehörigkeit besitzen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren | |
| können, wenn ihnen die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer | |
| Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann“. | |
| Dem Handelsblatt zufolge gibt es aber im Innenministerium | |
| verfassungsrechtliche Bedenken. Auch hier gelte das grundgesetzliche | |
| Rückwirkungsverbot, hieß dem Bericht zufolge aus dem Ministerium. Es sei | |
| grundsätzlich denkbar, einem Doppelstaatler, der für eine Terrorgruppe | |
| gekämpft hat, den deutschen Pass zu entziehen. Allerdings dürfe dies nur | |
| für Milizionäre gelten, die sich nach Inkrafttreten des Gesetzes einem | |
| terroristischen Kampfverband anschließen. | |
| Damit ist es also nicht möglich, in Syrien aufgegriffenen IS-Anhängern mit | |
| doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsbürgerschaft abzusprechen. | |
| Das Innenministerium will dem Bericht zufolge zumindest für die Zukunft | |
| vorbeugen. Der Verlusttatbestand soll demnach nur für künftige | |
| Terrormilizionäre geschaffen werden. | |
| ## Auch anderer Grund möglich | |
| Die Welt berichtet hingegen, das Gesetzesvorhaben sei ins Stocken geraten, | |
| da das Justizministerium einen seit November vorliegenden Gesetzentwurf des | |
| Innenministeriums aufgrund von hoher Arbeitsbelastung nicht vorbereitet | |
| habe. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter | |
| Krings (CDU), sagte der Zeitung, er bedauere es sehr, „dass das | |
| Justizministerium in den letzten drei Monaten nicht inhaltlich Stellung | |
| nehmen konnte und wir im Verfahren bislang nicht weitergekommen sind“. | |
| Das Justizministerium nannte dem Bericht zufolge keine Gründe für die | |
| Verzögerung. „Derzeit laufen die regierungsinternen Abstimmungen“, sagte | |
| eine Ministeriumssprecherin demnach. | |
| In Syrien sind mehrere tausend ausländische Kämpfer der Dschihadistenmiliz | |
| Islamischer Staat (IS) mit ihren Frauen und Kindern von den kurdischen | |
| Truppen festgenommen worden. US-Präsident Donald Trump hatte die Europäer | |
| am Sonntag aufgerufen, ihre Landsleute rasch zurückzuholen und ihnen den | |
| Prozess zu machen. | |
| ## Hunderte gefangene Dschihadisten | |
| Dem Bundesinnenministerium zufolge geht die Bundesregierung davon aus, dass | |
| sich „eine größere zweistellige Zahl von Männern, Frauen und Kindern aus | |
| Deutschland“ in Gewahrsam von kurdischen Kräften befindet. | |
| US-Präsident Donald Trump [1][hatte die Europäer am Sonntag aufgerufen], | |
| ihre Landsleute rasch zurückzuholen und ihnen den Prozess zu machen. | |
| Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, die Bundesregierung | |
| befindet sich darüber mit den USA und europäischen Partnern wie Frankreich | |
| und Großbritannien im Gespräch. Die IS-Anhänger haben demnach das Recht auf | |
| eine Rückkehr nach Deutschland, wenn sie deutsche Staatsbürger sind. Sie | |
| sollen hierzulande strafrechtlich verfolgt werden, die Zuständigkeit liegt | |
| beim Generalbundesanwalt. | |
| Die deutschen Sicherheitsbehörden bereiten sich offenbar bereits konkret | |
| darauf vor, inhaftierte Dschihadisten in Deutschland strafrechtlich zu | |
| verfolgen. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wurden bislang 18 | |
| Haftbefehle erlassen. | |
| 19 Feb 2019 | |
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| Norbert Röttgen | |
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