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# taz.de -- Diskriminierung an Berliner Schulen: Grüne wollen Meldepflicht
> Diskriminierungsfälle an Schulen sollen dokumentiert werden: Grünen legen
> Konzept vor und wollen weg von „Feuerwehrpolitik“
Bild: Stark frequentiertes Exkursionsziel von Schulen: das Berliner Holocaust-M…
Wenn an Schulen diskriminiert wird, provoziert das in schöner
Regelmäßigkeit erhitzte Diskussionen – und zwar dann, wenn die Fälle
öffentlich werden. Die Berliner Grünen wollen nun weg von dieser
„Feuerwehrpolitik“, wie es ihre integrationspolitische Sprecherin Bettina
Jarasch formulierte. Eine Prävention und die Dunkelziffer hinter den
öffentlich gewordenen Fällen immer erst zu diskutieren, wenn es mal wieder
zu spät ist, sei wenig hilfreich. „Empörung reicht nicht“, war denn auch
das „Gesamtkonzept gegen Diskriminierung an den Berliner Schulen“
überschrieben, das Jarasch und Vize-Fraktionschef Sebastian Walter am
gestrigen Mittwoch im Abgeordnetenhaus präsentierten.
Konkret sieht der Fraktionsbeschluss der Grünen eine Überarbeitung des
Landesantidiskriminierungsgesetzes vor. Das gilt nämlich nur für den
privatwirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Bereich, nicht aber für
öffentlich-rechtliche Institutionen wie Schulen. Da gelte es eine
„Schutzlücke“ zu schließen. Zwar beinhaltet auch das Berliner Schulgesetz
neuerdings explizit ein Diskriminierungsverbot. Allerdings ergebe sich
daraus kein einklagbares Recht zum Beispiel auf Entschädigungszahlungen,
erklärte Walter.
Auch die Beratungsarbeit wollen die Grünen stärken. Zwar gebe es mit der
Antidiskriminierungsbeauftragten für die Schulen bereits eine konkrete
Anlaufstelle in der Bildungsverwaltung. „Aber wir brauchen darüber hinaus
eine unabhängige Beratungsstelle, die nicht an die Verwaltung angedockt ist
und möglichst in jedem Bezirk mit einer Anlaufstelle präsent ist“, sagte
Jarasch. Aus vielen Gesprächen in den Schulen habe sie erfahren, „dass
Institutionen oft eine Hemmschwelle sind, sich überhaupt zu melden“.
## „Zu wenig Chefsache“
Außerdem wollen die Grünen eine Meldepflicht für Diskriminierungsvorfälle
und klarere Beschwerdewege in den Schulen. Dafür müssten vor allem auch die
Schulleitungen stärker sensibilisiert und geschult werden. Diskriminierung
sei noch „zu wenig Chefsache in den Schulen“, sagte Jarasch. Die
„Schulorganisation“ sei der Schlüssel.
„Prinzipiell eine gute Idee“, findet Saraya Gomis,
Antidiskriminierungsbeauftragte für die Berliner Schulen – man müsse das
aber so behutsam ausgestalten, dass die Opfer keine Angst hätten, sich zu
melden.
Tatsächlich sind diese Ideen nicht unbedingt neu. Bildungssenatorin Sandra
Scheeres (SPD) hatte in Reaktion auf mehrere Mobbing- und Gewaltvorfälle im
vergangenen Jahr bereits verpflichtende Krisenteams als erste
Ansprechpartner an den Schulen eingeführt. Auch eine Meldepflicht speziell
für antisemitische Vorfälle ist zum kommenden Schuljahr beschlossen. Der
rot-rot-grüne Senat will außerdem eine Gesamtstrategie gegen Antisemitismus
in Angriff nehmen.
Gerade religiöses Mobbing stand in den letzten zwei Jahren verstärkt im
Fokus der Öffentlichkeit. 2017 war ein jüdischer Junge an einer Friedenauer
Schule dermaßen von seinen MitschülerInnen drangsaliert worden, dass die
Eltern ihn von der Schule nahmen. Einen ähnlichen Fall gab es 2018 an einer
Tempelhofer Grundschule.
Eine am Montag veröffentlichte Studie der TU Berlin zu Antisemitismus in
der Schule hatte gezeigt: Während die Schoah in den Lehrplänen sehr präsent
sei, gelte das weniger für den Nahostkonflikt, der aber eine Quelle für
muslimisch motivierten Antisemitismus ist. In Berlin kommt das Thema nur
optional in der 9. und 10. Jahrgangsstufe vor. Und auch dann ist die Frage,
wie kompetent die LehrerInnen das Thema Antisemitismus vermitteln können.
Bestandteil in den Curricula der Lehrerausbildung an den Hochschulen ist es
(noch) nicht – auch das fordern die Grünen in ihrem „Gesamtkonzept“.
30 Jan 2019
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Antisemitismus
Antidiskriminierungsstelle
Sandra Scheeres
Mobbing
Diskriminierung
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Lehrerausbildung
Saraya Gomis
Bildungspolitik
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