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# taz.de -- Forderungen an Flüchtlingsbürgen: Doch nicht zur Kasse gebeten
> Menschen, die für Flüchtlinge gebürgt haben, müssen nun nicht ans
> Jobcenter nachzahlen. Die taz hatte zuvor berichtet.
Bild: Die taz hatte zuvor über den Apotheker und Bürgen Jonny Neumann (rechts…
Berlin taz | Es ist eine gute Nachricht für Menschen, die für die Einreise
von Flüchtlingen gebürgt haben: Sie werden vom Jobcenter nicht mehr
rückwirkend zur Kasse gebeten, um für den Aufenthalt der Geflüchteten zu
zahlen. Der Bund und die Länder wollen die finanziellen Forderungen der
Jobcenter an Flüchtlingsbürgen übernehmen, erklärte Bundesarbeitsminister
Hubertus Heil (SPD) am Donnerstag. Er werde die Jobcenter anweisen, von den
Rückforderungen abzusehen.
Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hatte zuvor
schon in der ARD angekündigt, dass eine Lösung gefunden sei. Bei den Bürgen
handele es sich um „Menschen, die Verantwortung übernommen haben“, sagte
Stamp. Es „geht hier um Kriegsopfer, die hier aufgenommen worden sind“. Der
Sender hatte einen Artikel der taz über den Berliner Apotheker [1][Jonny
Neumann] aufgegriffen und ebenfalls berichtet. Neumann hatte für einen
jungen Syrer gebürgt und sollte 14.000 Euro an das Jobcenter zahlen.
Hintergrund des Konflikts sind [2][Bürgschaften], die Menschen auf dem
Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise übernommen haben. Die Leute
hatten in den Ausländerbehörden Erklärungen unterzeichnet, in denen sie
sich verpflichteten, für Aufenthalt und Wohnung von einreisenden
Flüchtlingen aufzukommen.
Die Rechtslage war damals unklar. Laut Gesetz sollte die Verpflichtung so
lange gelten, bis der Aufenthaltstitel „zu einem anderen Aufenthaltszweck“
erteilt wurde. In vielen Beratungsstellen vertrat man damals die
Auffassung, dass die Anerkennung als Flüchtling die Unterhaltsverpflichtung
des Bürgen beendete. Dann wechselten die Flüchtlinge meist in den
Hartz-IV-Bezug. Allein 2013 und 2014 haben Schätzungen zufolge rund 7.000
Menschen in Deutschland Verpflichtungserklärungen abgegeben.
## „Vielzahl von Einzelentscheidungen“
Die Jobcenter, die den Unterhalt der Geflüchteten finanzierten,
verschickten Briefe an Bürgen mit Rückforderungen. Die Bundesagentur für
Arbeit hat insgesamt 2.500 solcher Bescheide registriert. Die
Rückforderungen sollen sich auf einen niedrigen zweistelligen
Millionenbeitrag belaufen, sagte Heil. Bis 2018 wurden nach Auskunft des
Arbeitsministeriums rund 670.000 Euro der Forderungen beglichen.
Kommen Bund und Länder jetzt für die Forderungen auf, gilt dies aber nur
für Verpflichtungserklärungen, die vor dem August 2016 unterschrieben
wurden. Denn im Integrationsgesetz von August 2016 wurde der entsprechende
Paragraf 68 im Aufenthaltsgesetz erweitert und klar festgelegt, dass die
Verpflichtung des Bürgen für fünf Jahre gilt und auch durch die Gewährung
des Flüchtlingsstatus „nicht … erlischt“.
Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, weist
allerdings darauf hin, dass auch Verpflichtungsgeber, die nach dem Sommer
2016 unterschrieben hätten „juristische Beratung“ in Anspruch nehmen
sollten. Es gebe eine „Vielzahl von Einzelentscheidungen“, in denen
Gerichte etwa moniert hätten, dass die Informationen in den Formularen
nicht eindeutig waren, die Ausländerbehörde ihrer Auskunftspflicht nicht
ausreichend nachgekommen sei oder die Zahlungsfähigkeit des
Verpflichtungsgebers nicht ausreichend geprüft hätte. Dies kann unter
Umständen eine Unterhaltsverpflichtung im Nachhinein in Frage stellen.
24 Jan 2019
## LINKS
[1] /Fluechtlings-Buergen-zur-Kasse-gebeten/!5563865
[2] /Jobcenter-wollen-Geld-von-Buergen/!5483983
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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