Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Diskussion im Jubiläumsjahr: Wie politisch ist das Bauhaus?
> Auf einer Podiumsdiskussion in Berlin wird die Annäherung an den
> politischen Kern des Bauhauses versucht. Das gelingt nur in Teilen.
Bild: Das Antifa-Logo ist angelehnt an einen Entwurf des Bauhaus-Schülers Max …
Emanzipation und Internationalisierung war Thema des dritten Teils des
samstäglichen Symposiums, das das Berliner Haus der Kulturen der Welt unter
dem Titel „Wie politisch ist das Bauhaus?“ kurzfristig organisiert hatte –
unterstützt durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa,
deren Chef Klaus Lederer aufgefallen war, dass allein mit Freudentänzen
das Bauhausjubiläum nicht bestritten werden sollte.
Eine brillante Einführung in diesen Teil lieferte der Sozial- und
Kulturanthropologe von der New York University, Arjun Appadurai, mit seinem
Vortrag „Politics of Forms and the Forms of Politics“. Seine These,
verkürzt: Das postkoloniale Projekt Bauhaus bzw. die Architektur der
Moderne erlaubte es dem einstigen indischen Premierminister Jawaharlal
Nehru, seine technizistischen Ideen problemlos mit traditionellen lokalen
Narrationen zu verbinden oder, wenn man so will, zu verblenden.
Wie wenig Widerstand die Politik der nüchternen Formen und transparenten
Materialien gegen dazu im Widerspruch stehenden Anliegen leistet, wurde im
„Gespräch“ der Schriftstellerin Teresia Enzensberger und der Leiterin der
Akademie der Stiftung Bauhaus Dessau, Regina Bittner, deutlich. Letztere
setzte sich mit einem Vortrag zur Verteidigung der Textilwerkstatt in
Szene, bevor Enzensberger nach 20 Minuten sagen konnte, warum sie überhaupt
auf dem Podium saß – sie hat die Emanzipationsgeschichte einer begabten
Frau in ihrem Roman „Blaupause“ am Bauhaus angesiedelt. Sie durfte noch
bemerken, dass die mangelnde Freiwilligkeit bei der sogenannten
Entscheidung für die Textilwerkstatt nicht für die Bauhaus-Pädagogik
sprach, bis Bittner erneut ausholte – ein autoritärer Missbrauch des
Rederechts.
Am Bauhaus Dessau scheint einiges im Argen zu liegen. Im Panel zur
politischen Rolle kultureller Institutionen verstand man also Sebastian
Helm vom Grafikbüro Schroeter & Berger sehr gut, wenn er als Teil der
kürzlich gegründeten Besorgten Bauhäusler*innen die Art etwa kritisierte,
dass die Schoah völlig ausgeblendet werde, obwohl 17 Bauhäusler*innen als
NS-Opfer zählten. Sein Büro hat das 1932 vom Bauhäusler Max Gebhard
entworfene Signet der Antifaschistischen Aktion auf die T-Shirts gedruckt,
die beim Konzert von Feine Sahne Fischfiltet (FSF) am 6. November im
Brauhaus in Dessau verteilt wurden. Warum steht eigentlich der
Freischwinger für das Bauhaus und nicht dieses Signet?
## Wider die vermeintliche Neutralität
Das könnte sich ändern in Zeiten, in denen die extreme Rechte den
Kulturkampf praktiziere, sagte Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen
Rechtsextremismus. Auch an der These der Architekturhistorikerin Beatriz
Colomina, dass das vermeintlich offene, gläserne Bauhaus sich besser zur
Geheimhaltung von Unliebsamem eignete als die dunklen Ecken der
Gründerzeitarchitektur, könnte etwas dran sein.
Jacobus North von FSF erklärte, der Mord an Oury Jalloh sei der Grund
gewesen, weshalb die Band nach der Konzertabsage des Bauhauses unbedingt in
Dessau habe spielen wollen – erstmals kommt dies im Kontext des Jubiläums
zur Sprache. Der Haltung von FSF entsprach der Tenor der Diskutanten,
radikal Partei zu ergreifen für antirassistische, emanzipatorische,
demokratische Konzepte, ob in der Pädagogik, Wohnungs- oder
Geschlechterfrage oder der Frage von Weltoffenheit und Solidarität, aus der
Erfahrung heraus, dass seine vermeintlich politische Neutralität dem
Bauhaus gegen die Kräfte der Reaktion, die die Autonomie der Kunst
bestritten und sie an Nation und Volk gebunden sahen, nicht geholfen hat.
20 Jan 2019
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
Bauhaus
Antifaschismus
Design
Kultur in Berlin
Bauhaus Jubiläum 2019
Bauhaus Jubiläum 2019
Bauhaus Jubiläum 2019
Schwerpunkt Berlinale
ARD
Bauhaus
Bauhaus
Bauhaus
Feine Sahne Fischfilet
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kulturangebote in Berlin: Auf ins Museum!
Mit verschiedenen Angeboten will Kultursenator Lederer kommunale
Einrichtungen attraktiver machen.
Fotografie-Ausstellung in Berlin: Ein Urknall namens FiFo
„Bauhaus und die Fotografie“ ist das Thema einer Ausstellung. Es geht mehr
um Fotografiegeschichte als um Bauhaus-Historie.
Essay zum 100. Bauhaus-Jubiläum: Bau der Zukunft
Neue Produktionsmittel, alte Eigentumsverhältnisse? Über das
sozioökonomische Reflexionsdefizit des Bauhauses und dessen Aktualität.
Neue Biografie zu Walter Gropius: Herrenreiter Gropius
Der Künstler und Autor Bernd Polster rüttelt mit seiner Biografie über
Walter Gropius am Bild des großen Architekten.
Forum Expanded: Wieder Leben in der Leichenhalle
Das Forum Expanded in Berlin hat sein Hauptquartier gewechselt.​ In der
Betonhalle des Silent Green zeigt es ein durchwachsenes Programm.
ARD-Spielfilm „Lotte am Bauhaus“: Ab in die Weberei!
Ein ARD-Spielfilm und eine Dokumentation erzählen das Bauhaus einmal aus
der Sicht einer jungen Frau. Aber was heißt hier „einmal“?!
Wochenvorschau für Berlin: Aus dem Häuschen!
Wintertage sind Kulturtage: Neben Bauhaus- Allerlei kann man auch schön
retro unterwegs sein. Und am Sonntag wird den Opfern des
Nationalsozialismus gedacht.
Bauhaus in Berlin: Schlicht und ergreifend
Heute beginnt die Feier von 100 Jahren Bauhaus – auch in Berlin, wo das
Bauhaus zu Ende ging. Aber ist Berlin eine Bauhaus-Stadt?
Ex-Bauhaus-Leiter über das Jubiläum: „Uns fehlt ein Bauhaus-Streit“
Die Feierlichkeiten zu „100 Jahre Bauhaus“ beginnen. Philipp Oswalt,
ehemaliger Leiter der Bauhaus-Stiftung, findet die Musealisierung der
Institution problematisch.
CDU-Politikerin über linke Punkband: „Kunst muss gezeigt werden können“
Karin Prien sieht sich mit Schülern die Doku über Feine Sahne Fischfilet an
– weil sie nach einer Bombendrohung ein Zeichen für Kunstfreiheit setzen
will.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.