# taz.de -- Eskalation im Budgetstreit mit Italien: Brüssel will Verfahren geg… | |
> EU-Abgeordnete finden: Rom provoziert eine Eskalation. Die Kommission | |
> will zu einem Trick greifen, um Italiens geplante Neuverschuldung zu | |
> stoppen. | |
Bild: Stur: Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Giovanni Tria | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission bereitet sich auf ein Defizitverfahren | |
gegen Italien vor. Damit reagiert sie auf die [1][Weigerung der Regierung | |
in Rom], den umstrittenen Budgetentwurf für 2019 mit einer Neuverschuldung | |
von 2,4 Prozent des BIP zu korrigieren. Das Verfahren könnte bereits am | |
kommenden Mittwoch eingeleitet werden und zu hohen Strafen führen. | |
Am Dienstag war ein Ultimatum [2][der Brüsseler Behörde] abgelaufen. Die | |
populistische Regierung sollte einen neuen Budgetentwurf vorlegen und das | |
Defizit senken. Doch Rom stellt sich stur. „Das Budget ändert sich nicht“, | |
sagte Luigi Di Maio, der Chef der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, nach | |
einer Kabinettssitzung in Rom. | |
„Wir sind der Überzeugung, dass dies der Haushalt ist, den das Land | |
braucht, um wieder in Gang zu kommen“, so Di Maio. In einem Brief forderte | |
Finanzminister Giovanni Tria die EU-Kommission auf, auch „außergewöhnliche | |
Ereignisse“ wie den Brückeneinsturz in Genua und die Schäden durch | |
tagelange Unwetter zu berücksichtigen. | |
Zudem geht der neue italienische Entwurf von einer fallenden | |
Gesamtverschuldung aus. Dies soll durch Verkäufe staatlicher Beteiligungen | |
erreicht werden. Das Finanzministerium prüft Insidern zufolge den Verkauf | |
von Aktienpaketen an die staatliche Bank CDP. Der Schulden-berg von 130 | |
Prozent bereitet Brüssel besondere Sorge. | |
## Die EU-Kommission will nicht warten | |
Nun soll die hohe Verschuldung offenbar auch als Begründung für ein | |
schnelles Defizitverfahren herhalten. Normalerweise kann die EU-Kommission | |
nämlich erst aktiv werden, wenn ein regelwidriger Budgetentwurf in Kraft | |
tritt und zu Problemen führt – im Falle der neuen Regierung in Rom wäre | |
dies erst im Frühjahr 2019. | |
Doch so lange möchte die EU-Kommission nicht warten. Deshalb greift sie in | |
die Trickkiste – und prüft ein Verfahren nach Artikel 126(3) des | |
EU-Vertrags. Dabei geht es um ein „exzessives Defizit“. Es kann zu | |
Bußgeldern von bis zu 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts führen. Im | |
Falle von Italien wären das maximal 3,4 Milliarden Euro. | |
Allerdings ist umstritten, ob die Altschulden ausreichen, um ein | |
Defizitverfahren zu starten. Schließlich sitzt Italien schon seit Jahren | |
auf seinem Schuldenberg. Er ist auch in den letzten Jahren, als sich die | |
Regierung in Rom noch an die Vorgaben aus Brüssel hielt, nicht geschrumpft. | |
Denn dafür war das Wachstum zu niedrig. | |
Der [3][grüne Finanzexperte Sven Giegold] meldete Vorbehalte an. Wenn sich | |
die EU-Kommission auf die Schuldenregel beziehen sollte, so wäre dies | |
ökonomisch unvernünftig, sagte er. Denn diese sieht vor, dass das Defizit, | |
das über der erlaubten Quote von 60 Prozent liegt, in 20 Jahren abgebaut | |
werden muss. Das hieße im Fall Italiens eine Senkung von 3,5 Prozentpunkte | |
im Jahr. Dies sei jedoch nur bei hohem Wachstum durchzuhalten, so Giegold. | |
## „Rom provoziert“ | |
Für ein hartes Durchgreifen sprach sich dagegen der Europaabgeordnete | |
Markus Ferber aus. „Die italienische Regierung provoziert die Eskalation“, | |
sagte er. „Sollte Rom mit diesem Affront durchkommen, bedeutet das das Ende | |
des Stabilitäts- und Wachstumspakts“, warnte der CSU-Politiker. Die | |
Kommission dürfe deshalb nicht länger zögern. | |
Ein Sprecher der EU-Behörde lehnte jeden Kommentar ab. Man werde zunächst | |
die Unterlagen aus Rom prüfen und in der kommenden Woche eine Bewertung | |
abgeben. Ob dann auch bereits Entscheidungen fallen, ließ er offen. | |
14 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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