Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar EU-Streit mit Italien: Kalter Krieg in Brüssel
> Der Kollisionskurs der Regierung in Rom könnte nicht nur Italien ins
> Börsenchaos stürzen. Auch die EU riskiert eine Krise der Eurozone.
Bild: EU-Kommissare Valdis Dombrovskis und Pierre Moscovici
Einen „Staatshaushalt des Wandels“ hatte die Koalition aus Fünf Sternen und
Lega in Rom angekündigt – und wenigstens einen Wandel hat sie schon
erreicht. Erstmals überhaupt [1][schmetterte die EU-Kommission den
Haushaltsentwurf eines Eurolands umgehend ab] und verlangt jetzt
grundlegende Nachbesserungen binnen drei Wochen.
Neu ist allerdings auch die Reaktion aus Rom. Bisher galt jedesmal, wenn
die Kommission etwas an nationalen Haushaltpolitiken auszusetzen hatte: Die
betroffene Regierung setzt sich, ohne großes Getöse, mit den Vertretern
Brüssels an einen Tisch, um Kompromisslinien auszuloten.
Zwar tut Ministerpräsident Giuseppe Conte auch jetzt so, als sei der
Gesprächsfaden keineswegs abgerissen. Seine Regierung werde den Haushalt
„erklären“ und „erläutern“, der sei ja „keineswegs improvisiert“.…
wahre Haltung Roms repräsentierte ihm wohl ein anderer: der
Lega-Europaabgeordnete Angelo Ciocca.
Er nahm zum Ende der Pressekonferenz der Kommissare Valdis Dombrovskis und
Pierre Moscovici am Dienstag seinen Schuh und hämmerte auf Moscovicis
Notizen ein, mit dem Kommentar: „Ich habe seinen Lügen einen Tritt
versetzt“.
## Salvini will keine Verhandlungen
Eines Szene wie aus dem Kalten Krieg, die an Nikita Chruschtschows
legendären Schuhauftritt bei der UNO-Vollversammlung 1960 erinnert.
Kriegerisch auch sind die Töne, mit denen die beiden starken Männer der
Regierung reagieren. Matteo Salvini von der Lega teilt knapp mit, es werde
„keine Verhandlung eröffnet, dies ist keine Attacke gegen die Regierung,
sondern gegen ein Volk“. Und Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio verlangt von
Brüssel „Respekt für das Volk und seine Regierung“, Punkt.
Eskalation steht also ins Haus. Beide Seiten gehen davon aus, sie würden
ihr Gesicht verlieren, wenn sie nachgäben. Die eine, Brüssel, als Wächter
der Euroregeln, die andere, Rom, als verlässlicher Vertreter der
italienischen Wähler, die nun einmal für eine radikale Kurskorrektur
gestimmt haben.
Wie so oft bei Eskalationen aber drohen beide Seiten vor lauter
Gesichtswahrung am Ende zu verlieren. Eigentlich geht es nur um gerade
einmal 13 Milliarden Euro, und das in Europas drittgrößter Volkswirtschaft
mit 1,7 Billionen Euro BIP, denn statt der jetzt von Italiens Regierung
angepeilten Neuverschuldung von 2,4% des BIP hatte die Kommission schon
ihre Zustimmung zu 1,6% signalisiert.
[2][Italien riskiert mit seinem Kollisionskurs] den Vertrauensverlust an
den Finanzmärkten – und dann würden die 13 Milliarden von zusätzlichen
Zinszahlungen aufgefressen, ohne Raum für Reformen zu lassen. Europa
dagegen riskiert eine tiefe Krise der Eurozone, denn Italien kann man nicht
wie Griechenland einfach zurufen „game isch over“, mit Wolfgang Schäubles
Worten. Das Over träfe in diesem Fall die gesamte Eurozone.
24 Oct 2018
## LINKS
[1] /Bruessel-lehnt-Italiens-Haushaltsentwurf-ab/!5541197
[2] /Italiens-Schuldenstreit-mit-der-EU/!5539652
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Europäische Kommission
Rom
Matteo Salvini
Lega Nord
EU-Kommission
Italien
Italien
Movimento 5 Stelle
EU-Kommission
Italien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Eskalation im Budgetstreit mit Italien: Brüssel will Verfahren gegen Rom
EU-Abgeordnete finden: Rom provoziert eine Eskalation. Die Kommission will
zu einem Trick greifen, um Italiens geplante Neuverschuldung zu stoppen.
Interview zum Streit Italien/EU: „Armut destabilisiert Italien“
Rom beharrt darauf, mehr Geld auszugeben als von der EU-Kommission
erwünscht. Die Ökonomin Antonella Stirati sieht ihr Land im Recht.
„Schuldensünder“ in der EU: Euroländer und Bayern gegen Italien
Die CSU fordert im Budgetstreit Sanktionen gegen Italien. Doch bei der
Eurogruppe in Brüssel geben andere Hardliner den Ton an.
Brüssel lehnt Italiens Haushaltsentwurf ab: Ein Novum in der Geschichte der EU
Gravierend, ja beispiellos nennen es die EU-Kommissare, dass Italien eine
zu hohe Neuverschuldung anpeilt. Rom könnten Geldstrafen und Kürzungen
drohen.
Staatsdefizite in der Eurozone: Brüssel rüffelt nicht nur Italien
Auch Frankreich, Spanien und Portugal bekommen einen blauen Brief der
EU-Kommission. Die Begründung ist jedoch selbst unter Ökonomen umstritten.
Italiens Schuldenstreit mit der EU: Wir machen Schulden, basta!
Warum braucht es eine rechtspopulistische Regierung, um gegen das
Spardiktat aus Brüssel aufzumucken?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.