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# taz.de -- Streit über italienischen Staatshaushalt: Italien kontert EU mit H…
> Drei Wochen hat Rom Zeit, beim Haushaltsentwurf nachzubessern. Doch die
> italienische Regierung setzt lieber auf Konfrontation.
Bild: Innenminister Matteo Salvini bezeichnete EU-Kommissare als „Herren der …
Rom taz | Im Streit über den italienischen Staatshaushalt 2019 verhärten
sich die Fronten zwischen Brüssel und Rom. Nachdem die EU-Kommission in
einem Brief an die italienische Regierung deren Haushaltsentwurf offiziell
zurückgewiesen hat, hat Italien nun drei Wochen Zeit, um den Entwurf
anzupassen, sonst droht die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens.
„Voller Bedauern“ stelle sich die EU gegen Italien, doch „die italienische
Regierung verletzt offen die gegenüber sich selbst und den anderen Ländern
eingegangenen Verpflichtungen“, sagte Kommissions-Vizepräsident Valdis
Dombrovskis. Die Eurozone gründe auf Vertrauen, „mit Regeln, die für alle
gleichermaßen gelten“, und alle Staaten nähmen Schaden, „wenn das Vertrau…
ausgehöhlt wird.“
Hauptärgernis für die EU-Kommission ist das von Italien für 2019 angepeilte
Defizit von 2,4 Prozent des BIP. Die Vorgängerregierung hatte noch 0,8
Prozent angesetzt. Die Kommission bot in den letzten Wochen als möglichen
Kompromiss 1,6 Prozent an. Doch die Regierung der beiden
Anti-Establishment-Parteien Movimento 5 Stelle und Lega braucht die 2,4
Prozent, um zentrale Wahlversprechen zu finanzieren. Dazu zählen etwa die
Einführung einer Grundsicherung, die Kürzung des Renteneintrittsalters und
mehr öffentliche Investitionen.
Auch jetzt, [1][nach dem Brief aus Brüssel], bleibt die
Fünf-Sterne-Lega-Koalition unbeirrt. Der parteilose Regierungschef
Giuseppe Conte erklärte: „Wir schreiten voran in der Überzeugung, dass wir
den richtigen Weg eingeschlagen haben.“ An den 2,4 Prozent werde „nicht
gerührt“. Weit ruppiger reagierte Angelo Ciocca, Europaparlamentarier der
Lega, der auf der Pressekonferenz der EU-Kommissare Dombrovskis und Pierre
Moscovici die Notizen Moscovicis mit seinem Schuh traktierte und dann
erklärte, er habe „den Lügen Moscovicis einen Tritt versetzt“.
## Salvini will der EU nicht entgegenkommen
Der EU-Wirtschaftskommissar Moscovici bezeichnete Ciocca als Provokateur
und Faschisten. Zwar ging der starke Mann der Lega, Rechtspopulist Matteo
Salvini, zu dieser Aktion, auf Abstand. Doch auch er ist auf
Konfrontationskurs. „Das Negativurteil der EU ändert nichts“, sagte
Salvini, „die Herren der Spekulation“ hätten keine Chance, „kein Schritt
zurück“ sei in Aussicht.
Auch von den Fünf Sternen waren gleiche Töne zu vernehmen. Es sei klar,
dass der Haushaltsentwurf der EU-Kommission nicht gefalle, erklärte der
Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio, der genauso wie Salvini dem Kabinett Conte
als Vizepremier angehört. „Zum ersten Mal“ sei das Haushaltsgesetz „in R…
nicht in Brüssel geschrieben“ worden. Gewiss, Italiens Regierung werde die
Gespräche mit der Kommission „voller Respekt“ führen, verlange aber
gleichen Respekt für das italienische Volk. Italiens Regierung werde
jedenfalls „erhobenen Hauptes weiter zum Wohl der Bürger arbeiten“.
Bei dieser Arbeit könnte sich jedoch der Konflikt mit der EU störend
auswirken, weniger wegen des möglichen Vertragsverletzungsverfahrens als
wegen der Konsequenzen auf den Märkten. Italiens Finanzminister Giovanni
Tria selbst hatte das Problem schon im September benannt: „Es ist unnütz,
im Haushalt nach 2 oder 3 Milliarden zu suchen, um Reformen zu finanzieren,
wenn wir wegen eines größeren Spread an den Finanzmärkten 3 oder 4
Milliarden verlieren.“
## Bonität Italiens erneut herabgestuft
Eben dieses Schicksal droht Italien nun. Der Spread – der Zinsabstand
zwischen italienischen und deutschen Staatsschuldverschreibungen mit
zehnjähriger Laufzeit – liegt jetzt schon bei über 3 Prozent. Während
Deutschland zu 0,4 Prozent Schulden machen kann, muss Italien 3,5 Prozent
Zinsen anbieten. Höhere Zinsen müssen aber auch Unternehmer und Verbraucher
für Kredite aufbringen. Hinzu kommt, dass Italiens Banken dank der
niedrigeren Bewertung der italienischen Bonds, die sie halten, an
Eigenkapital einbüßen – und deshalb weniger Kredite vergeben können.
Die Ratingagentur Moody’s hat auf diese Situation am Wochenende schon mit
einer weiteren Herabstufung der Bonität Italiens reagiert und stufte zu
Wochenanfang auch noch die Kreditwürdigkeit von zwölf Banken und mehreren
Großkonzernen des Landes herunter; sie alle liegen jetzt nur noch eine
Stufe über Ramschniveau.
Zunehmend unglaubwürdig wird damit auch die rosige Erwartung der
italienischen Regierung, im nächsten Jahr werde es 1,5 Prozent Wachstum
geben: Die Negativeffekte des Konflikts mit Brüssel drohen alle
potenziellen Positiveffekte eines expansiven Haushalts zu neutralisieren.
24 Oct 2018
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## AUTOREN
Michael Braun
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