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# taz.de -- Italiens Haushaltsdefizit: Salvini spottet über Kritik der EU
> Italien reagiert mit Hohn auf die Budget-Empfehlung aus Brüssel. Ändern
> will die Regierung nichts. Die Zinsen für Staatsanleihen steigen weiter.
Bild: „Brief aus Brüssel? Na gut, wir warten auf Post vom Weihnachtsmann“:…
ROM taz | Die Empfehlung der EU-Kommission, [1][gegen Italien wegen der
Haushaltspläne 2019 ein Defizitverfahren einzuleiten], löste in Rom eines
ganz gewiss nicht aus: Überraschung. Italiens Regierung aus Fünf Sternen
und Lega zeigte sich unbeeindruckt und wiederholte auch am Donnerstag, dass
sie eine Änderung ihres Haushaltsentwurfs nicht in Betracht zieht.
In der ihm eigenen, spöttisch herablassenden Art äußerte sich Matteo
Salvini, Vizepremier, Innenminister und Chef der
rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega. „Da ist ein Brief aus Brüssel
gekommen? Na gut, wir warten auf Post vom Weihnachtsmann“, erklärte er am
Donnerstag in einer Rede beim Einzelhandelsverband. Die Kommission in
Brüssel bestehe halt aus „Schreibwütigen, die ihre Zeit damit verbringen,
Briefchen zu schreiben, die sie allerdings nicht schrieben, als die
Staatshaushalte Schaden im Land anrichteten“.
An dem expansiven Haushalt mit einer geplanten Neuverschuldung von 2,4
Prozent des Bruttoinlandsprodukts will Salvini nicht rütteln: „Ich habe
nichts gegen Europa“, legte er nach. „Ich verlange Respekt für das
italienische Volk, und ich verlange, dass sie mich nicht zum 100-Meter-Lauf
mit Skistiefeln an den Füßen antreten lassen.“ Doch Salvini sieht immer
noch Möglichkeiten zu einer Einigung mit der Kommission. Der italienischen
Regierung jedenfalls gehe es nicht um „einen Zusammenstoß, sondern um eine
inhaltliche Auseinandersetzung“. In deutlich leiseren Tönen, in der Sache
jedoch deckungsgleich äußerte sich Ministerpräsident Giuseppe Conte. „Die
Regierung ist von der Gültigkeit der Ausrichtung ihres Haushaltsentwurfs
überzeugt“, erklärte er. „Wir werden uns am Samstagabend mit Juncker
austauschen, und ich hoffe, dass es ein Austausch über unsere Positionen
wird.“
Ein „Austausch“ allerdings, in dem nichts zur Debatte steht, wenn man
Francesco D’Uva glauben darf, dem Fraktionsvorsitzenden der Fünf Sterne im
Abgeordnetenhaus. Italien, behauptet er, respektiere die EU-Regeln „auch
mit diesem Haushalt“. Seine Botschaft: „Den Bürgern sagen wir, dass sie
nichts zu befürchten haben, weil wir nicht zurückweichen. Wir sind nicht
gewählt worden, um die gleiche destruktive Politik der Vorgängerregierungen
umzusetzen.“
## Märkte entsetzt
Sowenig sich die Position der EU-Kommission in den letzten vier Wochen seit
der Vorlage des italienischen Haushaltsentwurfs bewegt hat, so wenig zeigt
sich also auch die italienische Regierung bereit, auch nur in bescheidenem
Maß ihre Position zu modifizieren. Allerdings weiß auch die
Anti-Establishment-Koalition in Rom, dass sie die Rechnung nicht nur mit
Brüssel, sondern auch mit den Finanzmärkten machen muss – und die Signale
von dort sind nicht gerade ermutigend.
So hat sich der Spread – der Zinsabstand zwischen italienischen und
deutschen Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit – in den letzten Wochen bei
mehr als 3 Prozent eingependelt; noch unmittelbar nach der
Regierungsbildung Anfang Juni hatte er unter 1,5 Prozent gelegen. Italien
muss zur Refinanzierung seiner Schulden im Jahr 2019 Anleihen in Höhe von
etwa 400 Milliarden Euro platzieren, die dann deutlich höher verzinst
werden müssten.
Vorher muss die Regierung die Papiere aber erst mal loswerden. In der
laufenden Woche versucht die Regierung, eine extra für Kleinsparer
ausgelegte Staatsschuldverschreibung mit vierjähriger Laufzeit an den Mann
zu bringen. Mit Blick auf diese Auktion hatte Matteo Salvini im Oktober
erklärt, er sei „überzeugt, dass die Italiener bereit sind, uns zu
unterstützen“. Von dieser Hilfsbereitschaft ist jedoch wenig zu sehen: An
den ersten zwei Tagen lief die Auktion miserabel. Es konnten nur Papiere im
Wert von 720 Millionen Euro abgesetzt werden. Die Regierung hatte auf die
doppelte Summe gesetzt. Schlechter lief eine vergleichbare Auktion nur im
Jahr 2012, auf dem Höhepunkt der Eurokrise. Derweil korrigieren sowohl das
Statistische Amt des Landes als auch die OECD ihre Wachstumsprognosen für
Italien nach unten. Während die Regierung von 1,5 Prozent ausgeht, erwartet
die OECD für 2019 nur 0,9 Prozent und das Statistikamt 1,3 Prozent.
Während die Regierung keinen Millimeter nachgibt, äußert die Opposition
harsche Kritik. Der frühere Ministerpräsident Matteo Renzi von der gemäßigt
linken Partito Democratico (PD) sprach von [2][„Verantwortungslosen, die
die öffentlichen Haushalte ruinieren“] und deren einziges Interesse es sei,
bei den im Mai 2019 anstehenden Europawahlen ihren Konsens zu steigern.
21 Nov 2018
## LINKS
[1] /Eskalation-im-Budgetstreit-mit-Italien/!5550958
[2] /Kommentar-Haushaltsstreit-Italien/EU/!5540647
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
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