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# taz.de -- Kommentar Verschärfte Polizeigesetze: Im Rausch von Law and Order
> Mit den verschärften Polizeigesetzen wollen sich die Landesregierungen
> gegen die AfD profilieren. Eine gefährliche Symbolpolitik.
Bild: Härter, schärfer, doller: die neuen Polizeigesetze
Fast bundesweit feilen die Länder derzeit an ihren Polizeigesetzen. Und es
gibt nur eine Richtung: härter, schärfer, doller. Handys sollen überwacht,
Präventivgewahrsame verhängt, Videokameras ausgebaut, Handgranaten in den
Polizeidienst integriert werden. Inzwischen zieht selbst [1][die rot-rote
Regierung in Brandenburg] mit, das grün-schwarze Baden-Württemberg legte
schon vor Monaten vor. Dabei ist längst ein Innehalten angebracht.
[2][Die neuen Polizeigesetze] stehen unter dem Eindruck der
allgegenwärtigen Terrorgefahr, vor allem des [3][Anschlags von Anis Amri in
Berlin mit zwölf Toten Ende 2016]. Man dürfe nicht blind sein, wenn
Terroristen ihre Attentate planten, beschwören die Sicherheitsbehörden
seitdem. Aber gerade der Fall Amri zeigt: Das Versagen lag hier nicht am
leeren Werkzeugkasten der Ermittler. Diese hatten sehr früh Informationen
über Amri, kannten seine Gefährlichkeit – und schätzten ihn am Ende
schlicht falsch ein.
Die Landespolitiker hält das indes nicht davon ab, nun das ganz große Rad
zu drehen. Fast wie im Rausch wird nun durchgesetzt, wovon
Law-and-Order-Politiker seit Jahren träumen. Selbst Polizeigewerkschaftern
geht einiges davon inzwischen zu weit: Das Ziel einer bürgernahen Polizei
gerate in Gefahr, vielmehr werde Misstrauen in den Staat geschürt.
Viele der Verschärfungen dürften indes noch einen ganz anderen Fokus haben
als die Terrorabwehr: einen innenpolitischen. Sie dienen den CDU-, CSU-
oder SPD-Innenministern als Profilierung, auch gegen eine
rechtspopulistische AfD, die alles noch härter will. Es ist Symbolpolitik
auf einem mehr als heiklen Terrain.
## Eines Rechtsstaats unwürdig
Denn es geht hier längst um einen Paradigmenwechsel: hin zum präventiven
Polizeihandeln, längst nicht mehr nur im Falle eines Terrorverdachts. Die
neuen Befugnisse wechseln immer mehr von einer Verfolgung von Straftaten
hin in einen Bereich der bloßen Annahme, es könnte demnächst zu Straftaten
kommen. Aus einer reinen Vermutung heraus aber Haft zu verhängen – [4][in
Bayern sogar mit unbegrenzter Höchstdauer] –, ist ein rechtsstaatlicher
Skandal.
Viele der neuen Gesetze sind noch dazu mehr als vage formuliert. Der
Polizei bietet das am Ende ein Maximum an Handlungsspielraum – und den
Bürgern ein Maximum an Unsicherheit, ab wann sie künftig ins Visier des
Sicherheitsapparats geraten. Auch dies ist eines Rechtsstaats unwürdig.
Erst jetzt, nachdem einiges in Gesetzesform gegossen ist, rücken
Demonstranten wieder die Bürgerrechte in den Fokus. Mit aller Berechtigung.
Denn es bleibt dabei: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Auch
nicht mit einem entfesselten Polizeiapparat.
14 Nov 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Polizeigesetz-in-Brandenburg/!5544878
[2] /Umstrittenes-Vorhaben-in-NRW/!5542121
[3] /Aufklaerung-von-Breitscheidplatz-Anschlag/!5543898
[4] /Bayerisches-Polizeiaufgabengesetz/!5541803
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Polizeigesetz
Brandenburg
Baden-Württemberg
Landespolitik
Innenminister
Law and Order
Polizeigesetz
Demonstrationen
Präventivhaft
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Polizei
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