| # taz.de -- Demonstration gegen Polizeigesetze: Der Freiheit Fesseln anlegen | |
| > Am Samstag wird gegen die bundesweite Verschärfung der Polizeigesetze | |
| > demonstriert. Auch in Berlin wird das Gesetz derzeit reformiert. | |
| Bild: Soll bald mehr Befugnisse bekommen: Die Berliner Polizei, hier bei einem … | |
| Auf den ersten Blick mögen die beiden Themen nicht recht zusammenpassen: | |
| Unter dem Motto „Der Wunsch nach Freiheit lässt sich nicht verbieten“ | |
| findet am Samstag in Berlin eine bundesweite Demonstration gegen das seit | |
| 25 Jahren bestehende Verbot der kurdischen Organisation PKK sowie gegen die | |
| Verschärfung der Polizeigesetze in vielen Bundesländern statt. „Für uns | |
| gehört das untrennbar zusammen“, sagt Can Bulut, der Sprecher des | |
| Demonstrationsbündnisses: „An der kurdischen Bewegung wird seit Jahren das | |
| ausprobiert, was mit den Polizeigesetzen nun Standard für alle linken, | |
| progressiven Kräfte sein wird.“ | |
| Unbegrenzte Präventivhaft in Bayern, versteckte Bodycams für die Polizei in | |
| Niedersachsen, Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation in | |
| Nordrhein-Westfalen: Wenn es um die Polizeigesetze geht, die derzeit fast | |
| überall überarbeitet werden oder schon reformiert worden sind, stehen | |
| andere Bundesländer im Fokus. Doch auch in Berlin laufen seit Mitte Oktober | |
| die Verhandlungen über eine Reform des Polizeigesetzes, das hier Asog | |
| (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz) heißt. | |
| Bis Ende des Jahres, so der ehrgeizige Zeitplan, soll ein erster Entwurf | |
| stehen. Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hakan Taş, ist sich | |
| sicher: „Unsere Reform wird das Gegenmodell zu Bayern. Bei den | |
| Verschärfungen, die gerade überall sonst passieren, macht Berlin nicht | |
| mit.“ | |
| Doch ob das neue Gesetz am Ende tatsächlich keine Verschärfung bedeuten | |
| wird, ist fraglich. Denn um die einzelnen Punkte wird zwischen SPD, Grünen | |
| und Linken hart gerungen. Der Knackpunkt: Die SPD will den sogenannten | |
| finalen Rettungsschuss im Gesetz verankern, die Telefonüberwachung zur | |
| Gefahrenabwehr ausbauen und die elektronische Fußfessel für Gefährder | |
| einführen. Keins dieser Vorhaben steht im Koalitionsvertrag. Der allerdings | |
| wurde beschlossen, bevor der islamistische Attentäter Anis Amri im | |
| vorletzten Dezember 12 Menschen tötete. | |
| Seitdem hat sich die Diskussion um innere Sicherheit in Deutschland | |
| verändert – auch in Berlin: „Der SPD geht es darum, die rechtlichen | |
| Voraussetzungen zu schaffen, die zur Bekämpfung der Terrorgefahr notwendig | |
| sind“, sagt Frank Zimmermann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, | |
| am Donnerstag der taz. | |
| Zum genauen Stand der Verhandlungen will sich offiziell keine der drei | |
| Fraktionen äußern. Diese befänden sich „in einem sehr sensiblen Stadium“, | |
| deswegen sei Stillschweigen vereinbart worden, sagt der grüne | |
| Innenpolitiker Benedikt Lux der taz. „Wir sind in der Schlussrunde | |
| intensiver Verhandlungen“, sagt Zimmermann. Den Zeitplan, noch bis Ende des | |
| Jahres einen Entwurf vorzulegen, halte er weiterhin für realistisch. | |
| An der Ablehnung seiner Fraktion in Sachen finaler Rettungsschuss und | |
| elektronische Fußfessel habe sich allerdings nichts geändert, sagt Taş. | |
| „Das wird es mit der Linken nicht geben.“ Und noch beim Ausbau der | |
| Videoüberwachung, einem anderen von der SPD verfolgtes Gesetzesvorhaben, | |
| gehe seine Fraktion nicht mit: „Wir sind überzeugt, dass wir in Berlin | |
| nicht mehr Kameras brauchen.“ Damit stellt sich die Linke gegen die | |
| Position der Grünen. Deren Landesvorsitzender Werner Graf hatte in der | |
| letzten Woche erklärt, seine Partei lehne mehr Videoüberwachung nicht „per | |
| se“ ab. | |
| In Sachen Asog-Reform könnte noch ein weiterer Punkt für Zündstoff sorgen: | |
| Debattiert werde auch der Einsatz stiller SMS und sogenannter Imsi-Catcher, | |
| heißt es in Koalitionskreisen. Beides sind Mittel der elektronischen | |
| Telekommunikationsüberwachung: Mit stillen SMS kann die Polizei Handys | |
| orten und so Bewegungsprofile der Nutzer erstellen, mit Imsi-Catchern auch | |
| Telefonate mithören. | |
| Beide Methoden werden in Berlin bereits eingesetzt, allerdings bislang zur | |
| Strafverfolgung. Beim Asog geht es aber um Gefahrenabwehr, also auch um | |
| präventive Maßnahmen. Die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk | |
| hatte bereits vor mehr als zwei Jahren den bisherigen Einsatz stiller SMS | |
| in Berlin scharf kritisiert und „gravierende Mängel“ in der polizeilichen | |
| Praxis festgestellt. In die momentan laufenden Verhandlungen zum Asog sei | |
| die Datenschutzbeauftragte nicht eingebunden worden, sagte ihr Sprecher | |
| Joachim-Martin Mehlitz am Donnerstag der taz. | |
| Mehrfach hingewiesen habe die Datenschutzbeauftragte bereits darauf, dass | |
| das Asog an die seit Mai geltende EU-Datenschutzgrundverordnung angepasst | |
| werden müsse, so Mehlitz. „Bislang haben wir aber keinerlei Kenntnis | |
| darüber erhalten, wie und wann das passieren wird.“ | |
| 29 Nov 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
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