# taz.de -- Demo gegen Endlager Schacht Konrad: „Absurd und gefährlich“ | |
> 1.000 Atomkraftgegner demonstrieren in Niedersachsen gegen das Endlager | |
> Schacht Konrad. Traktoren und Räder rollen beim Anti-Atom-Treck mit. | |
Bild: Schacht Konrad ist bisher das einzige nach Atomrecht genehmigte Endlager | |
SALZGITTER taz | Mehrere Trecker haben gelbe Fässer mit schwarzem | |
Radioaktivitätszeichen geladen, von anderen wehen Fahnen mit der | |
Anti-Atom-Sonne. Autofahrer hupen, Radlerinnen klingeln, in manchen | |
Fenstern stehen Leute und winken. | |
Bei gutem Wetter und in bester Stimmung sind mehr als tausend Menschen am | |
Samstag in einem bunten Treck 30 Kilometer durch das südliche Niedersachsen | |
gezogen. Mehr als 40 Landwirte rollen mit ihren Traktoren im Konvoi mit, an | |
die 300 Demonstranten sind mit dem Rad gekommen. Der Protest richtet sich | |
gegen das [1][in Bau befindliche Atommüllendlager Schacht Konrad] in | |
Salzgitter, geichzeitig wird mehr Tempo angemahnt bei der Bergung der | |
radioaktiven Abfälle aus dem maroden Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel. | |
Am Sitz des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter ist der Treck am | |
Morgen gestartet. In Vechelde, etwa auf der Hälfte der Strecke, stoßen noch | |
einmal rund 70 Radfahrer dazu, die in Braunschweig losgefahren sind. Die | |
Demo endet am Nachmittag in Peine, wo die neue Bundesgesellschaft für | |
Endlagerung (BGE) residiert. Die BGE ist mit der Suche nach einer | |
Lagerstätte für den hochradioaktiven Atommüll betraut, sie trägt seit der | |
Neuordnung der Zuständigkeiten bei der Entsorgung radioktiver Abfälle zudem | |
Verantwortung für Schacht Konrad, [2][die Asse] und das ehemalige | |
DDR-Morsleben. | |
Bei der Zwischenkundgebung in Vechelde steht Wolfgang Räschke hinter zwei | |
verbeulten Tonnen und spricht in ein Mikrofon. „Wir reden bei Schacht | |
Konrad nicht von irgendwelchem Krankenhausmüll“, sagt er. „Hier geht es um | |
die Interessen der Atomindustrie, die ihren Müll irgendwo unterbringen | |
will.“ Räschke ist 1. Bevollmächtigter der IG Metall in der Region, und | |
viele der Menschen, die sich an diesem Tag gelbe Warnwesten übergezogen | |
haben, sind Beschäftigte bei Volkswagen oder einem anderen Metallbetrieb. | |
Dass sich Gewerkschafter klar gegen eine Atomanlage positionieren, ist | |
keineswegs selbstverständlich. Oft stehen Gewerkschaften und Umweltschützer | |
sich unversöhnlich gegenüber, demonstrieren die einen für und die anderen | |
gegen die Atomenergie. Zuletzt forderten RWE-Beschäftigte und | |
Gewerkschaftsleute in Nordrhein-Westfalen die Rodung des Hambacher Forstes. | |
## Auch Gewerkschafter gegen Schacht Konrad | |
In der Industrieregion Salzgitter aber halten viele Metaller eine | |
Inbetriebnahme von Schacht Konrad für unverantwortlich. Es habe nie eine | |
vergleichende Standortwahl gegeben, sagt Räschke. Der neueste Stand von | |
Wissenschaft und Technik werde nicht eingehalten. | |
„Konrad muss aufgegeben werden, weil es ein altes Bergwerk ist, das den | |
Anforderungen an ein Atommüllendlager niemals gerecht werden kann“, sagt | |
auch Ludwig Wasmus von der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, dem | |
atomkraftkritischen Dachverband in der Region. Es sei „absurd und | |
gefährlich, dass an einem falschen und offensichtlich nicht umsetzbaren | |
Projekt festgehalten wird, nur weil es dafür eine Genehmigung gibt“. | |
Konrad soll bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Längst zeichnet | |
sich ab, dass viel zu klein geplant wurde: Für die radioaktiven Rückstände | |
aus der Urananreicherung und den aus der Asse zu bergenden Müll gibt es im | |
Schacht keinen Platz. | |
## Dann doch lieber Asse | |
Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg | |
vergleicht bei der Abschlusskundgebung Schacht Konrad mit Gorleben. Beide | |
Projekte der 1970er Jahre seien mit denselben Fehlern behaftet: „Kein | |
vergleichendes Verfahren, keine Alternativen, Durchsetzung Top-down, im | |
Zweifel mit Polizeigewalt.“ | |
Statt Schacht Konrad aufzugeben und mit den heutigen Maßstäben von | |
Wissenschaft, Technik und Forschung die Atommüllproblematik insgesamt neu | |
anzugehen, klammere sich die Politik an den einmal festgelegten Standort | |
und mache einfach weiter: „Das kann nur schief gehen, weil in diesem Fall | |
ein altes ausgedientes und totes Erzbergwerk 40 Jahre nach der Schließung | |
reanimiert werden soll. | |
Statt in den Weiterbau von Schacht Konrad solle die BGE ihre Kräfte lieber | |
auf den Bau eines neuen Schachtes im Bergwerk Asse konzentrieren, fordern | |
Aktivisten. Die Rückholung des Atommülls sei zwar gesetzlich | |
festgeschrieben, komme aber nicht voran. In das frühere Salzbergwerk Asse | |
II wurden zwischen 1967 und 1978 etwa 126.000 Fässer mit schwach und | |
mittelradioaktiven sowie chemischen Abfällen eingelagert. Darunter auch | |
rund 500 Kilogramm Arsen und mindestens 28 Kilogramm hochgiftiges | |
Plutonium. | |
Die Nachbarschächte Asse I und Asse III waren früher voll Wasser gelaufen | |
und unbrauchbar geworden. Weil auch Asse II abzusaufen droht, sollen die | |
Fässer geborgen werden. Eine Voraussetzung dafür ist die Errichtung eines | |
neuen Schachts. | |
20 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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