# taz.de -- Diskussion um AfD und Verfassungsschutz: Die gelbe Karte vor dem Pl… | |
> Die Einstufung als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes hat für die | |
> betroffene Organisation kaum Folgen. Sie ist aber eine Warnung. | |
Bild: Der Verfassungsschutz – ein „Frühwarnsystem für die Demokratie“? | |
FREIBURG taz | Der Verfassungsschutz wird oft als „Frühwarnsystem für die | |
Demokratie“ bezeichnet. Nicht weil er besonders schnell arbeitet – sondern | |
weil er weit im Vorfeld einer konkreten Gefahr tätig werden darf. Das | |
unterscheidet Verfassungsschutz und Polizei. | |
Wenn eine Organisation offiziell vom Verfassungsschutz „beobachtet“ wird, | |
dann ist dies nicht der Anfang, sondern vielmehr der Abschluss einer oft | |
jahrelangen Prüfung. Die Organisation wird dann im Verfassungsschutzbericht | |
als „extremistisch“ gebrandmarkt. Die Beobachtung ist also in erster Linie | |
eine staatliche Warnung und Verrufserklärung. | |
Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hat keine unmittelbaren Folge | |
für die Organisation. Sie ist kein Verbot, sondern eher die gelbe Karte vor | |
dem Platzverweis. Trotzdem macht die Aufnahme in den | |
Verfassungsschutzbericht der Organisation das Leben schwer. So wird sie | |
beispielsweise Probleme haben, staatliche Zuschüsse zu bekommen. Der Status | |
der steuerlichen Gemeinnützigkeit ist in Gefahr. Funktionären droht ein | |
Berufsverbot im öffentlichen Dienst. | |
Bei Parteien ist aber manches anders als bei anderen Organisationen. Sie | |
müssen grundsätzlich gleich behandelt werden. Das heißt: Auch | |
extremistische Parteien haben Anspruch auf kommunale Räume, auf Wahlwerbung | |
im Fernsehen und auf Parteienfinanzierung. Diese kann verfassungswidrigen | |
Parteien zwar seit 2017 entzogen werden – wie beim Verbot ist dafür | |
allerdings zuvor ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erforderlich. | |
„Beobachtung“ kann auch heißen, dass der Verfassungsschutz | |
„nachrichtendienstliche Mittel“ einsetzt, zum Beispiel V-Leute anwirbt und | |
Telefone abhört. Im Einzelfall ist dies auch schon in der Phase der Prüfung | |
möglich. | |
Wer beobachtet wird, entscheidet offiziell der Verfassungsschutz als | |
Behörde, nicht die Politik. Es soll nicht aussehen, als gehe der | |
Innenminister gegen einen politischen Wettbewerber vor. Die Einstufung als | |
Beobachtungsobjekt ist gerichtlich überprüfbar. | |
## Extremistische Agenda | |
Voraussetzung für eine Beobachtung sind laut Gesetz „Bestrebungen“ gegen | |
die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ Deutschlands. Gemeint sind | |
damit Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde. Die Hürde ist relativ | |
hoch. Wer zum Beispiel den Islam nur kritisiert, hat nichts zu befürchten. | |
[1][Wer Muslimen aber generell die Religionsfreiheit und andere Rechte | |
verweigert,] hat eine extremistische Agenda. | |
Die Kriterien sind in Bund und Ländern gleich. Allerdings kann es sein, | |
dass sie von den Verfassungsschutzämtern unterschiedlich ausgelegt werden – | |
oder dass sich Landesverbände einer Organisation unterschiedlich | |
entwickeln, so dass sie auch nur in einigen Ländern beobachtet wird. | |
Eigentlich zielt der Verfassungsschutz auf Gruppen ab. Ausnahmsweise können | |
aber auch Einzelpersonen zum Beobachtungsobjekt erklärt werden, [2][wie | |
2017 der bayerische AfD-Landesvorsitzende Petr Bystron.] Möglich ist auch | |
die Beobachtung von Untergruppen einer Partei, [3][etwa der | |
„Kommunistischen Plattform“ innerhalb der Linkspartei.] | |
Die Tatsache, dass eine Gruppierung im Bundes- oder Landtag sitzt, | |
blockiert nicht die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Laut | |
Bundesverfassungsgericht dürfen auch Abgeordnete beobachtet werden, wenn | |
sie selbst Extremisten sind oder wenn sie als Nicht-Extremisten Mitglied | |
einer Partei mit extremistischer Mehrheit sind. | |
4 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Vizepraesidenten-des-Bundestags/!5451555 | |
[2] /Recherche-AfD-Fraktion-im-Bundestag/!5495808 | |
[3] /Diskussion-um-Beobachtung-der-Partei/!5490347 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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