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# taz.de -- Debatte um AfD und Verfassungsschutz: Das rechte Auge blinzelt
> Nach Protesten mit Pegida mehren sich die Rufe nach einer Beobachtung der
> AfD durch den Verfassungsschutz. Die Bundesregierung winkt ab.
Bild: AfD und Pegida – zumindest in Chemnitz waren sie vereint
BERLIN taz | Gleich mehrmals taucht die AfD im Verfassungsschutzbericht
2017 auf – als Opfer. „Neben den Mitgliedern rechtsextremistischer Parteien
stand im Jahr 2017 erneut die AfD im Fokus linksextremistischer
Agitationen“, heißt es da. AfD-Mitglieder seien im Internet geoutet worden,
während des Bundestagswahlkampfs seien Parteibüros beschädigt worden.
Linke schikanieren die arme AfD? Dieser Fokus des Verfassungsschutzes
könnte sich ändern. Nach den Vorfällen in Chemnitz fordern Politiker
mehrerer Parteien, zumindest Teile der AfD vom Verfassungsschutz überwachen
zu lassen.
„Die AfD bewegt sich rasend schnell in Richtung Rechtsextremismus,
Politiker der Partei stellen immer öfter den Rechtsstaat infrage“, sagte
Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag,
der taz am Montag. „Mich wundert daher, dass sich diese Erkenntnis noch
nicht an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz durchgesetzt
hat.“ Andere wichtige SPD-Politiker, [1][etwa Generalsekretär Lars
Klingbeil, äußerten sich ähnlich.]
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz erinnerte an die Weimarer
Republik, in der die Feinde der Demokratie den Weg über die Wahlurne
gewählt hätten, um ebendiese Demokratie abzuschaffen. Der Verfassungsschutz
müsse um die „maximale Bösartigkeit“ der Agenda Rechtsextremer wissen und
durch das Sammeln von Informationen zur Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats
beitragen, sagte von Notz der taz. „Wenn der Verfassungsschutz diese
Aufgaben ignoriert oder sogar hintertreibt und sich stattdessen mit
Punkrockbands und abgehalfterten SED-Politikern beschäftigt, stellt er sich
selbst in Frage.“
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte ebenfalls eine teilweise
Beobachtung. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass sich die Parteien
mithilfe des Verfassungsschutzes lästiger Konkurrenz entledigen wollten,
schrieb er auf Twitter. Wenn aber Teile der AfD oder Mandatsträger die
[2][„liberale Ordnung offen bekämpfen, muss man sie beobachten“.]
Linkspartei-Chef Bernd Riexinger hingegen ist gegen eine Beobachtung: Um zu
wissen, dass Leute, die den Hitler-Gruß zeigten, kriminell seien, brauche
man keinen Verfassungsschutz. Die Linkspartei möchte die Behörde
abschaffen.
## Symbolträchtige Bilder
Grund für die Rufe nach einem härteren Durchgreifen ist das Wochenende in
Chemnitz: Dort demonstrierten am Samstag AfD-Funktionäre Seite an Seite mit
Pegida und dem rechtspopulistischen Bündnis Pro Chemnitz, dazu Identitäre
und Neonazi-Kameradschafter. AfD-Rechtsaußen Björn Höcke marschierte in der
ersten Reihe. Es waren symbolträchtige Bilder: Nie zuvor war die Nähe der
AfD zu Rechtsextremen so offensichtlich.
Die Bundesregierung, deren Teil die SPD bekanntlich ist, dämpfte am Montag
die Erwartungen: Derzeit lägen die Voraussetzungen einer Beobachtung der
Partei als Ganzes nicht vor, sagte ein Sprecher des
Bundesinnenministeriums. So hatte zuvor auch Innenminister Horst Seehofer
(CSU) argumentiert. Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, so
Seehofer, hätten zuletzt im März gemeinsam erklärt, dass es nicht genug
Anhaltspunkte gäbe, die eine Beobachtung begründen würden.
Die Voraussetzungen für eine Beobachtung sind gesetzlich geregelt. Doch
auch der politische Wille zählt; und hier findet ein Umdenken statt.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) teilte am Montag mit,
dass der niedersächsische und der Bremer Verfassungsschutz die
Nachwuchsorganisation der AfD ins Visier nähmen. Bei der Jungen Alternative
handele es sich um eine verfassungsfeindliche Organisation. In Bayern
beobachtet der Landesverfassungsschutz einzelne Mitglieder der AfD.
Auch in der Union gibt es Stimmen, die eine härtere Gangart wollen. Thomas
Strobl, CDU-Bundesvize und Innenminister in Baden-Württemberg, hatte das
bereits am Freitag angedeutet. Die AfD entwickele sich in Richtung
Rechtsextremismus, sagte er. „Die Beteiligung der AfD an den Vorgängen in
Chemnitz schafft neue Fakten.“ Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder
sagte in der Welt am Sonntag: „Die AfD will unseren Staat angreifen.“ Sie
sei eine Partei, aus der heraus Beihilfe zum Rechtsradikalismus geleistet
werde.
## Umfassende Politikberatung
Durch die Forderungen steigt der Druck auf Verfassungsschutz-Chef
Hans-Georg Maaßen. Der geriet neulich schon mal wegen der AfD in die
Schlagzeilen: [3][Maaßen traf sich 2015 zweimal mit der damaligen
AfD-Vorsitzenden Frauke Petry.] Zudem gab es ein persönliches Gespräch mit
dem jetzigen Parteichef Alexander Gauland. Im Raum steht der Vorwurf,
Maaßen habe Petry Ratschläge gegeben, wie sie eine Beobachtung durch den
Verfassungsschutz vermeiden könne. Maaßen weist dies zurück.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner berichtete in der taz von
einem Treffen mit Maaßen Mitte Juni. Brandner ist Vorsitzender des
Rechtsausschusses im Bundestag. Die FDP lästerte danach, es entstehe der
Eindruck einer umfassenden Politikberatung der AfD durch den
Verfassungsschutz-Chef.
3 Sep 2018
## LINKS
[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/video181388200/Klingbeil-im-WELT-In…
[2] https://twitter.com/c_lindner/status/1036592067877720064
[3] /Kommentar-Verfassungsschutz-und-AfD/!5526955
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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