# taz.de -- SPD-Kritik an Seehofers Transitzentren: „Geschlossene Lager, nich… | |
> Die SPD will Seehofers Vorgehen bei seinem „Masterplan“ untersuchen | |
> lassen. Die Gewerkschaft der Polizei hält die geplanten „Transitzentren“ | |
> für nicht umsetzbar. | |
Bild: „Das Asylrecht wird nicht eingeschränkt“, sagt Eva Högl (SPD). Und:… | |
Heidelberg/Berlin afp/dpa | Die SPD will einem Medienbericht zufolge das | |
Vorgehen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Erstellung | |
seines „Masterplans Migration“ untersuchen lassen. „Es ist höchst | |
merkwürdig, wenn ein Papier im Bundesinnenministerium erstellt und dann als | |
CSU-Papier herumgereicht wird“, sagte die [1][SPD-Innenpolitikerin Eva Högl | |
der Rhein-Neckar-Zeitung vom Donnerstag]. Die SPD habe den | |
Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags mit einer Überprüfung beauftragt. | |
„Das werden wir uns ganz genau anschauen“, kündigte Högl an. | |
Högl forderte überdies, Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Staat | |
Asyl beantragt haben, zügig dorthin abzuschieben. „Für sie muss in | |
Schnellverfahren geklärt werden, wie sie zurückgeführt werden können“, | |
sagte die SPD-Politikerin. Dabei handele es sich aber nur um wenige Fälle. | |
Schon heute gelte das Asylrecht nicht für Menschen, die aus einem EU-Land | |
oder sicheren Drittstaat einreisten. „Das Asylrecht wird also nicht | |
eingeschränkt“, sagte Högl. | |
Zugleich bekräftigte sie die Ablehnung ihrer Partei gegenüber einer | |
Residenzpflicht in den von der Union geplanten Transitzentren an der | |
deutschen Grenze. „Mit uns gibt es keine geschlossenen Lager“, sagte Högl. | |
Die Union peilt eine kurze Verweildauer der Flüchtlinge in den geplanten | |
Transitzentren an. Sie sollen dort nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) und Seehofer nur bis zu 48 Stunden festgehalten werden. Die | |
SPD zeigte sich zuletzt einigungsbereit, äußerte aber auch Skepsis. Am | |
Donnerstagabend wollen die Spitzen von Union und SPD weiter darüber | |
verhandeln. | |
## Polizeigewerkschaft zweifelt an Lager-Plänen | |
Nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind die von CDU und | |
CSU geplanten Transitzentren für Migranten rechtlich fragwürdig und nicht | |
praktikabel. „Was hier abgeliefert wird ist Stückwerk, weil es andere | |
deutsche Grenzen nicht betrachtet und dafür keine Konzepte liefert“, | |
bemängelt der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek. „Wir haben bei | |
Migranten immer eine Ausweichbewegung. Die Konsequenz wird wahrscheinlich | |
sein, dass nach zwei oder drei Monaten die Transitzentren in Bayern leer | |
bleiben und es dafür anderenorts einen Anstieg gibt.“ | |
Eine GdP-Analyse, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, moniert unter | |
anderem einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip: Migranten würden | |
an der bayerisch-österreichischen Grenze festgehalten, während sie andere | |
deutsche Grenzen ungehindert passieren könnten. Für sinnvoller hält Radek | |
einen anderen Vorschlag sowohl von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch | |
von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer – eine Schleierfahndung | |
hinter den Grenzen. | |
Auch das Konstrukt der „[2][Fiktion der Nichteinreise]“ ([3][laut | |
CDU/CSU-Papier]) ist nach Einschätzung der GdP juristisch nicht haltbar. | |
Die innerhalb der Union vereinbarten Transitzentren sollen ähnlich | |
funktionieren wie der Transitbereich beim so genannten Flughafenverfahren: | |
Dort werden Migranten noch vor der offiziellen Einreise nach Deutschland | |
festgehalten und müssen ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen. | |
Auf Menschen, die auf dem Landweg oder mit dem Flugzeug aus anderen | |
Schengen-Staaten einreisen, lässt sich diese Regelung laut GdP aber nicht | |
übertragen. Die Gewerkschaft verweist auf eine Entscheidung des | |
Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015, wonach die [4][Grenzen Deutschlands | |
zu anderen Schengen-Staaten als überschritten gälten, sobald der Reisende | |
sie physisch passiert hat]. Bei Flügen aus anderen Schengen-Staaten gilt | |
demnach der Flughafen als Grenze. | |
## Nicht Aufgabe der Bundespolizei | |
Die Bundespolizei dürfe zudem nicht für den Betrieb von Transitzentren | |
eingesetzt werden, so die GdP. Hier seien laut Rechtsprechung das Bundesamt | |
für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sowie die Länder zuständig. Außerdem | |
dürften die Beamten Menschen nur bis zum Folgetag festhalten. „Dann stellt | |
sich die Frage: Was ist nach den 24 Stunden?“, sagt Radek. Innerhalb dieses | |
Zeitraums ließen sich, besonders am Wochenende, die nötigen Absprachen zur | |
Zurückweisung von Migranten in andere Länder nicht treffen. | |
Auch die Feststellung, ob ein Asylbewerber in einem anderen EU-Staat schon | |
ein Asylverfahren durchlaufe, sei „im praktischen Grenzkontrolldienst in | |
der gebotenen Schnelligkeit kaum zu leisten“, heißt es in dem Papier. Den | |
Unionsplänen zufolge sollen aufgegriffene Migranten, die schon in einem | |
anderem EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, in [5][Transitzentren | |
untergebracht werden und von dort zurückgeführt werden]. | |
Die GdP weist auch darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof und | |
deutsche Gerichte besonders für Bulgarien, Griechenland und Italien beim | |
Umgang mit Migranten Verstöße gegen die Europäische | |
Menschenrechtskonvention festgestellt haben. Diese Hindernisse bestünden | |
weiter, selbst wenn es Abkommen zur schnelleren Rücknahme von Migranten | |
durch diese Länder gebe. „Das würde zu einer langen und nicht zu | |
rechtfertigenden Festhaltung in den ‚Transitzentren‘ führen“, warnt die | |
GdP. | |
Schließlich erinnert die Gewerkschaft daran, dass die EU die aktuellen | |
Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich derzeit nur bis Mitte | |
November genehmigt hat. | |
5 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.rnz.de/politik/hintergrund_artikel,-eva-hoegl-im-rnz-interview-… | |
[2] /Asylrechtsverschaerfung-von-CDU-und-CSU/!5518837 | |
[3] https://www.cdu.de/ordnung-steuerung-und-verhinderung-der-sekundaermigration | |
[4] /Vorbild-fuer-die-Transitzonen/!5518989 | |
[5] /Union-einigt-sich-auf-Asylverschaerfung/!5518758 | |
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