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# taz.de -- Motorradlärm in Deutschland: Wo das Geknatter nervt
> An mindestens 170 Orten fühlen sich Anwohner durch extralaute Krafträder
> oder Autos gestört. Die wichtigsten Lärmtests sind nur freiwillig.
Bild: Super cool – und super laut
Berlin taz | An mindestens [1][170 Orten in Deutschland] gibt es
Beschwerden wegen Lärm von Motorrädern und unnötig lauten Autos. Das geht
aus einer Übersicht der taz über die Meldungen von Betroffenen bei der
Bürgerinitiative „Vereinigte Arbeitsgemeinschaft gegen Motorradlärm“ sowie
Presseberichten hervor. Sie zeigt, dass das Problem nicht nur punktuell,
sondern flächendeckend auftritt.
Umfragen zufolge fühlt sich mehr als die [2][Hälfte der Bevölkerung durch
Straßenverkehrslärm gestört] oder belästigt, also in ihrer Lebensqualität
eingeschränkt. Dabei können chronische Lärmbelastungen
[3][Herz-Kreislauf-Erkrankungen] wie Schlaganfälle verursachen, warnt das
bundeseigene Robert-Koch-Institut.
Dennoch bauen BMW und andere Konzerne Motorräder oder Autos so, dass sie
lauter sind als zum Fahren nötig. [4][Die Unternehmen bestätigten der taz,
dass sie in den Auspuff mehrerer Modelle Klappen einbauen]. Diese
verringern den Lärm bei den im amtlichen Zulassungstest geprüften
Motordrehzahlen. Insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten sind die
Fahrzeuge aber lauter. Das gilt auch für zahlreiche Zubehörauspuffe
spezialisierter Hersteller wie Kesstech oder Dr. Jekill & Mr. Hyde.
Der Trick mit den Klappen funktioniert, weil die Geräuschemissionen bei
der Zulassung durch die Behörden nur bei ungefähr 50 Kilometern pro Stunde
gemessen werden. Zusätzlich müssen die Hersteller zwar erklären, dass
Fahrzeugtypen die Grenzwerte bei Geschwindigkeiten von 20 bis 80
Stundenkilometern einhalten; aber in [5][den Vorschriften] für die
Motorradzulassung steht noch nicht einmal, dass die Modelle diesen Lärmtest
auch absolvieren müssen.
## Schöne Landschaft, viel Protest
In der [6][EU-Verordnung Nummer 540/2014 über die Autozulassung heißt es:
„Es besteht keine Pflicht, bei der Beantragung der EU-Typgenehmigung die
tatsächlichen Prüfungen durchzuführen.] Eine schriftliche Versicherung,
dass die Modelle die Norm einhalten, genügt.“
Ob diese Versicherungen zutreffen, kontrolliert etwa das in Deutschland
zuständige Kraftfahrtbundesamt kaum. Es teilte der taz nun mit, es habe 55
Motorradtypen genehmigt, seit die Vorschriften über die zusätzlichen
Geräuschprüfungen im Januar 2017 für diese Fahrzeugklasse in Kraft getreten
sind. [7][Überprüft hat es nach eigenen Angaben nur 1 Motorrad und 3
Austauschschalldämpfer]. Sanktionen wegen falscher Herstellerangaben habe
es bislang weder für Motorräder noch für Autos verhängt.
Die meisten Proteste gegen Motorradlärm gibt es der taz-Übersicht zufolge
in landschaftlich schönen Gegenden wie dem Schwarzwald, der Eifel oder der
Elbtalaue und in Naherholungsgebieten der Großstädte. Laut Anwohnern fahren
etwa auf der kurvenreichen Bundesstraße 14 im Naturpark
Schwäbisch-Fränkischer Wald in Stoßzeiten abends und am Wochenende
stündlich oft 50 bis 60 Motorräder am Ortsausgang von Sulzbach an der Murr
vorbei. Denn die Biker wollen entweder die Natur oder das Kurvenfahren
genießen.
Beim Beschleunigen heulen die Motoren auf, was viele Anwohner und Wanderer
stört. Zahlreiche Motorradfahrer dagegen legen Wert auf einen möglichst
mächtigen „Sound“, der meist auch mit einer großen Lautstärke einhergeht.
## Illegale Rennen
Beschwerden nicht nur über Motorräder, sondern auch besonders über zu laute
Autos werden vor allem aus Städten bekannt, zum Beispiel aus Mannheim,
Hamburg oder Berlin. Teilweise kontrolliert die Polizei hier gezielt
Verkehrsteilnehmer, die mit Fahrzeugen der Marke Mercedes AMG oder anderen
in der Szene der „Autoposer“ beliebten Modellen auf und ab fahren.
Dabei geht es auch oft um illegale Rennen, die schon unbeteiligte Menschen
das Leben gekostet haben. Die Proteste häufen sich in Baden-Württemberg
unter anderem deshalb, weil dort die Arbeitsgemeinschaft gegen Motorradlärm
entstanden ist, die das Problem seit Jahren thematisiert.
Das Umweltbundesamt fordert, dass die EU [8][Lärmgrenzwerte für
Geschwindigkeiten über 80 Kilometer pro Stunde] sowie für alle
Motordrehzahlen festlegt. Bisher hat die EU-Kommission aber keinen
entsprechenden Verordnungsentwurf präsentiert.
Immerhin unterstützt die Kommission einen Vorschlag, die Geräuschprüfungen
bei 20 bis 80 Stundenkilometern für Motorräder obligatorisch zu machen.
Zudem wies sie auf taz-Anfrage darauf hin, dass die nationalen Behörden
schon jetzt die Lärmtests selber durchführen dürften. „Aus diesem Grund
können wir nicht die Zahl der Überprüfungen kommentieren, die das
Kraftfahrtbundesamt ausgeführt hat“, so eine Kommissionssprecherin.
4 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=1Obat8KNWw94Y0mgV837weMUx25j4Tl_p&…
[2] https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschla…
[3] https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichtersta…
[4] /!5459901/
[5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A42012X1114%2801…
[6] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32014R0540…
[7] /!5514281/
[8] /!5486617/
## AUTOREN
Jost Maurin
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