# taz.de -- Kampagne gegen Linken-Senatorin: SPDler fordern Lompschers Kopf | |
> Eine SPD-interne Umfrage, ob Lompscher gehen muss, sorgt für Streit. | |
> Auslöser ist die Besetzung einer Stelle in der Verwaltung. Die Linke | |
> reagiert scharf. | |
Bild: Die Bausenatorin ist nicht auf dem Bild | |
Berlin taz | „Sollte Katrin Lompscher als Senatorin im Amt bleiben?“. Oder | |
sollte sie „zurücktreten oder entlassen werden?“ | |
So lautet die erste Frage einer Umfrage, die gut in ein Fachmagazin der | |
Immobilienlobby passen würde. Doch der Urheber ist ein anderer, wie aus | |
einer weiteren Frage hervorgeht: „Schadet die Lompscher-Amtsführung den | |
Berliner Bürgern“ – oder gar „der Berliner SPD?“ | |
Autor der suggestiven Fragen über die Stadtentwicklungssenatorin ist der | |
altgediente SPD-Baupolitiker Volker Härtig, Vorsitzender des | |
SPD-Fachausschusses Soziale Stadt, einem Tummelort für viele SPD-Ehemalige | |
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wie den Ex-Senator Peter | |
Strieder. Härtigs Umfrage an ausgewählte Genossen und Abgeordnete, der eine | |
Seite Anklageschrift gegen Lompscher vorausgeht, sorgt nun für heftige | |
Verstimmungen innerhalb der rot-rot-grünen Koalition. | |
Denn das öffentlich gewordene Schreiben ist der nächste Höhepunkt einer | |
SPD-Kampagne gegen die Linke-Senatorin. Dass es dem Initiator ernst ist, | |
zeigt die Ankündigung, die Ergebnisse der Abstimmung umgehend an den | |
Landesvorstand, also den Regierenden Bürgermeister und | |
SPD-Landesvorsitzenden Michael Müller, übermitteln zu wollen. Wäre alles | |
intern geblieben, hätte Müller bald wohl die mehrheitliche Forderung der | |
SPD-Baupolitiker auf dem Tisch gehabt: Gebt uns Lompschers Kopf! | |
## Problem der SPD: Kein SPDler | |
Anlass für die neuerliche Aufregung ist die Besetzung einer | |
Abteilungsleiterstelle in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. | |
Nachdem der langjährige Leiter Jochen Lang (SPD) im März in die | |
Senatskanzlei wechselte, kam es zum Auswahlverfahren. Dort setzte sich die | |
verwaltungserfahrene Linke-Jugendstadträtin von Mitte, Sandra Obermeyer, | |
gegen einen Referatsleiter der Verwaltung durch – einen Mann mit | |
SPD-Parteibuch, der bei den kritischen Mieterinitiativen keinen guten Ruf | |
genießt. | |
Vor allem aus der SPD hagelte es Kritik, dass Obermeyer keine exponierte | |
Expertin sei und Lompscher Parteipolitik betreibe. So wie es die SPD in der | |
Senatsverwaltung und den Wohnungsbaugesellschaften seit Jahrzehnten getan | |
hat. Die SPD stellte ab 1996 für zwanzig Jahre den Senator für | |
Stadtentwicklung. In dieser Zeit wurde die Wohnungsfrage zur größten | |
sozialen Frage der Stadt. | |
Die inhaltlichen Anschuldigungen des Härtig-Briefes zielen auf ein | |
altbekanntes Thema. Im Schreiben wird der „Stillstandssenatorin“ | |
vorgeworfen, immer andere Schuldige für den Fall zu suchen, dass die im | |
Koalitionsvertrag vereinbarten 30.000 neuen landeseigenen Wohnungen bis | |
2021 womöglich nicht erreicht werden. Mal sei es der Bund, dann seien es | |
die Bezirke oder die Bodenspekulanten. Damit habe Lompscher die Erfolge der | |
letzten Jahre SPD-Baupolitik „erheblich ruiniert“, so Härtig. | |
## Müller spielt mit | |
Auch Michael Müller, Lompscher Vorvorgänger, hatte Lompscher zuletzt | |
kritisiert. Im Februar wollte er Lompscher einen Steuerungsausschuss vor | |
die Nase setzen, der bei Neubaukonflikten zwischen Bezirken, | |
Senatsverwaltungen oder Bauträgern moderiert. Er scheiterte, die Leitung | |
des Ausschusses [1][übernahm Lompscher selbst]. Zuletzt knallte es auf der | |
Senatsklausur Anfang Juli. Weil Lompscher keine Auskunft über einige | |
Neubauprojekte geben konnte, kam sie mit einer Schonfrist bis zum Ende der | |
Sommerferien davon. Dann muss sie eine Strategie präsentieren, wie sie | |
Wohnraum schaffen will. | |
Senatorin Lompscher ist derzeit im Urlaub, dafür äußert sich | |
Linke-Landeschefin Katina Schubert: „Es ist unterirdisch, was da passiert, | |
und für die Koalition ein einmaliger Vorgang“, sagt sie der taz. „Die SPD | |
hat ein großes Problem damit, dass sie dieses Ressort abgeben musste, und | |
sie hat ein großes Problem damit, dass sie nicht mehr diesen Einfluss auf | |
die Besetzung der Posten hat und damit auch ihr Einfluss auf die | |
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften schwindet“, so Schubert. Sie | |
stellte klar: „Kein sozialdemokratischer Senator könnte schneller bauen, | |
als es Katrin Lompscher versucht.“ | |
Neben Initiativen wie Kotti & Co und Mietenvolksentscheid reagierte auch | |
die grüne Bausprecherin Katrin Schmidberger scharf via Twitter: | |
„Unglaublich dreist! Aber so kennen wir Volker Härtig schon lange in | |
#xhain, destruktiv, narzisstisch und ignorant. Die SPD sollte sich endlich | |
in Demut begeben gerade bei diesem Thema.“ | |
Als im November 2016 klar wurde, dass die SPD das Ressort verliert, hatte | |
sich der von Härtig geleitete Ausschuss Soziale Stadt zu einer | |
[2][Trauersitzung zusammengefunden], mit Ex-Staatssekretären und dem | |
privaten Bauunternehmer Thomas Groth. Der Senatorin Lompscher machen sie | |
seitdem das Leben schwer. | |
Aus den langwierigen Abstimmungen innerhalb der Koalition über ein | |
[3][neues Gesetz zum Sozialen Wohnungsbau] hat sich die SPD inzwischen | |
sogar zurückgezogen. Aus Initiativen-Kreisen heißt es gegenüber der taz: | |
„Wir haben den Eindruck, dass Lompscher nicht nur auf dem Feld des Neubaus | |
angeschossen werden soll, sondern auch beim Bestandsschutz.“ Demnach wolle | |
„die SPD Lompscher zum Scheitern bringen.“ | |
Die SPD reagierte auf Nachfrage kühl: Landesgeschäftsführerin Anett Seltz | |
erklärte: „Es handelt sich um eine unabgestimmte, einzelne Aktion und einen | |
insgesamt sehr ärgerlichen Vorgang. Die SPD Berlin wird das Schreiben nicht | |
in die weitere stadtentwicklungspolitische Diskussion einbeziehen.“ | |
11 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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